Hat sich ZKW durch die Integration der Rückleuchten-Werke vergrößert?
Schubert: Wir haben bislang nichts auf dem Gebiet gemacht. Wir hatten nur Hauptscheinwerfer und Auxiliary Lamps im Frontbereich als Kernprodukte. Rückleuchten fehlten in unserem Portfolio. In der Vergangenheit waren Rückleuchten technologisch einfachere Produkte. Das ist heute anders.
Werden Sie neue Werke brauchen?
Schubert: Wir werden erstmal in bestehenden Werken produzieren. Das LG-Rückleuchtenwerk in China integrieren wir in unseren Produktionsverbund. Da steckt sicherlich der Teufel noch im Detail. Aber diese Produktionsstätte mit ungefähr 300 Mitarbeitern wird im Laufe des Jahres Teil des ZKW-Netzwerkes. Wir werden aber den Footprint von LG nutzen und in Asien neue Kapazitäten im Rückleuchtenbereich aufbauen.
Wie wird sich der Wertanteil von Scheinwerfern am Gesamtsystem eines Autos verändern?
Schubert Die größte Veränderung bei Autos wird es beim Antriebsstrang geben. Motor und Getriebe repräsentieren heute einen erheblichen Wertanteil beim Auto. Bei einem Elektrofahrzeug ist dies völlig anders. Hier liegt der entsprechende Anteil bei einem Siebtel der gegenwärtigen Wertschöpfung. Wenn man das wieder im Verhältnis zur Wertschöpfung bei Scheinwerfern sieht, so wird unser Beitrag sicherlich anteilig an Wert wachsen. In Zukunft werden die Lichtsysteme Unterstützer der Kameratechnologie sein, die auch nachts sicher funktionieren muss. Damit haben wir ein sehr zukunftsfähiges Produkt.
Wie groß wird die ZKW-Gruppe sein, wenn die organisatorischen Verschiebungen innerhalb von LG umgesetzt sind?
Schubert Wir werden nach der Integration der Rückleuchtenproduktion bei circa 1,5 Milliarden Umsatz stehen (2018: 1,34. Mrd. Euro, Anm. d. Red.). Dazu kommt dann unser organisches Wachstum. Aber ich gehe davon aus, dass wir bis 2021 etwa 100 Mio. Euro an Umsatz dazubekommen.
ZKW ist unheimlich schnell gewachsen. Gibt Ihnen der neue Eigentümer Raum zur Konsolidierung?
Schubert Wir werden nicht in der Geschwindigkeit weiterwachsen, wie wir dies in den letzten Jahren gemacht haben. Eine weitere Expansion ist nur durch neue Werke möglich, die wir nur dann bauen, wenn ein Business hinterlegt ist. Das bedeutet, dass wir die Aufträge für die neuen Kapazitäten bereits im Haus haben, wenn wir Investitionen für Produktionskapazitäten freigeben.
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Werden in nächster Zeit neue Standorte hinzukommen?
Schubert Aktuell sind wir dabei, die neuen Strukturen zu optimieren. Profitables Wachstum zu managen, ist immer eine schwierige Aufgabe, ebenso die Entscheidung über Investitionen in neue Werkskapazitäten zu treffen. Wir machen eine ständige Gratwanderung. Unsere Kunden erwarten, dass wir Projekte gewisser Größenordnung umsetzen können. Wenn wir für ein entsprechendes margenträchtiges Premium-Produkt anbieten, müssen wir perspektivisch auch für ein weniger attraktives Volumenprodukt zur Verfügung stehen. Nur die Rosinen rauszupicken, wird uns nicht erlaubt. Deswegen müssen wir auch Stückzahlen und Kapazitäten einplanen. Da sind wir jetzt schon auf einem ganz guten Weg. Die Hauptscheinwerfer von Kunden wie Mercedes oder BMW werden bereits hier in Wieselburg gefertigt. Da reden wir von 8.000 Einheiten pro Woche.
ZKW hat in Mexiko in Silao eines von vier wichtigen Lichtwerken mit rund 600 Arbeitsplätzen. Spüren Sie da den Trumpschen Druck?
Schubert Momentan noch gar nicht. Wir haben Kunden, die in Mexiko selbst produzieren. Wir liefern nur mit einem geringen Volumen nach Nordamerika. Wir sind vorsichtig geworden. Wir reduzieren das Risiko, indem wir mit Kunden bevorzugt Geschäfte machen, die in Mexiko fertigen und das Gesamtfahrzeug nach Nordamerika vertreiben, als dass wir direkt in die USA verkaufen. Damit würden wir uns das Zollproblem ins Haus holen. In den USA unterhalten wir nur ein Entwicklungs- und Vertriebsbüro, da für Ford und GM eine lokale Präsenz relevant ist.
China ist für europäische Hersteller und Zulieferer der wichtigste Ertragsmarkt der Welt. Spürt ZKW die prognostizierte Abkühlung der chinesischen Autokonjunktur?
Schubert Der chinesische Markt ist der größte Automobilmarkt, der nach wie vor am stärksten wächst. Die Prognosedaten sind sicherlich schwieriger zu generieren als in Europa. Aber ich kann nicht sagen, dass sich das Wachstum in China bei unseren Kernkunden völlig anders entwickelt als geplant. Wir stellen fest, dass der Markt anfängt sich abzukühlen. Aber man darf in keiner Weise jetzt von Krise oder Rezession sprechen. Das wäre viel zu früh, so etwas zu behaupten.
Wie ist derzeit die europäische Autobranche unterwegs?
Schubert Ich rechne weiterhin mittelfristig mit Wachstumsraten von über sechs Prozent. Die Premium-Lichtsysteme und die Vorbereitung der Sensorik auf autonomes Fahren sind immer noch echte Treiber. Und deswegen sehe ich die Nachfragesituation entspannt. Lichtsysteme und Sensorik werden immer mehr Wert des Fahrzeugs einnehmen. Unser Anteil am Kuchen wächst.
Die Technologie des LED-Lichts im Scheinwerfer hat ZKW groß gemacht. Wohin geht der technische Trend?
Schubert LED hat nicht nur ZKW, sondern generell das Lichtgeschäft im Autobereich groß gemacht und revolutioniert. Die Zukunft liegt in Systemen, die noch hochauflösender werden, noch kleiner werden, noch leichter werden, noch energieeffizienter und auch intelligenter werden. Die Auflösung wird so hoch sein, dass man Signale projizieren kann. Zukünftig wird man mit Licht kommunizieren und anderen Verkehrsteilnehmern Signale senden. Man kann durch das Projizieren von Zebrastreifen beispielsweise auf die Fahrbahn zeigen: „Ich habe dich erkannt, du kannst die Straße queren.“
Welchen Stellenwert wird das autonome Fahren in der ZKW-Technologie einnehmen?
Schubert Für autonom fahrende Fahrzeuge brauchen Sie 30 bis 50 Sensoren. Wir werden als Subsystemanbieter entsprechende Systeme vorbereiten, in denen die neue Technologie neben den eigentlichen Lichtsystemen Platz findet. Dies werden wir in Vorbereitung auf autonomes Fahren auch liefern können. Wir werden gemeinsam mit Partnern die Sensoren in Lichtsystemen integriert liefern.
Diese Sensoren kommen von LG?
Schubert Dies kann leicht der Fall sein.