Öl-Preis : "Der Ton in der Öl-Industrie hat sich verändert"

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Der Ölpreis ist vor dem Wochenende wieder leicht gestiegen, ist aber danach gleich wieder gefallen. Durch den schwer kalkulierbaren Verlauf - und vor allem den niedrigen Preis - wird es für die Ölkonzerne nicht nur schwieriger, wie bisher Milliarden zu verdienen - zum Teil müssen sie kräftig sparen, um überhaupt ihre Ausgaben zu decken. "Der Ton hat sich verändert", stellt Shell-Chef Ben van Beurden fest. Und eine Trendwende ist nicht in Sicht. "Die Ölpreise werden noch länger niedrig bleiben", so BP-Boss Bob Dudley.

Händler erklärten zuletzt die fallenden Ölpreise mit einem Anstieg der Bohrlöcher in den USA. Nach Angaben des führenden Öl-Ausrüsters Baker Hughes ist die Zahl der Bohranlagen um sechs auf 670 gestiegen. Dies sei der dritte Anstieg in Folge gewesen. Ein Zuwachs an Förderanlagen deutet auf ein höheres Angebot hin und belastet die Ölpreise. Unterdessen haben mit der Societe Generale und JPMorgan weitere führende Banken ihre Prognosen für die Ölpreise gesenkt.

"Es fühlt sich an wie 1986"

In der Branche weckt der niedrige Ölpreis Erinnerungen an den massiven Preissturz in den 1980er-Jahren. Die großen westlichen Firmen reagieren darauf. Geplante Investitionen in Höhe von zusammen 180 Milliarden Dollar (165,4 Milliarden Euro) wurden zuletzt gestrichen. Das entspricht Experten zufolge einer Kürzung von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Betroffen sind sowohl existierende als auch neu angedachte Projekte. Tausende Stellen werden abgebaut. Verkäufe von Aktivitäten stehen an, vermutlich oft zu nicht besonders hohen Preisen, weil die gesamte Branche unter Druck geraten ist.

"Das ist wirklich eine harte Zeit für die Öl-Industrie von Aberdeen über Angola bis nach Houston", klagt BP-Chef Dudley. "Es fühlt sich an wie 1986." Damals war der Ölpreis in nur acht Monaten von rund 30 auf zehn Dollar pro Fass abgestürzt, weil die Länder aus dem Öl-Kartell OPEC und die nicht darin enthaltenen Staaten mit harten Bandagen um Marktanteile kämpften. Das Angebot wurde massiv ausgeweitet, der Preis brach ein. Die Unternehmen mussten reagieren. Laut US-Investmentbank Morgan Stanley haben die Firmen damals ihre Investitionen um fast ein Viertel zurückgefahren und ein Drittel der Belegschaft vor die Tür gesetzt. Trotzdem dauerte es Jahre, bis sich die Lage wieder besserte.

Auch jetzt gibt es wieder riesige Überkapazitäten im Markt, weil die OPEC kräftig produziert und der Iran nach der Einigung im jahrelangen Atomstreit demnächst wohl wieder stärker exportieren darf. Die OPEC pumpte allein im Juli nach eigenen Angaben mit rund 32 Millionen Fässern täglich so viel Öl wie seit Beginn der Aufzeichnungen 1997 nicht mehr. Die Analysten von Morgan Stanley warnen deswegen, dass der Preis dieses Mal noch länger niedrig bleiben könnte.

Unternehmen müssen effizienter werden

So stehen die Zeichen weiterhin auf Sparen. Nächstes Jahr dürften die Investitionen noch einmal um fünf bis 15 Prozent gekürzt werden, schätzt die Osloer Beratungsgesellschaft Rystad Energy. Viele große Unternehmen haben ihre jüngsten Quartalszahlen bereits genutzt, um noch härtere Einschnitte anzudeuten. Bei BP brach der Gewinn zum Beispiel um fast zwei Drittel ein. Bei Exxon Mobil waren es 50 Prozent, bei Chevron sogar 90 Prozent.

Einige Branchenexperten betonen, unabhängig vom Ölpreis müssten die Unternehmen effizienter werden - schließlich hätten sich die operativen Kosten in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht. Analyst Jason Gammel von der Investmentbank Jefferies sagt, BP sei bei den Kostensenkungen in der Branche führend. Denn hier seien nach der Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko 2010 bereits Vermögenswerte in Höhe von 45 Milliarden Dollar verkauft worden. Einen stärkeren Fokus richten die Unternehmen zudem auf die Weiterverarbeitung von Rohöl zu Treibstoffen, das sogenannte Raffineriegeschäft. Das stabilisierte zuletzt in vielen Fällen das Ergebnis. (apa/Reuters)