Rüstungskonzern : Was (und wo) produziert Rheinmetall eigentlich?
Inhalt
- Steigende Nachfrage durch geopolitische Unsicherheiten
- Rheinmetalls Schlüsselprodukte und strategische Expansion
- Rheinmetall passt sich an: Das Automobilgeschäft ist ein Sorgenkind
- Weapon and Ammunition: Rekordumsätze durch hohe Munitionsnachfrage
- Vehicle Systems boomt: Bundeswehr-Großauftrag und Osteuropa-Deals treiben Umsatz
- Boom in der Luftverteidigung: Rheinmetalls Electronic Solutions auf Wachstumskurs
- Kräftiges Wachstum auch für 2025 erwartet

Rheinmetall hat seine Position als Schlüsselakteur der europäischen Sicherheitsindustrie gefestigt und setzt auf weitere Expansion.
- © Tobias Arhelger - stock.adobe.comSteigende Nachfrage durch geopolitische Unsicherheiten
Die Rheinmetall AG, einer der führenden Rüstungs- und Automobilzulieferer Deutschlands, erlebt eine beispiellose Wachstumsphase. Geprägt durch geopolitische Spannungen, wachsende Verteidigungsetats und die Zeitenwende in der Sicherheitspolitik, hat sich das Düsseldorfer Unternehmen als zentraler Akteur in der europäischen Rüstungsindustrie etabliert.
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Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 hat sich die sicherheitspolitische Landschaft in Europa drastisch verändert. Länder wie Deutschland, Polen und die skandinavischen Staaten investieren massiv in ihre Verteidigungsfähigkeiten. Die voraussichtliche schwarz-rote Bundesregierung hat nach dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen unter Olaf Scholz erneut 500 Milliarden Euro für die Bundeswehr bereitgestellt und damit einen weiteren Kurswechsel vollzogen, von dem Unternehmen wie Rheinmetall direkt profitieren. Auch die NATO-Staaten erhöhen ihre Verteidigungshaushalte, um die von der Allianz geforderten zwei Prozent des BIP zu erreichen.
Parallel dazu beobachten Experten eine zunehmende Militarisierung im asiatisch-pazifischen Raum, insbesondere durch die wachsenden Spannungen zwischen China und Taiwan sowie die Rüstungsprogramme Nordkoreas. Auch diese Entwicklungen treiben die Nachfrage nach modernen Waffensystemen, Munition und militärischer Fahrzeugtechnik in die Höhe – Kernkompetenzen von Rheinmetall.
Rheinmetalls Schlüsselprodukte und strategische Expansion
Rheinmetall ist besonders für seine gepanzerten Fahrzeuge wie den Schützenpanzer Puma oder den Kampfpanzer Leopard 2 bekannt, den das Unternehmen gemeinsam mit Krauss-Maffei Wegmann herstellt. Die Produktion von Munition, Drohnensystemen und Hochtechnologiekomponenten für Luft- und Raketenabwehr gehört ebenfalls zum Portfolio.
Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, baut Rheinmetall seine Produktionskapazitäten kontinuierlich aus. Neue Fabriken in Deutschland sowie in osteuropäischen Ländern wie Ungarn und der Slowakei sollen eine schnellere Lieferung von Munition und Fahrzeugen ermöglichen. Zudem investiert das Unternehmen verstärkt in die Digitalisierung der Gefechtsfeldkommunikation und in die Entwicklung von KI-gestützten Verteidigungssystemen.
Struktur des Rheinmetall-Konzerns
Rheinmetall ist in vier zentrale Divisionen gegliedert: Vehicle Systems, Weapon and Ammunition, Electronic Solutions und Power Systems. Jede dieser Einheiten trägt zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens bei und deckt ein breites Spektrum an Technologien für Sicherheits- und Verteidigungsanwendungen ab.
Vehicle Systems entwickelt und produziert gepanzerte Fahrzeuge für militärische und sicherheitsrelevante Einsätze. Das Portfolio umfasst Transport-, Kampf- und Unterstützungsfahrzeuge, die auf moderne Einsatzanforderungen abgestimmt sind.
Weapon and Ammunition bietet ein umfassendes Spektrum an Waffensystemen und Munition, das von Kleinwaffen bis hin zu großkalibrigen Artilleriesystemen reicht.
Electronic Solutions fokussiert sich auf Sensorik, Feuerleitsysteme sowie digitale Vernetzungs- und Kommunikationslösungen zur Steigerung der operationellen Effizienz.
Power Systems entwickelt Antriebssysteme für militärische und zivile Anwendungen mit Schwerpunkt auf Effizienz und Leistungsfähigkeit.
Rheinmetall passt sich an: Das Automobilgeschäft ist ein Sorgenkind
In der Division Power Systems produziert der Rüstungshersteller Komponenten für das Luft- und Abgasmanagement von Verbrennungsmotoren, Fahrgastzellen sowie Brennstoffzellen-Anwendungen und Batteriemanagement-Systeme. Beliefert werden Automobilzulieferer weltweit. Auch die Produktion erfolgt global: Unter der Marke Pierburg betreibt Rheinmetall Werke in Deutschland, Spanien, Italien, Japan, Südkorea, Mexiko, Brasilien, Indien und China. Dort werden vor allem Komponenten zur Reduzierung von Emissionen und zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs gefertigt, darunter Magnetventile und Abgasrückführkühler. In einem gemeinsamen Joint Venture mit Hasco, dem zweitgrößten Automobilzulieferer Chinas, fertigt Rheinmetall zudem Batterieträger und Zylinderköpfe. Die Produktion erfolgt sowohl am deutschen Standort in Neckarsulm als auch in den chinesischen Werken in Kunshan und Shanghai.
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Der schwache Automarkt belastet das Segment – 2024 musste man einen Umsatzrückgang von 2,2% auf 2,04 Milliarden Euro hinnehmen. Die Gewinnmarge sank von 6,4% im Jahr 2023 auf nur noch 4,2% im Jahr 2024. Angesichts der starken Performance der übrigen Divisionen wurden als erste Konsequenz die beiden Standorte in Neuss und Berlin umgerüstet und Mitarbeiter umgeschult. Die Werke sollen künftig Munition produzieren. Aufgrund der veränderten Nachfrage könnten auch andere zivile Werke von Rheinmetall diesem Beispiel folgen.
Weapon and Ammunition: Rekordumsätze durch hohe Munitionsnachfrage
Expansiv entwickelte sich die Division Weapon and Ammunition und blieb damit die profitabelsten Sparte des Konzerns. Rheinmetall zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Waffen- und Munitionssystemen und ist auf Groß- und Mittelkaliberwaffen samt entsprechender Munition spezialisiert. Neben dem Hauptsitz in Unterlüß ist das Unternehmen mit Standorten in Düsseldorf, Neuenburg, Oberndorf, Silberhütte, Trittau und Schneizlreuth/Fronau sowie im niederländischen Rijswijk vertreten. In Österreich betreibt Rheinmetall die Tochtergesellschaft Rheinmetall Waffe Munition ARGES GmbH mit Sitz in Schwanenstadt, wo unter anderem 40-mm-Low-Velocity-Munition mit verschiedenen Wirkungen produziert wird.
Der Grund für das starke Wachstum ist die hohe europaweite Nachfrage nach Munition. Allein die Direktlieferungen an die Ukraine stiegen 2024 um 609 Millionen Euro. Eine entscheidende Rolle spielte dabei die spanische Rheinmetall Expal Munitions, die 2023 durch die Übernahme von Expal in den Konzern eingegliedert wurde. Ihr Umsatz wuchs von 171 Millionen Euro im Jahr 2023 auf 658 Millionen Euro, wobei der Großteil der Produktion in die Ukraine floss. Bestellungen aus Deutschland und anderen europäischen NATO-Staaten nahmen ebenfalls deutlich zu und verzeichneten gemeinsam einen Zuwachs von 294 Millionen Euro.
Mit einer Gewinnmarge von 28,4 % bleibt das Segment das profitabelste im Konzern. Insgesamt erzielte die Division 2024 einen Umsatz von 2,78 Milliarden Euro – ein Wachstum von 58,5 % oder 1,03 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Vehicle Systems boomt: Bundeswehr-Großauftrag und Osteuropa-Deals treiben Umsatz
Unter Vehicle Systems bündelt Rheinmetall die Produktion gepanzerter Fahrzeuge, Kettenfahrzeuge und Artilleriesysteme, darunter der Lynx Schützenpanzer, die Rheinmetall Radhaubitze, die Panzerhaubitze 2000 sowie die Wiesel Fahrzeugfamilie. Beliefert wird die Division künftig auch vom Spezialmotorenhersteller Steyr Motors der eine mehrjährige Entwicklungs- und Liefervereinbarung mit Rheinmetall getroffen hat.
Genauere Angaben zum Inhalt der Partnerschaft wollten die beiden Unternehmen nicht machen. Aus ihrem Umfeld hieß es, die Motoren aus Steyr könnten für den Bau von Kampfpanzern der Marken Panther und Leopard eingesetzt werden. Teil der Division ist auch das in Liesing ansässige Joint Venture Rheinmetall MAN Military Vehicles, das mit einem Jahresumsatz von knapp 95 Millionen Euro auf die Entwicklung und Produktion hochgeländegängiger Militär- und Spezialfahrzeuge spezialisiert ist.
Ein wesentlicher Treiber des Wachstums der Division war die Auslieferung von 1.515 Logistikfahrzeugen an die Bundeswehr im zweiten Quartal 2024. Der Großauftrag mit einem Volumen von über 773 Millionen Euro erfolgte im Rahmen eines bereits 2020 geschlossenen Vertrags. Zusätzlich sorgte das Anlaufen taktischer Fahrzeugprogramme für Osteuropa für die starke Entwicklung. Insgesamt erzielte die Division 2024 einen Umsatz von 3,79 Milliarden Euro und übertraf damit das Vorjahr um 45,3 %. Auch die Profitabilität zog an: Die Gewinnmarge (EBIT-Marge) des Segments lag 2024 bei 11,2 %.
Boom in der Luftverteidigung: Rheinmetalls Electronic Solutions auf Wachstumskurs
Die Division Electronic Solutions von Rheinmetall entwickelt und produziert eine breite Palette an Technologien für die Luft- und Cyberverteidigung. Zu den wichtigsten Produkten gehören das mobile Flugabwehrsystem Skyranger 30, das Drohnen und andere Luftziele bekämpfen kann, sowie das stationäre Luftverteidigungssystem Skynex, das mit Hochenergielasern für den Schutz von kritischer Infrastruktur und Bodentruppen sorgt. Die Fertigung der elektronischen Systeme erfolgt unter anderem im Kompetenzzentrum Zürich. Darüber hinaus betreibt die Division Fertigungszentren in Oberndorf und Stockach in Deutschland sowie in Studen und Altdorf in der Schweiz.
>>> "Epoche der Aufrüstung": Rheinmetall profitiert von der Aufrüstung
Besonders der zunehmende Einsatz von Drohnen führte im Jahr 2024 zu einer stark wachsenden Nachfrage. Einen entscheidenden Beitrag leisteten zwei Großaufträge der Bundeswehr: die Beschaffung des mobilen Flugabwehrsystems Skyranger sowie des Luftverteidigungssystems für den Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS). Dieses Gemeinschaftsprojekt von Rheinmetall, Diehl Defence und Hensoldt Sensors zielt darauf ab, Bodentruppen besser vor Bedrohungen aus der Luft zu schützen. Zudem trieb die Lieferung zusätzlicher Skynex-Flugabwehrsysteme an europäische NATO-Staaten das Wachstum der Division. Insgesamt steigerte das Segment seinen Umsatz auf 1,73 Milliarden Euro, was einem Wachstum von 30,9 % entspricht. Die Gewinnmarge der Division lag bei 12,6 Prozent.
„Eine Epoche der Aufrüstung in Europa hat begonnen, die uns allen viel abverlangen wird. Sie bringt uns bei Rheinmetall für die kommenden Jahre aber auch Wachstumsperspektiven, wie wir sie noch nie erlebt haben.“Armin Papperger Vorstandsvorsitzender Rheinmetall
Kräftiges Wachstum auch für 2025 erwartet
Für das Geschäftsjahr 2025 erwartet Rheinmetall, dass der Umsatz auf Konzernebene um 25 bis 30 Prozent steigt. In den Segmenten Vehicle Systems und Weapon and Ammunition wird ein Zuwachs um 30 bis 35 Prozent prognostiziert, für Electronic Solutions sogar um 35 bis 40 Prozent. Einzig für die Division Power Systems erwartet das Unternehmen ein stagnierendes Umsatzniveau. Angesichts der positiven Geschäftsentwicklung plant Rheinmetall eine spürbare Erhöhung der Dividende: Aktionäre sollen 8,10 Euro pro Anteilsschein erhalten – ein Anstieg um 42% gegenüber dem Vorjahr.