Mautsysteme : Kapsch verzichtet auf weitere Gerichtsprozesse in Deutschland

Der österreichische Mautsystemanbieter Kapsch TrafficCom verzichtet in Deutschland auf einen weiteren Einspruch gegen eine Auftragsvergabe des deutschen Bundes an den Konkurrenten Toll Collect, die ohne Ausschreibung erfolgt ist, wie das Unternehmen mitteilt. Mit seinem Nachprüfungsantrag bei der deutschen Bundesvergabekammer waren die Österreicher Mitte Februar abgeblitzt.

"Kapsch TrafficCom AG akzeptiert die Entscheidung der Vergabekammer", sagte eine Unternehmenssprecherin zur APA. Nach einer detaillierten Prüfung habe sich Kapsch dazu entschlossen, keine Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf einzureichen.

In Deutschland soll die Lkw-Maut ab 2018 auf sämtliche Bundesstraßen ausgedehnt werden. Über die entsprechende Ausweitung des Mautsystems verhandelt der Bund derzeit ausschließlich mit dem Konsortium Toll Collect, das in dem Land bereits als Mautbetreiber tätig ist. Die Toll Collect GmbH hat das satellitengestützte Lkw-Mautsystem auf deutschen Autobahnen ab 2005 aufgebaut und ist auch für die Mauteinhebung verantwortlich.

Kapsch TrafficCom ist der Meinung, bei der nunmehr geplanten Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle rund 40.000 Kilometer Bundesstraße handelt es sich um einen Neuauftrag, der ausgeschrieben hätte werden müssen. Das deutsche Verkehrsministerium wiederum spricht lediglich von einer technischen Aufrüstung des bestehenden Systems. Unabhängig davon ist der Betrieb der Mauterhebung - der Zuschlag dafür ist einem früheren Bericht des "Focus" zufolge nur nach europaweiter Ausschreibung möglich.

Laut jüngster Entscheidung des Vergabeamts habe Toll Collect "Ausschließlichkeitsrechte" (insbesondere Urheberrechte an der Software des Systems und das Eigentum an Anlagen und Einrichtungen) aufgrund derer sie jederzeit den Zugriff Dritter auf das Mautsystem unterbinden könne. Demnach sei "rechtlich allein die Toll Collect GmbH in der Lage, die geplante Ausdehnung der Lkw-Mautpflicht bis Mitte 2018 technisch durchzuführen", urteilte die Behörde kürzlich.

Kapsch wird gegen diese Entscheidung keine Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegen und somit den Weg für die Vergabe an die Toll Collect nicht durch ein langwieriges Gerichtsverfahren blockieren.

Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) kann also aufatmen: Ein langer Rechtsstreit mit den Österreichern hätte auch den Zufluss der zusätzlichen Mauteinnahmen verzögert. Immerhin erhofft sich die deutsche Koalition einem früheren Bericht des "Handelsblatt" zufolge jährlich 2 Mrd. Euro, wenn sie die Lkw-Maut nicht nur auf allen Autobahnen, sondern auch auf allen Bundesstraßen kassiert. (APA)