Defence Schmees cast Langenfeld : Panzerstahl als Eintrittskarte: Wie Schmees cast Langenfeld es in die Wehrtechnik geschafft hat
Produktion bei Schmees cast Langenfeld: Panzerstahlzulassung als technischer und administrativer Kraftakt.
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Zwischen Panzerstahl und Präzision
Im Gespräch mit Dominik Baulig merkt man rasch, dass hier jemand spricht, der sich durch langwierige Prozesse nicht aus der Ruhe bringen lässt. Der geschäftsführende Gesellschafter der Gießerei Schmees cast Langenfeld weiß, was es bedeutet, sich im hochregulierten Umfeld der Wehrtechnik zu bewegen. Sein Unternehmen gehört zu den wenigen unabhängigen Betrieben in Deutschland, die eine Panzerstahlzulassung besitzen – eine Eintrittskarte in eine Industrie, in der jeder Schritt geprüft, kontrolliert und dokumentiert wird. „Ohne diese Qualifizierung redet niemand mit Ihnen“, sagt Baulig.
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Das Unternehmen hat vor sieben Jahren begonnen, sich mit der Thematik der Fertigung wehrtechnischer Produkte zu befassen und hat 2022 die Qualifizierung für den Panzerstahl nach TL 2350-0002 erlangt. Erst mit der Zulassung wurde das Unternehmen überhaupt für Systemhersteller wie Rheinmetall oder KNDS sichtbar. Drei Gießereien in Deutschland erfüllen diese Anforderungen – zwei gehören KNDS. Die Panzerstahlzulassung ist dabei ein technischer und administrativer Kraftakt. Alle fünf Jahre muss sie erneuert werden, inklusive Beschussversuchen und Abnahmen durch den Wehrtechnischen Dienst der Bundeswehr. Erst danach dürfen Bauteile gefertigt werden, die für gepanzerte Fahrzeuge zugelassen sind. Doch selbst damit ist die Arbeit nicht getan: Jedes Bauteil muss in einem gesonderten Verfahren – der sogenannten First Article Inspection (FAI) – nochmals einzeln qualifiziert werden. „Wenn das Bauteil läuft, sind Sie qualifiziert. Danach kommen die Bestellungen“, erklärt Baulig.
Überraschende Aufräge
Doch Bestellungen sind in der Verteidigungsbranche kein schnell fließender Strom, sondern eher ein zähes Rinnsal. Aufträge werden angekündigt, diskutiert, konkretisiert – und kommen dann oft überraschend. „Wir haben heute eine Bestellung bekommen, von der gestern noch keiner etwas wusste“, erzählt Baulig über ein Abgasgehäuse für einen Panzer des Abnehmers KNDS. Solche Vorgänge gehören zur Routine. Die Fertigungskapazität dafür liegt parat: 150 Teile, jeweils rund 25 Kilo schwer. „Das ist eine kleine Serie für uns. Wir sind sonst Einzelteilfertiger, das läuft einfach mit.“
In der Wehrtechnik sind die Stückzahlen überschaubar, die Anforderungen aber hoch. Baulig zieht den Vergleich zur Automobilindustrie: „Da werden täglich Tausende Fahrzeuge produziert. In unserem Bereich sind 20 Fahrzeuge im Monat schon viel.“ Entsprechend sind die Vorlaufzeiten, Abstimmungen und Prüfverfahren ausgeprägt. Für den Mittelständler bedeutet das eine andere Taktung als im klassischen Maschinenbau, aber auch langfristige Perspektive. „Es gibt jetzt erstmals Projekte, die bis 2029 oder 2030 laufen sollen. Das kennen wir aus unserem Kerngeschäft nicht“, sagt Baulig.
Der wehrtechnische Anteil am Umsatz liegt inzwischen bei rund 20 Prozent – Tendenz steigend. „Mit den angekündigten Stückzahlen werden wir nächstes Jahr Richtung 30 bis 35 Prozent gehen“, rechnet Baulig vor. Trotzdem bleibt die Gießerei breit aufgestellt. „Wir werden nicht zulassen, dass wir zur Hälfte Wehrtechnik machen. Das ist ein stabiler, aber klar abgegrenzter Teil unseres Geschäfts.“ Nische. Schmees cast Langenfeld bewegt sich in einer Nische: Das Unternehmen fertigt kleine und mittlere Gussteile, die für große Serienhersteller nicht attraktiv sind. Dazu gehören Scharniere, Abgasgehäuse oder andere Stahlgusskomponenten mit komplexer Geometrie. Jede Komponente wird aus speziell legiertem Panzerstahl gefertigt – je nach Schutzklasse.
„Eine Panzerwanne unten ist stärker gepanzert als ein Seitenteil. Entsprechend stellen wir die Legierung und Härte ein.“ Während die technische Seite beherrscht ist, liegt die eigentliche Herausforderung oft in der Verwaltung. Der militärische Sektor ist von Freigabe- und Genehmigungsverfahren durchzogen. Besonders langwierig sind die Abnahmen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sowie den Wehrtechnischen Dienst (WTD). „Manchmal dauert es Monate, bis eine Abnahmenummer vergeben wird“, berichtet Baulig. „Dann haben wir das Teil längst fertig, dürfen es aber nicht liefern, weil die Nummer fehlt.“ Der TÜV der Bundeswehr müsse jedes Bauteil abnehmen, dürfe das jedoch erst nach formeller Freigabe tun. „Ich hatte schon Fälle, da lagen die fertigen Teile vier Monate bei uns im Werk.“ Neben Technik und Bürokratie erfordert der Defence-Bereich auch organisatorische Anpassungen. Sicherheit prägt auch das physische Umfeld. Das Werkgelände ist geschlossen, die Tore bleiben verriegelt. Mitarbeiterschulungen sollen Bewusstsein schaffen.
„Wir holen die Leute ab und erklären, dass sie an etwas arbeiten, das Menschen schützt“, betont Baulig. Es gehe um Verantwortungsgefühl, nicht um militärischen Pathos. Dennoch stößt die Arbeit auch an ethische Grenzen. Ein Mitarbeiter in der mechanischen Bearbeitung lehnt die Fertigung von Wehrtechnik- Teilen aus ethisch-religiösen Gründen ab. „Das respektieren wir. Er bearbeitet andere Teile, das ist kein Problem.“ Wandel von Zulieferern. Kooperationen mit den Systemherstellern sind eng, vor allem bei Neuentwicklungen. „Wenn neue Teile entstehen, melden sich die Entwickler direkt bei uns“, erzählt Baulig. „Sie fragen, ob die Geometrie gießbar ist, wie wir das Bauteil auslegen würden.“ Diese Co-Development-Prozesse seien Standard. Sobald ein Bauteil technisch freigegeben ist, läuft die Bestellung automatisiert über die internen Systeme der Hersteller. Internationale Aufträge sind Teil des Alltags. Schmees cast Langenfeld liefert an verschiedene Standorte von Rheinmetall und KNDS – auch nach Australien.
„Wenn man für ein Bauteil qualifiziert ist, greifen die jeweiligen Standorte auf denselben Lieferanten zu“, erklärt Baulig. Die Marktdynamik bleibt vorerst trotzdem träge. Zwar ist das Interesse an Rüstungsgütern stark gestiegen, doch die Umsetzung verläuft zäh. „Ich glaube, viele Systemhersteller sind einfach überwältigt von der Nachfrage“, sagt Baulig. Trotzdem rechnet er mit einem deutlichen Anziehen im kommenden Jahr. „Im ersten Quartal 2026 sollen die größeren Bestellungen kommen. Dann wird es ernst.“ Während viele Unternehmen noch versuchen, den Einstieg in die Wehrtechnik zu finden, ist Schmees cast Langenfeld also etabliert. Dennoch beobachtet Baulig, dass sich andere Gießereien umorientieren – insbesondere aus der Automobilindustrie. „Einige steigen jetzt in die Munitionsproduktion ein, etwa für größere Hülsen“, erzählt Baulig.