China investiert : Betriebe in Deutschland werden zur begehrten Beute

Der chinesische Elektrogerätehersteller Midea hat seine Beteiligung am Augsburger Roboterbauer Kuka erhöht. Der Konzern hält damit 10,22 Prozent der Kuka-Anteile, wie das Augsburger Unternehmen mitteilt. Zuvor hielten die Chinesen gut fünf Prozent an Kuka.

Dabei ist die erste Nachricht darüber, dass Chinesen überhaupt den renommierten Robotikspezialisten geentert haben, erst wenige Monate alt. Im August wurde bekannt, dass Midea knapp über fünf Prozent der Anteile an Kuka erworben hat.

Kuka ist ein Beispiel von vielen

Kuka ist ein Beispiel von vielen - allein im Jahr 2015 haben chinesische Firmen 36 deutsche Unternehmen aufgekauft. Von Fall zu Fall werden die Geldsummen größer, um die es geht. Und die Liste der deutschen Betriebe, die inzwischen Chinesen an Bord haben oder ihnen ganz gehören, wird jedes Jahr länger.

Laut einer Analyse der Beratungsfirma Ginkgo Tree Advisors für die Zeitung "Die Welt" sind chinesische Investoren am Zugang zu den Märkten Europas interessiert - mindestens genauso stark aber auch am Zugang zu deutschen Kenntnissen und Produktionstechnologien.

Bei den Käufern habe es sich demnach zuerst um große staatseigene und staatsnahe Industriekonzerne gehandelt. Jetzt würden sich auch immer mehr Mittelständler zu einem Zukauf entscheiden.

Die neuen Besitzer bringen nicht nur immer mehr Geld mit, sondern treten auch deutlich geschickter auf als noch vor wenigen Jahren. Denn früher kamen Firmen aus China in Bieterverfahren häufig nicht zum Zug, weil sie zu unflexibel und langsam agiert hatten. Heute holen sie sich Hilfe von amerikanischen oder britischen Investmentbanken.

Produzent von Reiskochern kauft zu

Im Fall von Kuka dürfte es nicht die letzte Annäherung der neuen Anteilseigner an den Augsburger Hersteller sein. Kuka produziert bekanntlich mit beachtlichem Erfolg Hightech-Roboter für die Industrie. Bei Midea dagegen machen Klimaanlagen und Geräte für den Haushalt das Portfolio aus. Ein zentraler Teil der Produktpalette sind die guten alten Reiskocher.

Von der Börse kam trotzdem lauter Applaus. Die Aktie von Kuka legte diese Woche zum Teil um bis zu neun Prozent zu. Die Aktionäre wittern Gewinne, die sich über eine mögliche engere Zusammenarbeit im Reich der Mitte eröffnen könnten. Das wäre zwar keineswegs Neuland für Kuka - die Augsburger unterhalten in China schon heute mehrere Produktionsstätten. Ob man beim Hersteller im bayerischen Schwaben allerdings schon auf einen neuen Großaktionär aus Übersee eingestellt ist, der seine Anteile kontinuierlich nach oben schraubt, muss offen bleiben.

Spezialmaschinenbauer geht an einen Staatskonzern aus Peking

Etwas härter packte erst vor wenigen Wochen ein chinesischer Akteur zu. Im Jänner legte ein Konsortium um den staatlichen Chemiekonzern ChemChina 925 Millionen Euro für KraussMaffei auf den Tisch. Der traditionsreiche Münchner Hersteller von Spritzgießmaschinen für die Verarbeitung von Kunststoff und Gummi ist damit von nun an in chinesischer Hand.

Die kanadische Finanzfirma Onex willigte nur allzu gerne in den Deal ein. Ihr eingesetztes Eigenkapital stieg dadurch um das Zweieinhalbfache. Das Geld verdienen muss allerdings der Hersteller in München.

KraussMaffei ist nicht nur die bisher aufsehenerregendste Übernahme durch einen chinesischen Staatskonzern, sondern auch ein Bilderbuchbeispiel für Geschäfte von Finanzfirmen, die in der Öffentlichkeit gelegentlich als "Heuschrecken" umschrieben werden. Denn KraussMaffei, 1839 als Hersteller von Lokomotiven gegründet, wurde 2002 von Siemens verkauft und ging seither beachtliche drei Mal durch die Hände von Finanzinvestoren.

Die erste Milliardenübernahme diese Woche

KraussMaffei war die größte Übernahme, die jemals ein Käufer aus China in Deutschland je getätigt hat - zumindest bis zum vergangenen Donnerstag. Da bekam die chinesische Beijing Enterprise den Zuschlag für den norddeutschen Müllentsorger EEW Energy from Waste. Das ist nun die bisher größte chinesische Direktinvestition in ein deutsches Unternehmen überhaupt und auch die erste Milliardenübernahme einer chinesischen Firma in Deutschland. Offiziell wird der Preis mit 1,44 Milliarden Euro taxiert, doch mit den Schulden müssen die Chinesen rund 1,8 Milliarden Euro für den Deal hinlegen, sagen Eingeweihte.

Auch hier dürfte eine Finanzfirma einen ausgezeichneten Schnitt gemacht haben - nämlich der schwedische Investor EQT, der den deutschen Müllentsorger an Beijing Enterprise verkauft hat. Und auch bei dem niedersächsischen Betrieb ist die jüngere Geschichte ziemlich verschachtelt. Vor drei Jahren übernahm die Finanzfirma vom deutschen Energiekonzern Eon die Mehrheit am Versorger EEW, danach verkaufte Eon auch die restlichen Anteile. Noch im Mai 2015 wurde EEW mit etwa 1,3 Milliarden Euro bewertet worden.

China will Anwendungen für die eigene Infrastruktur

Jetzt rückt mit dem Milliardendeal die chinesische Gruppe immer näher an Vebraucher in Deutschland heran. Denn EEW betreibt 18 Verbrennungsanlagen, die jährlich rund 4,7 Millionen Tonnen Abfall zu Energie machen und umweltschonend beseitigen können. Die Fabriken der Niedersachsen erzeugen Prozessdampf für Industriebetriebe, Fernwärme für Wohngebiete und Strom für umgerechnet rund 700.000 Haushalte. Selbst der Abfall des verbrannten Abfalls - größtenteils Schlacke - wird später weiter verwendet, vor allem im Straßenbau.

Offenbar ist das Geschäft mit der Müllverbrennung durchaus lukrativ: EEW erwartet für das abgelaufene Jahr einen operativen Gewinn von 190 Mio. Euro, der Umsatz lag 2014 bei 539 Mio. Euro.

Die Chinesen wiederum hoffen, mit den Kenntnissen und der Technologie der Deutschen die wachsenden Müllberge in ihrem eigenen Land zu bewältigen, die sich etwa um die Hauptstadt Peking buchstäblich auftürmen. Die chinesische Regierung schätzt den Inhalt der Müllhalden im Inland auf sieben Milliarden Tonnen und will jetzt mit Milliardeninvestitionen die Müllentsorgung verbessern.

Finanzfirmen machen oft einen glänzenden Schnitt

Die Liste alteingesessener Firmen, die von chinesischen Herstellern übernommen werden, wird sicher in ganz Europa länger und länger. Nicht immer wird ein erfolgreicher Hersteller zuerst von Finanzfirmen aufgekauft und dann an einen chinesischen Investor weitergereicht, wie das bei KraussMaffei oder bei EEW der Fall ist.

Manchmal gewinnen staatliche Konzerne aus China auch in einem klassischen Bietergefecht - etwa wiederum der Chemieriese ChemChina, der den US-Konkurrenten Monsanto ausgestochen und ebenfalls diese Woche mit der 43 Milliarden Euro schweren Übernahme des Schweizer Saatgutkonzerns Syngenta für Aufsehen gesorgt hat.

Die nachfolgenden Zukäufe zeichnen sichz bereits ab

Oder aber die bestehenden Anteilseigner erhöhen so lange den Druck auf das Management, bis dieses sich gezwungen sieht, den bisherigen Kurs zu ändern. Genau das passiert gerade beim deutschen Leuchtmittelhersteller Osram. Dort protestieren Finanzfonds wie Union Investment lautstark gegen Investitionen des Herstellers in die Produktion und fordern einen Kurswechsel zugunsten von Aktionären - sowie die Entlassung des Vorstands wie auch des Aufsichtsrats.

Da überrascht es wenig, dass inzwischen auch ein Verkauf von Teilen des Leuchtmittelkonzerns im Gespräch ist. Wie Eingeweihte berichten, gehören Chinesen zum engsten Kreis jener, die diese Teile kaufen wollen.

(pm mit Reuters, dpa / APA)