Bundesländervergleich : Wie gut ist Österreich?

Die Optik ist gut – wären da nicht die Kärntner. In allen Bundesländern sind die Optimisten gegenüber den Pessimisten in der Überzahl – das zeigen die aktuellen Umfragezahlen der Bank Austria. Nur in Kärnten sind die Zweifler derzeit eine Übermacht. Vielleicht bessert sich die Stimmung im südlichsten Bundesland aber bis zur Jahreshälfte: Dann soll der Aufschwung laut Experten auch auf jene Länder übergreifen, in denen der Dienstleistungssektor – wie eben auch in Kärnten – „stärker ist“. Die Prognosen zeichnen ein geradezu euphorisches Bild: Besonders exportstarke Branchen sollen heuer von ihren bärenstarken Zielmärkten im Ausland profitieren. Wer damit gemeint ist, ist relativ klar: Das Wachstum wird heuer vor allem über die Industrie stattfinden“, sagt Walter Pudschedl, Konjunkturexperte der Bank Austria.

Nachbarmärkte ziehen an

Obwohl die Vorzeichen gar nicht so gut sind. Das weltweite Wachstum hat sich 2013 zum dritten Mal in Folge abgeschwächt, während die Flaute in der Eurozone besonders stark spürbar war. Heuer soll sich dieser Trend aber drehen: Für 2014 rechnen Statistiker der EU und des heimischen Wifo mit einem weltweit beschleunigten Wachstum auf plus vier Prozent. Die Wirtschaft im Euroraum soll demnach um 1,1 Prozent zulegen, in der gesamten EU sogar um 1,4 Prozent. Das bekommen als erstes die exportstarken heimischen Hersteller zu spüren: Die Ausfuhren nach Europa machen hierzulande rund 80 Prozent aller Exporte aus.

Besonders interessant aus österreichischer Sicht: Die Entwicklung bei den wichtigsten Handelspartnern. In Deutschland, mit weitem Abstand das bedeutendste Abnehmerland heimischer Produkte, erwarten deutsche Konjunkturforscher für heuer ein Wachstum zwischen 1,7 Prozent und zwei Prozent. Economics & Market Analysis der Bank Austria rechnen sogar mit 2,5 Prozent Plus. Im kommenden Jahr soll das deutsche BIP nochmals um einen halben Prozentpunkt zulegen. Auch Österreichs zweitwichtigster Handelspartner Italien scheint ab heuer seine tiefe Rezession hinter sich gelassen zu haben: Nach zwei negativen Jahren wird es laut IHS ein leichtes Plus von 0,3 Prozent und nächstes Jahr ein Wachstum von einem Prozent geben. Auch in den USA und vielen Ländern Osteuropas zeigen die Zeichen nach oben. Davon profitiert der heimische Außenhandel, der heuer laut WKÖ um „satte fünf Prozent steigen soll“.

Industrie ist Treiber

Wer von den starken Auslandsmärkten am stärksten profiteren wird, wissen alle Volkswirte: Oberösterreich und Vorarlberg sind hierzulande traditionell die Länder mit dem höchsten Anteil der Industrie an der Wertschöpfung, dicht gefolgt von der Steiermark. Dort beobachten Volkswirte des Wifo bereits seit Anfang 2013 eine Trendwende: In den ersten drei Quartalen legte die Produktion des Landes um drei Prozent zu – abgesehen vom Sonderfall Burgenland war das laut Bank Austria zuletzt das höchste Produktionswachstum aller Bundesländer. Zugleich gab es im Vorjahr einen deutlichen Einbruch in der Elektronikbranche, auch die Dynamik bei den Beschäftigtenzahlen bleiben unter dem Durchschnitt.

Das Fazit von Walter Pudschedl: „Die Industrie ist gut ausgelastet, die Aussichten hier sind auch weiterhin gut. Doch im unternehmensnahen Dienstleistungsbereich hat die Steiermark Nachholbedarf, auch die Binnennachfrage stagniert – es ist also mit einem nur durchschnittlichen Wachstum.“

Oberösterreich, die industrielle Lokomotive des Landes, profitierte aufgrund des starken produzierenden Sektors bereits 2013 deutlich von der Dynamik seiner Zielmärkte – die Exportquote beträgt über 60 Prozent. Entsprechend konnte die Industrieproduktion in den ersten drei Quartalen des Vorjahres um überdurchschnittliche zwei Prozent zulegen. Laut Wifo lieferte allein der Maschinenbau mit einem Plus von +8,8 Prozent rund die Hälfte des Wachstums in der Sachgütererzeugung. Positive Beiträge kommen wie in anderen Bundesländern auch aus der dynamischen Automobilbranche. Walter Pudschedl: „Die Aussichten für 2014 sind bei diesem Bundesland die besten.“ Erwähnenswert sei auch die Bildungspolitik des Landes, das gezielt Hochschulen mit technologischem Schwerpunkt fördere.

Wachstumssieger

Schaut man sich allerdings an, wie stark der industrielle Sektor zuletzt gewachsen ist, ergibt sich aktuell ein Überraschungssieger – Burgenland. Das östlichste Bundesland lässt aufgrund mehrerer Sondereffekte nicht nur seine Nachbarn, sondern auch Länder wie Oberösterreich deutlich hinter sich. Richtig spannend wird es beim Blick auf die Stimmung, die in diesen Wochen in den Betrieben herrscht. Der Anteil der „Optimisten“, der seine Lage im Bereich der Produktion als „günstig“ einschätzt, ist innerhalb eines halben Jahres deutlich nach oben geklettert. Mit der einzigen Ausnahme Kärnten waren zuletzt in allen Bundesländern die „Optimisten“ gegenüber den „Pessimisten“ in der Überzahl.

Ost-West-Gefälle

In allen Prognosen ist allerdings nach wie vor ein Gefälle von West nach Ost und von Nord nach Süd nicht zu übersehen. Einer der Gründe dafür ist die Entwicklung direkt hinter den Grenzen. „In Österreich gibt es sehr viel Grenzgebiet, die Verflechtungen mit der Wirtschaft des unmittelbaren Nachbarn ist relativ hoch. Deswegen sind viele Bundesländer kurzfristig von der Konjunktur ihrer Nachbarn betroffen – zum Beispiel Kärnten von der Schwäche in Italien und Slowenien oder Burgenland und Niederösterreich von Ungarn und der Slowakei“, sagt Christoph M. Schneider, Leiter der Stabsabteilung Wirtschaftspolitik in der WKÖ.

Während Deutschland, die Schweiz und zunehmend auch Italien die westlichen Bundesländer mit nach oben ziehen werden, fehlen die positiven Impulse im Osten. Wien etwa wandelt sich weiter zu einem Dienstleistungsstandort, die Schwäche des Industriesektors hält an. Rückgänge gab es zuletzt in der Automobilindustrie und auch in der (weniger gewichtigen) Elektronikindustrie. Die Absiedelung der Produktion von Coca-Cola ins Burgenland sorgt für einen zusätzlichen negativen Sondereffekt.

Das traditionelle Reiseland Kärnten konnte seinen Industriesektor in jüngster Zeit durch gezielte Betriebsansiedlungen stärken, nicht zuletzt aus Italien – vom Nachbarmarkt wie aus Slowenien werden nach der Überwindung der Rezession auch spürbare positive Impulse erwartet. Doch die Situation derzeit ist nicht gerade rosig: Laut Wifo weist Kärnten mit -2,7 Prozent den österreichweit stärksten Rückgang in der Sachgütererzeugung auf, und diese Schwäche hält seit rund eineinhalb Jahren an. „Hauptverantwortlich dafür waren die Metallerzeugung und die Herstellung von Metallerzeugnissen“, und zwar mit Einbrüchen im zweistelligen Prozentbereich, wie die Volkswirte des Wifo berichten.

Musterknaben im Westen

Geprägt nicht nur vom starken Fremdenverkehr, sondern auch von einer breit aufgestellten Sachgüterindustrie erlebte Tirol in diesem Sektor im Vorjahr einen überdurchschnittlich starken Rückgang um 2,3 Prozent – der schlechteste Wert der westlichen Bundesländer. Vor allem im Maschinenbau und der Metallverarbeitung lief es zuletzt nicht rund, wie Statistiken des Wifo zeigen. In den vergangenen Monaten war jedoch ein leichter Aufwärtstrend sichtbar, zum Beispiel bei elektronischen und optischen Erzeugnissen, deren Produktion bis zum dritten Quartal um ein Drittel gestiegen ist. Auch die Nachbarländer Deutschland und Italien sorgen für positive Impulse.

Und der Trend: Laut Bank Austria ist für heuer ein Wachstum von zwei Prozent zu erwarten. Vorarlberg, traditionell einer der Musterknaben hierzulande, konnte sich vom „Textil-Ländle“ in einen starken Industriestandort verwandeln. Trotzdem war hier die Sachgütererzeugung in den ersten drei Quartalen 2013 deutlich rückläufig, ähnlich wie in Wien. Vor allem der Maschinenbau spürte die Flaute, wie das Wifo konstatiert – dagegen konnten die Metallerzeugung und der Automobilbau die Wirtschaft mit nach oben ziehen, so dass die Wirtschaft des Landes im Gesamtjahr mit einer Stagnation ausgestiegen ist. Doch heuer werden die starken positiven Impulse im Exportbereich in Vorarlberg besonders schlagend – daher erwarten Konjunkturforscher für 2014 ein ähnlich hohes Wachstum wie in Oberösterreich. Das Ländle profitiert außerdem von der geografischen Nähe zu den prosperierenden Nachbarn Deutschland und Schweiz und zusätzlich vom starken Schweizer Franken, der für eine spürbare Nachfrage im Dienstleistungssektor sorgt.