Was zeichnet den Wirtschaftsstandort Österreich aus – und welche Rahmenbedingungen müssen sich verbessern?
Zahlbruckner: Den Wirtschaftsstandort Österreich haben schon immer vor allen die sehr gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgezeichnet. Die österreichischen Unternehmen waren standort-loyal, haben viel in Österreich investiert und immer weltoffen agiert. Damit konnten wir sehr produktiv und innovativ arbeiten.
Die Rahmenbedingungen wurden aber aus unverständlichen und unverantwortlichen Gründen erschreckend verschlechtert. Regierungsseitig erfolgten überraschend und unabgestimmt und wohl auch unbedacht zu hohe Einkommens-Abschlüsse. In der EU wehrte sich Österreich nicht gegen die überbordende Explosion des Verwaltungsaufwands für alle Teile der Wirtschaft wie Klein-Unternehmen, Versicherungen, Banken, Industrie usw. und aus doktrinären Gründen unterstützte die österreichische Regierung den Anstieg der Energiekosten.
Damit haben wir uns sowohl im europäischen Umfeld als auch im internationalen Wettbewerb selbst geschadet. Die hohe Qualität unserer Produkte kann die riesigen Unterschiede bei Energie- und Lohnnebenkosten nicht mehr kompensieren. Die österreichische Papierindustrie hat eine Exportquote von knapp 90 Prozent erarbeitet. Wir sind auf Exporte angewiesen. Eine Industrie wie unsere, die so stark im internationalen Wettbewerb steht, kann diese immer weiter aufgehende Kostenschwere nicht mehr wegstecken. Wenn die nächste Bundesregierung eine funktionierende Wirtschaft mit Industrie in Österreich wünscht, bedarf es großer Kraftanstrengungen rasch die gebotenen und gar nicht so schwierigen korrektiven Maßnahmen anzugehen.
In erster Linie muss der Wirtschaftsstandort Österreich wieder wettbewerbsfähig werden. Das ist die Grundvoraussetzung, um Abwanderung und den Verlust von Arbeitsplätzen zu verhindern. Wir haben mit den hohen Energiekosten und der schwachen Konjunktur strukturelle Probleme, die nur durch konsequente Reformen gelöst werden können. Ein weiter so ist der Weg in ein Endszenario.
Die neue Bundesregierung soll sich weiterhin zu Klimazielen bekennen, diese müssen aber realistisch und umsetzbar sein. Unternehmen benötigen leistbare und grüne Energie. Während Industriebetriebe in anderen Ländern von Rückerstattungen überhöher Abgaben und angepassten Steuern profitieren, sind die österreichischen Standorte mit zu hohen Netzkosten, zu hohen Energiekosten und zu hohen CO₂-Steuern konfrontiert.
Von allen energieintensiven Industrien in Österreich hat die Papierindustrie mit fast 70 Prozent den höchsten Anteil an Erneuerbaren in der Produktion. Dennoch können unsere Mitbewerber in den meisten EU-Ländern mit deutlich niedrigerem Carbon Footprint und massiv niedrigeren Energiekosten produzieren als in Österreich. Hier muss sich so schnell wie möglich etwas ändern. Die neue Bundesregierung ist nun in der Pflicht, den Industrie- und Wirtschaftsstandort Österreich zu retten.