Donald Trump : Warum wir keine Angst vor einem Handelskrieg und Trump-Zöllen haben müssen: Eine Datenanalyse
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US-Präsident Donald Trump plant neue Importzölle auf Waren aus der Europäischen Union. Ziel ist es, das Handelsdefizit der USA zu reduzieren und die heimische Industrie zu stärken. Besonders betroffen wären europäische Exporteure aus den Bereichen Automobil, Maschinenbau und Chemie.
Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump Strafzölle auf Stahl und Aluminium verhängt, woraufhin die EU mit Gegenzöllen reagierte. Ein neuer Zollstreit könnte den transatlantischen Handel massiv belasten. Während europäische Unternehmen Marktanteile in den USA verlieren könnten, drohen auch US-Verbrauchern steigende Preise. Sicher ist: Die wirtschaftlichen Folgen wären auf beiden Seiten spürbar.
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USA: Wichtigster und wachstumsstärkster Exportmarkt für die EU
Die USA sind für die Europäische Union der mit Abstand wichtigste Handelspartner. Laut der neuesten verfügbaren Daten von Eurostat exportierten die EU-Staaten im Jahr 2023 Waren im Wert von 503,8 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten. Auf Platz zwei der wichtigsten Abnehmerländer liegt das Vereinigte Königreich mit einem Exportvolumen von 336,2 Milliarden Euro, gefolgt von China mit 223,4 Milliarden Euro, der Schweiz mit 188,9 Milliarden Euro, der Türkei mit 111,4 Milliarden Euro und Japan mit 64,0 Milliarden Euro. Beim Wachstum europäischer Exporte belegt die USA den ersten Platz.
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Seit 2010 hat sich das Exportvolumen mehr als verdoppelt. Der Wert der exportierten Waren stieg um 148,3 Prozent. Selbst die Exporte in die Volksrepublik China konnten im Vergleichszeitraum nur um 112,5 Prozent zulegen. Die USA sind also nicht nur der wichtigste Abnehmer europäischer Produkte – sondern auch der Wachstumsstärkste. Dass diese Zahlen keinem US-Präsidenten, egal welcher politischen Richtung Freude machen, muss klar sein.
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Deshalb gilt es als nahezu sicher, dass die USA unter Trump nach den Handelssteuern auf Waren der Nachbarn Kanada und Mexiko auch Europa ins Visier nhemen wird. Europa hat mittlerweile Erfahrungen mit Zollstreitigkeiten mit den Vereinigten Staaten. Die erste von Trump geführte Regierung wollte das US-Handelsdefizit mit der EU reduzieren, unter anderem mit der Einführung von Zöllen auf Stahl und Aluminium.
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Gelungen ist das nicht, ganz im Gegenteil: Im Jahr 2017 exportierte die Europäische Union Waren im Wert von 324,1 Milliarden Euro in die USA. Vier Jahre später betrug das Exportvolumen 399,5 Milliarden Euro. Eine Steigerung um 23,2 Prozent und das trotz der Covid-Pandemie. Im selben Zeitraum erhöhten sich die Importe aus den USA nur um 14,3 Prozent, von 203,5 Milliarden Euro auf 232,6 Milliarden Euro. Im ersten Jahr der Biden-Regierung stiegen Export und Import aus den USA dramatisch – um sich danach auch konjunkturbedingt wieder zu normalisieren.
Der gescheiterte Versuch der ersten Trump-Regierung, das Handelsbilanzdefizit zu reduzieren, zeigt die Komplexität von Handelsbeziehungen. Diese werden primär von makroökonomischen Faktoren bestimmt, wie etwa den Wechselkursen oder der Investitionstätigkeit. Wenn ein Land mehr Güter verbraucht, als es selbst produziert, muss es die Differenz durch Importe ausgleichen – und zwar oftmals egal was es koste. An diesem Zusammenhang können auch Zölle nichts ändern.
Wie hat der Trump-Zoll auf Stahl konkret gewirkt?
Im Jahr 2018 erhob die US-Administration Zölle auf Stahl und Aluminium aus den USA im Ausmaß von 25 bzw. 10 Prozent. Insbesondere die Stahlexporte der EU reagierten massiv. Zwischen 2018 und 2020 reduzierten sich die Exporte in die USA um knapp 42 Prozent, die Exporte von Aluminium gaben im selben Zeitraum um 15 Prozent nach. Im Jahr 2021 einigten sich EU und USA - unter der Biden-Administration - auf eine Aussetzung der Zölle und ersetzten diese durch zollbefreite Quoten. Infolgedessen zogen die Exporte wieder kräftig an.
Das Zollregime der ersten Trump-Administration betraf weniger als 2 Prozent aller europäischen Exporte in die USA. Der Zoll auf Stahl- und Aluminium war, wenn auch medial groß berichtet wirtschaftlich eher eine Randnotiz. Ein Zoll auf alle eingeführten Waren aus der Europäischen Union hätte weitaus dramatischere Folgen.
Trump-Zölle: Wo ist Europa verwundbar?
Deshalb stellt sich die Frage: Welche Produktgruppen exportiert Europa in hohem Ausmaß in die USA – und wie ersetzbar sind diese für US-Kunden?
Die mit Abstand meist exportierten Güter in die USA sind Maschinen und Fahrzeuge. Knapp 44 Prozent aller europäischen Exporte entfallen auf diese Warengruppe. Im Jahr 2023 erzielten europäische Unternehmen auf dem US-Markt 207,8 Milliarden Euro. Neben den großen deutschen, französischen und italienischen Unternehmen wie Volkswagen, BMW, Renault oder Stellantis exportiert eine Vielzahl von mittelständischen Zulieferern direkt in die USA, oder ist indirekt vom US-Markt abhängig. Auch österreichische Hersteller sind hier stark exponiert: Unternehmen wie KTM oder BMW Motoren liefern direkt und eine Vielzahl von Unternehmen von Riesen wie der Voestalpine bis zu kleinen Zulieferern wie Pollmann haben Produktionsniederlassungen in Mexiko, die für den US-Markt produzieren.
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Weitere 29 Prozent aller EU-Exporte in die USA entfallen auf chemische Erzeugnisse. Dazu gehören medizinische und pharmazeutische Produkte, klassische chemische Produkte wie etwa Färb- und Lösemittel, aber auch Kunststoffe oder Kosmetikprodukte. Im Jahr 2023 exportierte die Europäische Union chemische Erzeugnisse im Wert von 139,1 Milliarden Euro in die USA. Laut Daten des Verbands der chemischen Industrie (VCI) entfallen davon rund 36,4 Milliarden Euro auf deutsche Exporte. Neben den klassischen Größen der Branche wie BASF, Bayer oder Fresenius wären auch etwa französische Kosmetik-Riesen wie L‘Oréal von Zöllen potentiell betroffen. Die stärksten Konsequenzen hätte jedoch Irland zu befürchten: rund 42 Prozent aller Exporte sind medizinische und pharmazeutische Produkte, etwa ein Drittel davon wird in die USA geliefert. Allein Pfizer unterhält in Irland vier Produktionsstandorte mit über 5.000 Mitarbeitern, ein Großteil der Waren wird exportiert. Primärer Bestimmungsort: Die Vereinigten Staaten.
Unter der Warengruppe „Sonstige bearbeitete Waren“ werden etwa sanitäre Anlagen, Beleuchtungen, Heizungskomponenten, Möbel, Bekleidung und Schuhe sowie Uhren und fotografische Apparate zusammengefasst. In Summe exportierte die Europäische Union im Jahr 2023 Güter im Wert von 103,6 Milliarden Euro in die USA. Eine Vielzahl von Möbel-, Kleidungs-, Uhren- und Bauteilhersteller teilen sich die Exporterlöse. Zölle müssten ausgesprochen feingliedrig erfolgen. Da den EU-Exporten auch hohe Importe aus den USA gegenüberstehen, wären etwaige Gegenmaßnahmen der EU schmerzhaft für die US-Industrie. Auf Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren entfallen weniger als 5 Prozent der Exporte in die USA.
EU-Zölle: Wo sind die USA verwundbar?
Trotz wortgewaltiger Rhetorik sind die Möglichkeiten des US-Präsidenten, das US-Handelsdefizit mittels Zöllen zu reduzieren, nicht unumschränkt. Zölle und Zolldrohungen sind wohl auch als Druckmittel in einer transaktionalen Beziehung zu verstehen. Doch was will Trump? Trump will die EU zu Zugeständnissen bewegen, die nur bedingt mit der Exportindustrie zu tun haben. Eine der Forderungen Trumps ist, die EU solle höhere Mengen an Flüssiggas aus den USA beziehen.
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Die Energieimporte der Europäischen Union aus den USA sind ohnehin auf einem historischen Höchst- stand. Im Jahr 2023 kaufte die EU mineralische Brennstoffe im Wert von 85,7 Milliarden Euro; im Vergleich zum Jahr 2020 eine Steigerung um 335 Prozent. Der Ukrainekrieg und die Sanktionen auf russische Energieimporte sorgten dafür, dass europäische Unternehmen verstärkt Flüssiggas (LNG) aus den USA nachfragten. Zwar sind die USA inzwischen Europas Hauptlieferant für LNG. Allerdings stammen laut Europäischen Rat noch immer knapp 15 Prozent der gesamten Gasimporte der EU aus Russland.
Mehr Flüssiggas aus den USA zu importieren könnte ein Weg sein, in Verhandlungen mit dem amerikanischen Präsidenten einzusteigen. Das langfristige Ziel Trumps dürfte die Ansiedelung gewisser Teile jener Produktionswertschöpfungskette sein, die derzeit in Mexiko aber auch in Kanada, Europa und vor allem China gelandet ist. Ob eine breite Einführung von Zöllen dies leisten kann ist ungewiss: Denn die Attraktivität des Hochlohnlandes USA, mit schwachem allgemeinen Bildungswesen und nahezu keiner breiten Ingenieursausbildung als Produktionsstandort ist beschränkt. Und selbst wenn Konzerne davon überzeugt wären, dass die nun eingeführten Zölle permanent sind – und damit die Spielregeln ändern: Eine Ansiedelung dauert Jahre. Bis dahin werden wohl US-Konsumenten die Zeche zahlen.