Transport : Frachtraten: Nachhaltig im Keller

Einer Branche steht das Wasser bis zum Hals. „Im Vergleich zum Jahr 2008 wurden uns 2009 viermal so viel Schuldner gemeldet, viele Spediteure können ihre Rechnung nicht mehr termingerecht bezahlen “, sagt Peter Hunker, Geschäftsführer von Trans.eu, einer der größten europäischen Online-Marktplätze für die Vermittlung von Ladungen und Transportkapazitäten im Straßengüterverkehr. Wie dramatisch sich die Situation bis Jahresende zuspitzte, zeigt ein Blick auf die Schuldner-Liste von Trans.eu. Hatte Hunker hier 2008 lediglich 829 säumige Zahler vermerkt, explodierte die Zahl innerhalb von zwölf Monaten auf 3660 Schuldner. Zwar verbesserte sich gegen Ende des Jahres die Auftragslage und damit auch die Zahlungsmoral. Aber rundzehn Prozent der Schuldner hatten nicht die finanziellen Polster, um auf bessere Zeiten zu warten – und schlitterten stattdessen in die Pleite. Auslese.Auch in Österreich bereinigt sich der Markt. Insgesamt meldeten über 120 Transportunternehmen im vergangenen Jahr Konkurs an – und ein Ende der Pleitewelle zeichnet sich noch nicht ab. So schlitterte jüngst der Frächter Helmut Pogatschnig aus Buchkirchen in die Pleite. Das Unternehmen ist seit über zehn Jahren am Markt und repräsentiert einen der vielen kleinen Familien geführten Transporteure im Land, der auch im Auftrag großer Logistiker tätig war. Zu seinen Hauptkunden sollen Dellacher und Schenker gehört haben. "Durch die auf den drängenden osteuropäischen Transporteure und dem damit verbundenen Preisverfall konnten die für die Deckung des gestiegenen Aufwands erforderlichen Preise nicht mehr erzielt werden", heißt es im Konkursantrag. Unter diesen Bedingungen leiden zwar auch die Großfrächter. Aber sie oftmals eine bessere finanzielle Ausstattung und darüber hinaus mehr Möglichkeiten, um Engpässe abzufeldern. Lkw Gartner aus Lambach, eines der größten Unternehmen am Markt, reagierte auf die Krise etwa mit Kündigungen und dem weiteren Ausflaggen von Lastern.

Eine weit verbreitete Reaktion im Krisenjahr bestand darin, Frachtraum aus dem Markt zu nehmen, um das Angebot künstlich zu verknappen. In Österreich wurden über 3000 Laster abgemeldet. Auf diese Weise wollten die Unternehmen die Preise stabilisieren. Der Versuch scheiterte aber auf der ganzen Linie. „Selbst durch Stilllegungen wurde eins nicht erreicht, dass es zu Unterkapazitäten kommt“, sagt Weber von Lagermax. Diese Meinung teilen auch andere Spediteure und Logistiker. Sie sehen den Grund dafür insbesondere in den großen Flotten, die in den vergangenen Jahren in Zentral- und Osteuropa entstanden sind. Diese können kurzfristige Engpässe abdecken, die durch das Abmelden von Fahrzeugen in Österreich entstehen. An Investitionen in neue Fahrzeuge denken daher nur noch wenige Unternehmen. Bei den Sattelzugmaschinen – den Hauptleistungsträgern im Straßengüterverkehr – brachen die Neuzulassungen in Österreich vergangenes Jahr um 56 Prozent ein. Insgesamt sank der Lkw-Bestand um 24 Prozent auf 29.000 Fahrzeuge. Dass sich die Entwicklung in diesem Jahr fortsetzt, zeigt ein Blick nach Deutschland. Dort vermeldete das Kraftfahrt-Bundesamt im Jänner einen ähnlich dramatischen Einbruch. „Auf der einen Seite fehlt den Unternehmen die – durch Dieselpreisexplosion 2008 und Mauterhöhung 2009 abgeschöpfte – Investitionskraft, auf der anderen Seite leiden ihre Finanzierungsmöglichkeiten unter der restriktiven Kreditvergabepolitik der Banken.“, sagt Hauptgeschäftsführer des Kraftfahrt-Bundesamtes, Karlheinz Schmidt. Auch die Spediteure und Logistiker sind nicht gerade investitionsfreudig. „Wir werden sicherlich dort oder da in Gerätschaften investieren“, sagt der Lagermax-Speditionschef. „Aber große Projekte sind nicht geplant.“Preisverfall. Die Auswirkungen auf die Frachpreise sind verheerend. Die Raten sanken im Verlauf des vergangenen Jahres um rund 40 Prozent. Besonders hart getroffen wurden Unternehmen, die über einen kleinen Fuhrpark verfügen. Viele von ihnen mussten sich im harten Preiskampf ihren großen Konkurrenten geschlagen geben. Mit der schwierigen Lage am besten zurechtgekommen sind Transportunternehmen, die Sonder- und Übermaßtransporte ausführen, sich also durch Spezialisierung von der Konkurrenz abheben konnten. Zudem sind die Frachtpreise in West- und Osteuropa weiter auseinandergedriftet. Transportunternehmen aus Ländern wie Polen, Litauen, Tschechien, Ungarn, Bulgarien oder der Slowakei bieten ihre Leistungen mittlerweile durchschnittlich um bis zu 20 Prozent günstiger an als ihre Kollegen aus Westeuropa. Auf viel befahrenen Routen können die Preisunterschiede aber noch deutlicher ausfallen. Für eine Fracht von Österreich nach Tschechien verlangt ein osteuropäisches Unternehmen derzeit 0,65 Euro pro Kilometer, der westeuropäische Mitbewerber hingegen nicht weniger als einen Euro, geht aus den Aufstellungen des Online-Marktplatzes Trans.eu hervor. „Vorsichtig optimistisch“. Die Unterschiede sind mittlerweile so gravierend, dass auch der Lagermax-Speditionschef sagt: „Man muss bei jedem Auftrag überlegen, nimmt man einen österreichischen oder einen osteuropäischen Anbieter.“ Bei seinem eigenen Fuhrpark hat Weber bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Von den 50 Fahrzeugen, die dieser umfasst, wurde bereits der Großteil ausgeflaggt, fährt also unter einem osteuropäische Kennzeichen. „2010 wird ein sehr schwieriges Jahr, wir haben mit Kostensteigerungen aus der Öko-Maut und den Tarifanpassungen zu kämpfen und es ist nicht zu erwarten, dass es zu einem nennenswerten Volumensanstieg kommt. Ich rechne in diesem Jahr mit maximal ein bis zwei Prozent“, sagt er. Die Einschätzung teilt auch Walter Konzett von Gebrüder Weiss: „ Für dieses Jahr bin ich verhalten optimistisch. Ich rechne mit leichten Zuwachsraten.“ Eine Entspannung wird in der Branche aber erst 2010 erwartet.