Elektro-Autos: Warum der derzeitige Boom trügerisch ist

Die Neuzulassungen von Elektroautos steigen in ganz Europa – die Elektroflaute des Jahres 2024 scheint vorüber. Zumindest auf dem Papier. Denn Im deutschen Kfz-Gewerbe mehren sich die Zweifel an den Rekordzahlen, die zuletzt auch das Kraftfahrzeugbundesamt vermeldete: Es sollen vor allem Eigenzulassungen von Herstellern und Händlern sein, die die Statistik nach oben treibt – während die
tatsächliche Nachfrage sogar leicht zurückgeht. Kaschieren die Zahlen eine Flaute – und: werden auch in Österreich die Zahlen geschönt?

Nach eineinhalb Jahren Ladehemmung scheint die E-Mobilität plötzlich wieder Strom aufzunehmen. In Deutschland, Österreich und quer durch Europa steigen die Neuzulassungen von Elektroautos. Was nach Comeback klingt und in den Statistiken glänzt, ist im Alltag oft nur Scheinwerferlicht.

Allein in Deutschland: Von Januar bis Juli 2025 fast 300.000 neue Stromer – ein Plus von 40 Prozent zum Vorjahr. Klingt nach Boom. Aber der Handel selbst spricht eher von Funkstille.

„Was statistisch als Erfolg erscheint, ist in der Realität häufig das Ergebnis von Eigenzulassungen durch Hersteller, Händler, Flottengeschäften oder taktischen Maßnahmen – nicht aber von echten Kundennachfragen im Handel“ sagt Thomas Peckruhn, seit Juli Präsident des Interessenverbandes der deutschen Autohändler, ZDK.

Denn: Hersteller und Händler melden Fahrzeuge kurzerhand selbst an – um die Verkaufsstatistik aufzuhübschen und die CO₂-Flotten-Ziele der Hersteller einzuhalten. Anschließend landen die Wagen als Vorführ- oder Tageszulassung beim Kunden – oft mit satten Rabatten.

Im ersten Halbjahr 2025 haben Hersteller und Händler in Deutschland mehr als doppelt so viele Elektroautos auf eigene Rechnung zugelassen wie noch im Jahr 2023. Insgesamt haben sich die Eigenzulassungen der Hersteller in den letzten zwei Jahren vervierfacht.

Gleichzeitig ging die Zahl privater Stromer-Neuzulassungen in Deutschland um 4,8% zurück, während die gewerblichen Zulassungen – also Firmenwägen – um immerhin 0,8 % geschrumpft sind. Meister der statistischen Kosmetik scheint in Deutschland der chinesische Hersteller BYD zu sein. Im April schien der chinesische HerstellerTesla am deutschen Markt überholt zu haben. Doch, wie Recherchen ergaben, waren vier von zehn Neuwagen sin Deutschland Eigenzulassungen. Was nach Überholspur klingt– ist eher ein Scheingefecht im Rückspiegel

Und in Österreich? Hier sieht die Lage tatsächlich etwas anders aus. Auch hier klettern die E-Zulassungen – und zwar deutlich von rund 25.000 Stück im ersten Halbjahr 2024 auf über 36.000 im Jahr 2025. Laut Statistik Austria wurden im ersten Halbjahr 31.500 neue Stromer zugelassen, ein Plus von über 40 Prozent. Jeder fünfte Neuwagen fährt inzwischen elektrisch. Und auch in Österreich scheint BYD den US-Anbieter Tesla zu überholen.

Ein genauer Blick auf die Zahlen der Tages- und Kurzzeitzulassungen zeigt – abgesehen von einem leichten Plus bei Verbrennern – für die letzten Monate keine Auffälligkeiten: Der Nachfrageanstieg am heimischen BEV-Markt und das Kopf-an- Kopf Rennen zwischen Tesla und BYD sind in Österreich also real – allerdings nicht von der Privat-Nachfrage getrieben.

Der Boom in der Alpenrepublik ist vor allem ein Boom im B2B-Geschäft. Neue Firmenwägen, Flotten von Mietwagenbetreibern und Gebietskörperschaften treiben das Geschäft: Rund 70 Prozent aller Neuzulassungen bei Stromern enftällt auf juristische Personen. Nur rund 30 Prozent aller neuen Elektroautos wurden von Privatpersonen zugelassen, Bei Benzinern liegt der Privat-Anteil bei den Neukäufern bei über 42 Prozent.

Doch warum ist der Zuwachs in Österreich so viel stärker als das reale Wachstum in Deutschland? Ein Grund könnte im Auslaufen der staatlichen Kaufprämien im Februar liegen. Doch die rund 5000 Euro die E-Mobilitätsförderung für den Kauf eines Stromers dürften höchstens Katalysator sein: Wer bereits „fast überzeugt“ ist, lässt sich damit leichter über die Kaufhürde schieben. Wer grundsätzlich skeptisch ist, den holen auch 5.000 Euro bei Kaufpreisen nördlich von 35.000 Euro nicht ab.

Auch Unterschiede in den Stromladepreisen können diesen Unterschied nicht erklären. Sowohl Österreich als auch Deutschland sind weltweite Spitzenklasse wenn es um Haushalts-, und Ladestrompreise geht.

Bleibt die deutlich bessere Ladeinfrastruktur in Österreich: Die Alpenrepublik bietet mit 344 Ladepunkten pro 100.000 Einwohner nur halb so viel Grund für Reichweitenangst wie Deutschland, wo nur 189 Ladepunkte pro 100.000 Einwohner auf Stromer warten. Damit liegt Deutschland auch unter dem EU-Schnitt.

Ob der Boom in Österreich auch nach dem Auslaufen der Förderung anhält, ist unklar. Die steigenden Stromer-Zulassungszahlen in den Monaten Juni und Juli, immerhin fast ein halbes Jahr nach Ausschöpfung des Fördertopfes für Elektromobilität, deuten an, dass die Elektro-Party in Österreich weitergeht.