Im-Expertenpool: Mobilität : E-Mobilität: Akteure müssen Gang zulegen

Seit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert nimmt die Elektrizität eine zentrale Rolle im Leben der Menschen ein. So manche können sich vielleicht noch daran erinnern, wie ihre Höfe oder Dörfer in den 50er und 60er Jahren erstmals ans öffentliche Stromnetz angeschlossen wurden und damit einen regelrechten Entwicklungsschub erlebten. Schon in der Urzeit des Automobils experimentierte man auch mit dem elektrischen Antrieb. Doch die Initialzündung zur Antriebswende scheint der immer bedrohlichere Klimawandel zu sein.

Klar ist: Hersteller, Zulieferer und Dienstleister in der Automobilindustrie stehen vor enormen Herausforderungen. Die Elektromobilität wird sich in allen Leitmärkten der Automobilindustrie durchsetzen und damit den Status quo grundlegend verändern. Voraussetzung dafür sind niedrigere Herstellungskosten, angemessene Reichweite und eine flächendeckende Ladeinfrastruktur. Wenn alle Paramenter der „E-Readiness“ stimmen, ist eine breite Marktdurchdringung in fünf Jahren zu erwarten. Dann wird das Elektroauto tatsächlich eine gern gewählte Alternative zu den herkömmlichen Verbrennern.

Bremshebel der Antriebswende

Neben hohen Anschaffungskosten, der mangelnden Ladesituation und fehlendem öffentlichem Engagement stellt die Batterieproduktion eine echte Herkulesaufgabe dar. Die Batterie spielt eine Schlüsselrolle beim künftigen Erfolg der E-Mobilität, vor allem wenn – durch weitere Innovationsschritte in der Produktion – die Reichweiten steigen und die Herstellungskosten sinken. Die meisten Automobilkonzerne haben sich daher bereits für eine eigene Batterieproduktion entschieden, um mögliche Abhängigkeiten zu reduzieren.

Sinkt das Leistungsniveau der Traktionsbatterie unter 20 Prozent der ursprünglichen Kraft, muss diese ausgetauscht werden. Im Durchschnitt passiert das nach acht Jahren, bei manchen Autos wie dem BMW i3 soll die Batterie (mit Nickel-Kobalt-Zellen) eine Lebensdauer von 20 Jahren haben. Danach wird die Batterie entweder einem regulären Recyclingprozess zugeführt oder für eine „Second-Life“-Anwendung aufbereitet, wo sie als Pufferspeicher eingesetzt wird. Aber die uneinheitlichen Produktionsmethoden der Hersteller erschweren ein solches System, jedes Unternehmen müsste eine eigene Second-Life-Lösung finden.

Wer die Nase vorne hat

Global gesehen ist China derzeit „Elektromotor der Automobilindustrie“, sogar der öffentliche Nahverkehr wird bereits emissionsfrei gestaltet. Bei Neuzulassungen von E-Autos ist Österreich in Europa Vorreiter. Mit einer Zunahme von 128,2 Prozent von 2015 auf 2016 verzeichnet die Alpenrepublik in Relation zur Einwohnerzahl dreimal mehr Neuzulassungen als im EU-Durchschnitt und sogar viermal mehr als Deutschland. Gesamt gesehen ist der Marktanteil weltweit wachsend, aber nach wie vor auf sehr niedrigem Level. Einzige Ausnahme ist Norwegen, wo 2016 mehr Tesla S Limousinen als Mercedes-Benz-S-Klasse-Modelle verkauft wurden. E-Fahrzeuge haben hier einen Marktanteil von 29 Prozent, in den Niederlanden auf Platz zwei sind es nur mehr 2,4 Prozent.

Die Zeit der Ankündigungen ist also bereits vorüber, ein Durchbruch der Elektromobilität zeichnet sich ab. Freilich ist diese Trendwende in den Autohäusern noch nicht sichtbar, aber die Strategien und laufenden Umsetzungsprojekte der Automobilindustrie zeigen – die Marktvorbereitungsphase hat einen Gang zugelegt. Von Herstellern und Zulieferanten sind nun Kreativität und schnelles Handeln gefragt. Denn schärfere Grenzwerte für Emissionen und das schlechte Image der Verbrennungsmotoren sind ein zusätzlicher Ansporn für die Umstellung auf alternative umweltfreundliche Antriebsarten.

Christoph Kopp, Horváth & Partners Österreich