Bauwirtschaft in der Krise : „Von den zwei Milliarden ist nichts angekommen“ – Baumit-Chef Bursik kritisiert Baupaket der Regierung
Georg Bursik, Geschäftsführer von Baumit Österreich, äußerte scharfe Kritik an der Umsetzung des milliardenschweren Baupakets der Regierung. In Bezug auf das im Februar angekündigte Programm sagte er: „Tatsache ist, dass von dem Zwei-Milliarden-Paket nichts angekommen ist." Besonders bei den gemeinnützigen Wohnbauträgern sei "überhaupt nichts" angekommen, erklärte Bursik in einem Interview mit der APA, während nur ein kleiner Teil der Gelder die privaten Bauherren erreichte.
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Das Baupaket, das von der Regierung angekündigt wurde, versprach Investitionen von über zwei Milliarden Euro bis 2027, um der angeschlagenen Baubranche zu helfen. Bursik lobte zwar die Verdreifachung des Sanierungsbonus als "tolle Aktion", bemängelte jedoch die mangelnde Bekanntmachung der Förderung. Er sehe es als Aufgabe der Ministerien, hier für mehr Aufmerksamkeit zu sorgen. Den bürokratischen Aufwand bei der Antragstellung bewertete er als "in Ordnung".
Kritik an der KIM-Verordnung
Deutliche Kritik äußerte Bursik zudem an der sogenannten KIM-Verordnung, die strenge Vorschriften für die Vergabe von Immobilienkrediten festlegt. Insbesondere die Grenze von 40 Prozent der maximalen Schuldendienstquote sieht er kritisch. Er forderte mehr Eigenverantwortung für Privatpersonen, besonders bei höheren Einkommen: "Man kann ruhig auch mehr als 40 Prozent aufwenden."
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Während Bursik im Februar für das Jahr 2024 noch ein "herausforderndes Jahr" prognostizierte, fiel sein Zwischenfazit mittlerweile deutlich negativer aus: Die Lage sei "schlechter als herausfordernd". Eine Erholung der Bauwirtschaft hänge seiner Meinung nach von der allgemeinen Wirtschaftslage ab. Er betonte jedoch, dass Zuversicht für eine schnellere Verbesserung entscheidend sei, sehe jedoch momentan keine Hinweise darauf, dass sich die Situation bald ändern werde. Eine Stabilisierung der Branche sei besonders wichtig, da sie als wirtschaftlicher Stützpfeiler fungiere. "Wir brauchen Wohnraum für die Menschen, die nach Österreich zuziehen", unterstrich Bursik.
Auch Philipp Schrangl, FPÖ-Bautensprecher, kritisierte in einer Aussendung die Umsetzung des Baupakets. "Entscheidend wäre gewesen, die Länder als Fördergeber von Anfang an einzubinden", so Schrangl. Zudem sei das Baupaket der Regierung zu spät gekommen. Er plädierte für einen Bundeszuschuss zur Wohnbauförderung, um diese auf ein Prozent des BIP zu erhöhen, und forderte die Wiederbelebung der Wohnbauinvestitionsbank, um günstige Finanzierungsmöglichkeiten zu sichern.
Bau- und Wohnpaket der Bundesregierung 2024
Die österreichische Bundesregierung hat im Jahr 2024 ein umfangreiches Bau- und Wohnpaket beschlossen, um den Herausforderungen im Wohnungsmarkt entgegenzutreten und die Bauwirtschaft zu unterstützen. Mit einem Volumen von insgesamt 2,2 Milliarden Euro verfolgt das Paket mehrere zentrale Ziele: die Baukonjunktur zu stützen, leistbaren Wohnraum zu schaffen, Eigentumserwerb zu erleichtern und die Sanierung von Bestandswohnungen zu fördern.
Ein wichtiger Bestandteil des Pakets ist die Bereitstellung von einer Milliarde Euro für den Bau von 10.000 neuen Mietwohnungen und 10.000 Eigentumswohnungen bis 2026. Zusätzlich werden rund 5.000 Wohnungen saniert. Dadurch soll die Schaffung von Wohnraum für etwa 44.000 Menschen ermöglicht werden. Ein besonderer Fokus liegt auf dem gemeinnützigen Wohnbau, der maßgeblich dazu beitragen soll, Wohnraum leistbar zu halten und gleichzeitig Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft zu sichern. Zur Erleichterung des Eigentumserwerbs werden für zwei Jahre die Nebengebühren für Grundbuch- und Pfandrechtseinträge bei Eigenheimen bis zu einem Wert von 500.000 Euro abgeschafft. Zudem werden Landesdarlehen mit einem maximalen Zinssatz von 1,5 % gefördert. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Zugang zu Eigentum zu erleichtern und die Eigentumsquote in Österreich zu steigern.
Ein weiterer Aspekt des Pakets ist die Einführung einer Leerstandsabgabe, die den Ländern mehr Möglichkeiten zur Wohnraummobilisierung geben soll. Zudem werden ökologische Sanierungen steuerlich begünstigt, um die Klimaziele zu unterstützen. Der Handwerkerbonus wird wieder eingeführt und fördert Renovierungsarbeiten bis zu 10.000 Euro mit einem Zuschuss von 20 %
KOMMENTAR
Das Bau- und Wohnpaket der österreichischen Bundesregierung 2024 markiert einen wichtigen Schritt in Richtung leistbaren Wohnens und wirtschaftlicher Stabilisierung. Besonders in Zeiten, in denen Wohnraum für viele Menschen unerschwinglicher wird, bietet das Paket eine dringend benötigte Entlastung. Mit der Förderung von 10.000 neuen Miet- und 10.000 Eigentumswohnungen sowie der Sanierung von 5.000 bestehenden Einheiten zeigt die Regierung zumindest den Willen, auf die drängendsten Probleme des Wohnungsmarktes zu reagieren.
Doch trotz dieser positiven Impulse stellt sich die Frage, ob diese Maßnahmen ausreichen, um den tiefgreifenden Herausforderungen wirklich gerecht zu werden. Während der gemeinnützige Wohnbau zwar gestärkt wird, bleibt der Fokus auf Neubauten problematisch. Der Bodenverbrauch in Österreich hat bereits jetzt ein kritisches Niveau erreicht. Es wäre weitsichtiger gewesen, stärker auf nachhaltige Sanierungen und die Wiederbelebung bestehender, oft leerstehender Wohnräume zu setzen. Die Einführung einer Leerstandsabgabe mag ein Schritt in die richtige Richtung sein, doch ohne umfassendere Maßnahmen zur Eindämmung von Spekulation bleibt sie weitgehend symbolisch.
Besonders positiv hervorzuheben sind jedoch die Maßnahmen zur ökologischen Sanierung. Die steuerlichen Anreize zur thermischen Sanierung und der „Ökozuschlag“ spiegeln das wachsende Bewusstsein für klimafreundliches Bauen wider. Doch auch hier hätte die Regierung mutiger vorangehen können, indem sie nachhaltige Bauweisen und innovative Wohnkonzepte stärker fördert.
Trotz aller lobenswerten Aspekte des Pakets bleibt ein fader Beigeschmack: Der Vorstoß könnte ambitionierter sein. Die soziale Schieflage am Wohnungsmarkt ist tiefgreifend, und ohne strukturelle Veränderungen – etwa durch eine noch strengere Regulierung des Immobilienmarktes und eine klare Priorisierung von gemeinnützigen und ökologischen Projekten – bleibt die Gefahr, dass die Ungleichheit weiter wächst.