Erdgas : Scharfe Worte bei OMV: "Das ist nicht Angelegenheit der USA"

Der teilstaatliche österreichische Mineralölkonzern OMV hat im zweiten Quartal sein operatives Ergebnis verdoppelt und den Umsatz dank höherer Marktpreise um zwölf Prozent gesteigert. Doch unter dem Strich steht bei der OMV ein massives Minus - wegen Petrol Ofisi. Die aktuellen Ergebnisse und eine Grafik hier: Quartalszahlen der OMV: Ein Minus von einer Milliarde Euro >>

Zeitgleich mit der Veröffentlichung der jüngsten Ergebnisse übt Konzernchef Rainer Seele scharfe Kritik am wirtschaftspolitischen Kurs der USA. Hinter den Sanktionsdrohungen der USA gegen Russland und Unternehmen, die mit Russland Geschäfte machen, stecken nach seiner Ansicht massive US-Wirtschaftsinteressen: Es gehe vor allem um den Verkauf von amerikanischem LNG-Gas in Europa. "Aber eines muss klar sein: Europäische Energieversorgung ist immer noch eine europäische Angelegenheit und nicht der USA", sagt Seele.

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Weiter meint der Manager: "Der Schlachtruf 'America first!' markiert eine Wende in den transatlantischen Beziehungen. Europa reagiert auf die Herausforderung und ist dabei, sich unabhängiger und damit autarker zu machen." Das gelte nicht nur in der Außen- und Sicherheitspolitik, sondern auch in der Energiepolitik.

Die USA hätten den europäischen Gasmarkt ins Visier genommen und der US-Senat übe Druck aus, indem er das russisch-europäische Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 explizit in ein neues Sanktionsgesetz aufgenommen habe, "mit klarem, unverhohlenem Hinweis auf US-Jobs und amerikanische Wirtschaftsinteressen. Amerikanisches LNG konkurriert natürlich mit russischem Pipeline-Gas."

Seele hält neue Gasröhre durch die Nordsee für "faktisch unverzichtbar".

Aus europäischer Sicht sei im Hinblick auf die Versorgungssicherheit bei Erdgas "Nord Stream 2 faktisch unverzichtbar". Die Pipeline werde zusätzliche Transportkapazität schaffen, verpflichte aber nicht zum Kauf des russischen Erdgases, betonte Seele.

Eine echte Alternative sei amerikanisches LNG (Liquified Natural Gas) aber nicht, erläuterte Vorstand Manfred Leitner, zuständig für Raffinerien, Tankstellen und Erdgas. "Wenn LNG so günstig wäre, dann würden wir es ja heute schon sehen in Europa." Etwa drei Viertel der Regasifizierungskapazität in Europa würden derzeit nicht genützt.

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Auch sonst findet der traditionell russlandfreundliche Kurs von Rainer Seele nicht nur Zustimmung: OMV-Chef Seele schmeichelt wieder einmal Russland - und kritisiert die EU >>

OMV hält am umstrittenen Projekt Nord Stream 2 fest

Die Auswirkungen der US-Drohungen auf Nord Stream 2 müsse man zwar noch prüfen, aber er wolle aus dem Projekt nicht aussteigen, "im Gegenteil, wir sind vollumfassend zu diesem Projekt committed", denn es habe hohe strategische und logistische Bedeutung für Österreich.

Bisher habe die OMV zur Finanzierung der Pipeline bereits mit rund 200 Mio. Euro beigetragen, insgesamt hätten sich die europäischen Partner bereit erklärt, bis zur Hälfte der gesamten Kosten der Pipeline zu finanzieren, davon wiederum 30 Prozent direkt und 70 Prozent über Projektfinanzierung.

Man müsse nun abwarten, wie der Bankensektor auf das amerikanische Ermächtigungsgesetz reagiere, davon werde es abhängen, ob man einen noch größeren Anteil direkt finanzieren werde. Dass sich die Pipeline insgesamt verteuern könnte, glaubt Seele nicht.

"Der Versuch, Investitionen in Russland zu verhindern"

Auch mit einem Schaden für die anderen russischen Projekte der OMV durch die drohenden US-Sanktionen rechnet der OMV-Chef nicht. "Man versucht mit diesem Gesetz nicht in erster Linie Investitionen in Russland zu verhindern, sondern versucht jetzt den Import von russischem Gas nach Europa zu erschweren."

Für die milliardenschwere Beteiligung der OMV am westsibirischen Gasfeld Juschno Russkoje habe man bereits die Genehmigung der russischen Behörden, man werde die Transaktion daher voraussichtlich wie geplant bis Jahresende abschließen.

Auch die Verhandlungen mit Gazprom über den Asset-Tausch würden wie geplant fortgesetzt. Den Genehmigungsprozess bei den norwegischen Behörden wolle man im Herbst starten. (APA/red)