Strommarkt : Die Netzentgelte für Strom steigen deutlich an

Die Netzentgelte für Strom steigen 2016 pro durchschnittlichem Haushaltskunden um 12 Euro im Jahr und damit stärker als sonst. Grund sind hohe Netzinvestitionen, die den Versorgern angerechnet werden, gesunkene Strommengen und als Einmalfaktor teilweise Rückzahlungen von 2009 bis 2011 gezahlten Netzverlustentgelten. Auch die Gasnetzentgelte steigen, pro Haushalt im Schnitt um 18 Euro.

Beschlossen hat die neuen Netzentgelte die Regulierungskommission der E-Control. Bei den Haushaltskunden beträgt die Anhebung im Schnitt 5,70 Prozent. Die Netzentgelte machen rund ein Drittel der gesamten Stromrechnung aus.

Hohe Steigerungen bei den Stromnetzentgelten gibt es in den Netzgebieten Niederösterreich (+10,98 Prozent), Tirol (+11,4 Prozent) und Innsbruck (+11,44 Prozent), wo laut Mitteilung der E-Control die hohen Netzinvestitionen, geringere Abgabemengen und vorgelagerte Netzkosten am deutlichsten durchschlagen.

In den übrigen Netzgebieten fallen die Steigerungen etwas moderater aus. Ein Sonderfall ist das aus Deutschland versorgte Kleinwalsertal in Vorarlberg mit +22 Prozent; hier schlagen vorgelagerte deutsche Netzkosten durch.

2014, im Referenzjahr für die Netzentgelte 2016, wurde in die heimischen Stromnetze mit rund 700 Mio. Euro brutto pro Jahr mehr als doppelt so viel in die Netze investiert wie in den Anfangsjahren der Regulierung zwischen 2001 und 2004. Vor allem viele neue Ökostromanlagen, etwa Windräder, erforderten neue oder erweiterte Leitungskapazitäten.

Deshalb steigen für alle Stromkunden zusammen (Haushalte, Industrie, Gewerbe) die Stromnetzentgelte im Österreich-Schnitt 2016 um 5,93 Prozent, bei Haushalten allein um 5,70 Prozent. Andererseits zahlen alle Stromkunden in Österreich jährlich rund ein Viertel (24 Prozent) weniger Netzkosten als noch auf Basis der Entgelte 2001; das spart jährlich 537 Mio. Euro im Jahr.

Auch Gasnetzentgelte steigen

Auch die Gasnetzentgelte steigen mit 1. Jänner 2016 - für durchschnittliche Haushaltskunden mit 15.000 kWh Gasverbrauch im Jahr um mehr als sieben Prozent. Das hat die Regulierungskommission ebenfalls am Mittwochnachmittag beschlossen. Grund ist vor allem der Verbrauchsrückgang bei Gas, aber auch das hohe Investitionsvolumen der Gasnetzbetreiber.

Für einen durchschnittlichen Gas-Haushalt ergeben sich aus der Erhöhung Zusatzkosten von 18 Euro im Jahr. Die Netzentgelte machen je nach Bundesland ein Viertel bis ein Drittel der gesamten Gasrechnung aus, der Rest entfällt auf die Kosten für den Energieträger selbst sowie auf Steuern und Abgaben. 2015 haben sich die Gasnetzentgelte im Schnitt um 0,82 Prozent erhöht, bei Strom hatte es für die Haushaltskunden im Schnitt 0,26 Prozent Erhöhung gegeben.

Die Gasnetzentgelte steigen per Jänner 2016 laut E-Control, weil die Gaskunden wegen der warmen Wintermonate 2014 deutlich weniger Gas verbraucht haben. Der geringere Verbrauch führte im damaligen Referenzjahr zwar zu allgemein niedrigeren Gaskosten, nach warmen Wintern gibt es in den Folgejahren aber höhere Netzentgelte - "denn", so der Regulator, "für die Gasinfrastruktur fallen unabhängig vom Verbrauch Kosten an, diese Kosten müssen den Gasnetzbetreibern abgegolten werden." Dennoch mache ein warmer Winter durch die Energieeinsparungen die späteren Netzkosten mehr als wett.

Auch die Gasnetzentgelt-Steigerungen sind je nach Bundesland unterschiedlich. In Tirol steigen sie für Haushalte um 11,5 Prozent, in NÖ um 11,0 Prozent, in Wien um 10,8 Prozent, in OÖ um 9,8 Prozent, in der Steiermark um 6,0 Prozent, im Burgenland um 4,8 Prozent, in Vorarlberg um 4,5 Prozent, in Salzburg um 3,1 Prozent und in Kärnten um 2,1 Prozent.

Für typische Großabnehmer mit 90 Mio. kWh Gasverbrauch im Jahr steigen die Gasnetzentgelte in weiten Teilen Österreichs. Besonders hoch sind die Anstiege für Großkunden in NÖ und OÖ - hier gab es besonders hohe Verbrauchsrückgänge bei Großabnehmern. Allerdings sind die Netzentgelte in diesen beiden Netzbereichen weiterhin niedriger als im Rest Österreichs.

Kritik aus der heimischen Branche der erneuerbaren Energien

An den steigenden Netzentgelten besonders in Österreich gab es zuletzt wiederholt Kritik aus der Energiewirtschaft. So weist der heimische Interessensverband IG Windkraft immer wieder darauf hin, dass die vergleichsweise hohen Netzentgelte ein Grund dafür seien, dass in Österreich immer weniger Strom erzeugt werde.

Die Juristin Ursula Nährer von der IG Windkraft meint dazu: "Während heimische Stromerzeuger mit Netzentgelten belastet werden, sind diese in unseren Nachbarländern nicht zu leisten und werden auch nicht auf Stromimporte eingehoben. Damit wird die heimische Stromerzeugung im Vergleich zu ausländischen Kraftwerken benachteiligt".

Dadurch ergebe sich ein klarer Wettbewerbsnachteil. Österreich liege laut IG Windkraft bereits jetzt bei der Belastung seiner Stromerzeuger auf dem zweiten Platz im Europavergleich. Somit könnten ausländische Kohle- und Atomstromerzeuger ihren Strom billig nach Österreich exportieren, während heimische Stromerzeuger Netzgebühren bezahlen müssten.

IG Windkraft: Heimische Betreiber massiv im Nachteil

Der Ausbau der Windkraft sei entgegen diesbezüglicher Behauptungen keineswegs die Ursache für Kostensteigerungen, so IG Windkraft weiter. Denn die Kosten für den Netzzutritt sowie den Ausbau der vorgelagerten Netze bezahlten die Erzeuger von Windenergie selbst.

Die IG Wind fordert die E-Control und das Wirtschaftsministerium auf, neue gesetzliche Rahmenbedingungen vorzulegen. "Dass die heimischen, sauberen Ökostrombetreiber an den Rand ihrer Existenz gedrängt werden, weil allein sie mit diesen Kosten belastet werden, während immer mehr Strom aus ausländischen Drecksschleudern importiert wird, können wir nicht akzeptieren“, so Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. (red/apa)