Verhandlungen mit Tata Steel : Betriebsräte von Thyssenkrupp warnen vor Alleingängen

Die Arbeitnehmervertreter von Thyssenkrupp haben das Management vor Alleingängen zu einer Stahlfusion gewarnt. "Fusionspläne ohne uns kann es nicht geben", sagte Konzernbetriebsratschef und Aufsichtsratsmitglied Wilhelm Segerath der Nachrichtenagentur Reuters. Es gebe ein klares Bekenntnis zur Verbundstrategie, wonach Stahl Teil des Konzerns sei.

Eine Fusion sei bis jetzt auch kein Thema im Aufsichtsrat gewesen. "Ich gehe davon aus, dass sich der Vorstand an das hält, was vereinbart worden ist." Berichte über eine mögliche Fusion zwischen der europäischen Stahlsparte von Thyssenkrupp und Teilen von Tata Steel trieben den Aktienkurs des deutschen Stahlkonzerns diese Woche nach oben.

Einem Eingeweihten zufolge gibt es bereits seit längerem Gespräche zwischen den Unternehmen über die Zukunft ihres europäischen Stahlgeschäfts. Wie von INDUSTRIEMAGAZIN.at hier gemeldet, verhandeln gerade beide Konzerne auf höchster Ebene über mehrere Szenarien für eine Zusammenlegung.

Gemeinschaftsunternehmen als eine Option

Eine Variante sehe vor, die europäischen Stahlgeschäfte jeweils ihrem Wert entsprechend an einem Joint Venture zu beteiligen und diese Gesellschaft an die Börse zu bringen. Sollte einer der beteiligten Konzerne dann weitere Anteile verkaufen wollen, könne dies über die Börse geschehen. Zudem habe Tata Steel auch großes Interesse an dem brasilianischen Werk von Thyssenkrupp.

Eine Einigung stehe dem Vernehmen nach aber nicht unmittelbar bevor. Thyssenkrupp und Tata wollten sich dazu nicht äußern. "Ich halte das immer noch für eine Spekulation", sagte der Gesamtbetriebsratschef von Thyssenkrupp Steel Europe, Günter Back, Reuters. "Wer glaubt, in irgendwelchen Hinterzimmern an der Belegschaft vorbei Fusionen planen zu können, der wird eines Besseren belehrt." Sollte es Überlegungen zu einem Zusammenschluss geben, müssten der Betriebsrat und der Aufsichtsrat im Rahmen der Mitbestimmung eingebunden werden. "Wir müssen wissen, welche Risiken auf uns zukommen."

Überkapazitäten und Billigimporte aus China

Über eine Konsolidierung der Branche wird schon länger spekuliert. Die Schwerindustrie steckt seit Jahren in der Krise. Ihr machen Überkapazitäten, Preisdruck, Billigimporte aus China und Klimaschutzauflagen zu schaffen. Erst am Montag hatten deutschlandweit nach Gewerkschaftsangaben über 45.000 Stahlkocher für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert.

Eine mögliche Variante ist laut deutschen Medienberichten auch ein Gemeinschaftsunternehmen mit den deutschen Stahlriesen Salzgitter. Es gibt auch immer wieder Gerüchte über Fusionen von Thyssenkrupp und Salzgitter. Allerdings betonte zuletzt Heinz Jörg Fuhrmann, der Chef von Salzgitter, ausdrücklich, der Hersteller wolle es aus eigener Kraft schaffen - weder Fusionen noch Zusammenlegungen seien geplant. Diese ablehnende Haltung hat ein Sprecher von Salzgitter diese Woche erneut bestätigt.

Konzernchef Hiesinger: Wann Konsolidierung komme, sei völlig unklar

Anfang vergangener Woche hatte sich auch der Vorstand von Thyssenkrupp in einem Brief an die Mitarbeiter gewandt. Medienberichte habe das Management nicht kommentiert, weil dazu kein Anlass bestehe, hieß es in dem Schreiben. Das war allerdings lange vor der intensiven Berichterstattung über die Fusionsgespräche.

Klar sei, dass in der derzeitigen Situation eine Konsolidierung der europäischen Stahlindustrie ein möglicher Schritt nach vorne sein könne, wird in dem Schreiben Konzernchef Heinrich Hiesinger zitiert. "Ob, wann und unter Beteiligung welcher Unternehmen es aber zu einer solchen Konsolidierung kommt, ist völlig unklar." Wenn es dazu komme, wolle Thyssenkrupp in der Lage sein, sich aktiv und aus einer Position der Stärke heraus daran zu beteiligen. (Reuters/dpa-AFX/APA/red)