Personalia : Neuer VW-Aufsichtsrat mit starker österreichischer Beteiligung
Der VW-Vorstand benannte Louise Kiesling und Julia Kuhn-Piëch als die Nachfolger für das Piëch-Ehepaar, das Amtsgericht Braunschweig hat auf Antrag des Vorstandes die beiden per sofort bestellt.
Louise Kiesling studierte Mode an der Universität für angewandte Kunst in Wien und hat als Designerin in Deutschland, Österreich und Großbritannien gearbeitet. Die Großnichte von Ferdinand Piëch ist unter anderem Eigentümerin des österreichischen Traditions-Textilunternehmen Backhausen.
Julia Kuhn-Piëch wohnt in Salzburg und ist dort als Immobilienkauffrau tätig. Sie studierte Jus und anschließend an der Technischen Universität Wien Immobilien- und Liegenschaftsmanagement. Kuhn-Piëch ist eine Tochter von Hans Michel Piëch, der bereits im Aufsichtsrat sitzt und Ferdinand Piëchs jüngerer Bruder ist.
Der Aufsichtsrat von VW umfasst 20 Personen, davon nun vier Frauen - zusätzlich sitzen bereits Annika Falkengren und Babette Fröhlich im Kontrollgremium.
Piëch wollte Brigitte Ederer
Einem Online-Bericht der "Bild"-Zeitung zufolge widersprach der Großaktionär des Autobauers allerdings dem Vorschlag des Firmenvorstands, Kuhn-Piëch und Kiesling in das Kontrollgremium zu berufen. Piëch hätte sich die österreichische Ex-Siemens-Managerin Brigitte Ederer gewünscht.
"Bild" zufolge kritisiert der Porsche-Enkel die mangelnde fachliche Kompetenz seiner beiden Verwandten in der Automobilindustrie. Er habe stattdessen den ehemaligen Linde-Chef und jetzigen Conti-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle sowie die frühere Siemens-Managerin Brigitte Ederer vorgeschlagen.
Damit schadet Piëch Branchenkennern zufolge seiner eigenen Familie, weil er ihnen die Eignung abspricht. Die Benennung sei juristisch wasserdicht. Weder VW noch das Büro des ehemaligen Aufsichtsratschefs oder die Porsche SE wollten sich zu dem Streit äußern. Auch die IG Metall lehnte einen Kommentar ab. Der frühere Gewerkschaftschef Berthold Huber ist nach Piëchs abruptem Abtritt kommissarischer Aufsichtsratschef. Er soll die Aufsichtsratssitzung und das Aktionärstreffen leiten.
Laut Aktienrecht kann jeder Eigner, der Betriebsrat und das Unternehmen selbst einen Aufsichtsrat gerichtlich bestellen lassen, wenn ein Sitz in dem Kontrollrat frei geworden ist. Das Unternehmen hat als einziger sogar die Pflicht dazu.
Mit der Nachbesetzung ist der Aufsichtsrat rechtzeitig zur Hauptversammlung wieder komplett. Außerdem hat die Familie Piëch nun wieder drei Vertreter im VW-Aufsichtsrat, die Porsches haben zwei - Wolfgang Porsche und Ferdinand Oliver Porsche. Damit ist die Machtbalance gewahrt. Der Aufsichtsrat muss nun bestimmen, wer Vorsitzender des Gremiums werden soll. Als naheliegender Kandidat gilt Wolfgang Porsche. Es wird aber auch über andere Kandidaten diskutiert.
Es sei wichtig gewesen, dass sich der VW-Konzern ungeachtet der zuletzt guten Quartalszahlen nach den Führungsdiskussionen der letzten Wochen "auf das Geschäft konzentriert", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil gegenüber der Bild. Er gehe nicht davon aus, dass es einen dauerhaften Schaden für Volkswagen und das Image des Konzerns geben werde. Freuen würde er sich, "wenn es gelänge, nach einer gewissen Zeit wieder zu einem guten sachlichen Verhältnis mit Prof. Piëch zu kommen". (apa/dpa)