Stahl Digital : Voestalpine will ein steirisches „Digital Metal Valley“

© Hartwig Zoegl

Die Zufahrtsstraßen und der Montageplatz sind fertig, die Vorbereitung des Baufelds steht kurz vor dem Abschluss. 2021 will man in Kapfenberg hinsichtlich digitalisierter Produktionsabläufe internationale Standards setzen: Rund 8.000 Prozessdaten sollen laufend parallel erfasst und ausgewertet werden.

Doch das neue Stahlwerk ist nur Kernstück dessen, was die Voestalpine (mit 13 Produktionen erwirtschaftet der Konzern rund ein Drittel des Umsatzes mit einem Fünftel der Belegschaft in der Steiermark) umsetzen will: Die Mur-Mürz-Furche soll zum globalen Player im Bereich der Metallpulver für den 3D-Druck werden. In Kürze soll ein Großaggregat in Betrieb genommen werden, das die Pilotanlage zur Herstellung von extrafeinem Metallpulver obsolet machen soll. Gemeinsam mit dem Industrie-Nachbarn Pankl ist der Konzern eine Kooperation eingegangen: Während die Voestalpine das Metallpulver herstelle und die Werkstofftechnologie liefere, fertige Pankl aus dem Pulver geeignete Metallteile, beschreibt Rotter die Zusammenarbeit. Beliefert werden aber derzeit auch die eigenen 3D-Druckzentren in Düsseldorf, Taiwan, Toronto und Singapur. Ab 2019 soll in der Steiermark auch Titanpulver hergestellt werden.

Um die Werkstoffproduktion und -verarbeitung optimieren zu können, hat die Voestalpine ein chemisches Labor in Kapfenberg eröffnet: Rund 40 Labortechniker sollen jährlich rund 200.000 Materialproben analysieren. Die Logistik am Gelände wird dabei ziemlich analog gemanagt: Per Rohrpost mit rund 140 km/h werden die Proben in drei Sekunden vom Stahlwerk ins Labor geschafft. Die Analyseergebnisse liegen etwa sechs Minuten später vor.

Im Mittelpunkt der Forschung stehen Kooperationen mit Hochschulen: Mit der FH Joanneum in Kapfenberg wurde ein „Smart Production Lab“ eingerichtet. Hinzu kommen eine Stiftungsprofessur für „Additive Manufacturing“ sowie ein Christian-Doppler-Labor für Beschichtungstechnologien an der Montanuniversität Leoben. Hier solle der Trend für die Voestalpine in Richtung „Oberflächen, die denken können“ gehen, sagt Franz Rotter, Vorstand der Voestalpine High Performance Metals Division. Sie enthalten Sensoren, die erkennen, ob die Oberfläche beispielsweise bereits zu erodieren beginnt. „Heute werden Teile noch zu oft zu früh ausgetauscht“, sagt Rotter. Neue Technologien werden das Ressourcen-Management verbessern.

Auch für das Digital Metal Valley sucht die Voestalpine global nach jungen Digital-Fachkräften. Besonders gefragt sind Talente im Bereich der Automatisierung, der Robotik, der Sensorik und der Datenanalytik. Schon bisher seien Experten, etwa aus Indien, nach Österreich geholt worden, sagt Rotter. Das Umfeld für die jungen, internationalen Tüftler ist jedenfalls optimal: In 350 Quadratmeter großen Entwicklungs- und Trainingsumgebungen können sie an Industrierobotern, Datenbrillen und mit Digital White Boards experimentieren.