Analyse : Österreich: Immer weniger Chefs machen immer größere Deals

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Die Globalisierung der Firmen bringt eine rasante Konzentration von Entscheidungen mit sich. Immer weniger Manager entscheiden über immer größere Deals. Zulieferer müssen sich anpassen und alles daran setzen, bei diesen großen Entscheidungen zum Zuge zu kommen - und dann wachsen, um dauerhaft mithalten zu können, sagt Hannes Pichler, Partner und Österreich-Chef der Boston Consulting Group (BCG).

Hintergrund der Entwicklung ist der Versuch von Firmen, ihre Strukturen zu vereinfachen. Früher gab es für jedes Auto eine eigene Plattform - heute gibt es zwar nach außen hin mehr Automodelle, aber sie werden auf der Basis weniger Plattformen und daher aus weniger unterschiedlichen Teilen gebaut. Eine Entscheidung gilt für viele Modelle, weniger Zulieferer sind nötig.

Pichler erinnert sich an eine Firma mit hundert Werken, wo in jedem Werk rund 40 "Aggregate", also Maschinen und andere Einheiten, jeweils lokal zugekauft wurden - immer unterschiedliche, zu unterschiedlichen Konditionen. "Eine enorme Komplexität", so Pichler im Gespräch mit der APA.

Nach einer Umstrukturierung wurden zentral je "Aggregat" ein bis zwei Lieferanten ausgewählt, die alle Werke belieferten. Die Lieferzeit verkürzte sich von einem Jahr auf drei Monate und der Output stieg bei gleichen Kosten um 70 Prozent. Dabei wurde die gleiche Menge gekauft wie früher.

Oder ein Lebensmittelhersteller, der seine Produkte in neun verschiedenen Größen erzeugte - jeweils nur um Millimeter unterschiedlich. Für den Konsumenten nicht wahrnehmbar, in der Produktion aber von der Maschine bis zur Verpackung mit enormem Mehraufwand verbunden. Die Vereinheitlichung brachte entsprechende Einsparungen.

Die Konsolidierung innerhalb von Firmen wirkt sich auf das Management aus. "Ganze Managementebenen werden herausgenommen", erzählt Pichler aus der Praxis. In Österreich habe sich das im Schwund von Osteuropazentralen internationaler Konzerne bemerkbar gemacht. Zur Jahrtausendwende waren es noch über 300, jetzt nur mehr gut 100. Wo es früher Subregionen gab, reicht heute eine Zentrale, die in Wien sein könne, aber eben auch in London oder Zürich.

Dazu kommt, dass die Konsolidierung von Entscheidungen nicht nur innerhalb von Unternehmen stattfindet. Ganze Branchen konsolidieren. Wo es früher zehn Anbieter gab, sind es heute nur mehr sechs, statt 20 Werken nur mehr 10. Hand in Hand damit kam eine Vergrößerung der Werke. In der Lebensmittelproduktion hat sich die durchschnittliche Werksgröße in 15 Jahren verdreifacht, schätzt Pichler. Dort werden dann neben Keksen auch Kaffee und Schokolade erzeugt.

Aber von der Verpackung über die Gabelstapler bis zu den Getränken in der Kantine können zahlreiche Vorleistungen gemeinsam - und damit billiger - gekauft werden. Deutlich weniger Entscheidungen sind nötig.

Die Anzahl derer, die in großen Firmen Kaufentscheidungen treffen, ist damit dramatisch gesunken. Pichler spricht davon, dass es heute 10 "finale Entscheider" gibt, wo es vor kurzem noch 100 waren. Für Lieferanten heißt das: Wenn ich den zentralen Einkäufer überzeugen kann, bekomme ich einen Großauftrag, sonst eben nichts. Früher gab es wesentlich mehr Möglichkeiten zu einem Auftrag zu kommen - diese waren aber klein.

Die Einkäufer in den großen Firmen haben ihrerseits früher wohl fünf bis sieben Lieferanten beauftragt, heute typischerweise einen Hauptlieferanten und ein oder zwei Nebenlieferanten. Die Einkäufer entscheiden nicht nur über Riesenaufträge, sie sind außerdem extrem spezialisiert und kennen dadurch ihren Markt im Detail. Oft können sie sogar die Herstellungskosten der Lieferanten berechnen, sagt Pichler. Das gibt ihnen eine enorme Macht.

Längst müssen die Lieferanten mit mehr als der Qualität ihres Produkts überzeugen. "Sie müssen als Lieferant auf die Shortlist kommen. Und das geht oft über ein Zusatzservice", sagt Pichler. Das kann die Lagerung direkt beim Abnehmer sein oder als "Königsdisziplin" die Integration der Produktentwicklung in die Forschung des Kunden. Für hochwertige Produkte könnte man durchaus sagen, dass in der Industrie inzwischen ein Bestbieterprinzip in Kraft ist, wie es die öffentliche Hand derzeit für Ausschreibungen durchzusetzen versucht. Bei Massenprodukten hingegen nicht, da gelte weiter der Preis. (apa/red)