Trump, Zölle und Industrie : Unternehmer Günter Eichhübl: "Trump wird viele Ballone aufsteigen lassen"

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Wir Akteure in Europa, aus Wirtschaft und Gesellschaft, werden angehalten sein, unsere eigenen, individuellen und punktuellen Strategien zu entwickeln und umzusetzen, wie mit dem Phänomen Trump und seinem nun mit voller Macht ausgestatteten Umfeld umzugehen sein wird. Bevor wir jedoch im Spekulieren und Diskutieren zu viel Zeit verlieren, kann unsere Anstrengung wohl nur lauten: Schauen wir in den Spiegel der aktuellen Weltpolitik und rücken wir in Europa, das heißt in der EU, wie auch im geografischen Europa, noch viel näher zusammen, als wir es gegenwärtig sind. Es klaffen weiße Flecken sowohl auf der Landkarte als auch bei der gemeinschaftlichen Agenda, die uns schwächer wirken lassen, als wir es eigentlich wären.

Europa ist ein Erfolgsmodell

Jetzt, und zwar genau jetzt, ist der Zeitpunkt gekommen, das Konzept EU weiter zu schärfen, auf nationale Allmacht zugunsten gemeinsamer Stärke zu verzichten und klar zu kommunizieren: Wir sind als EU immer noch einer der drei stärksten Wirtschaftsräume auf diesem Globus. Wer hier dabei ist oder künftig dabei sein will, muss in die Hände spucken. Wer Partner sein will, ebenso. Geschenkt gibt es unter dem Strich nichts und wir brauchen auch keine Geschenke. Aber im Gegenzug dazu gibt es Freiheiten und Garantien, die in dieser klar kodifizierten Form nicht der Standard im globalen Wirtschaftsgeschehen sind.

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Die Europäische Spitzenpolitik möge Herrn Trump ausrichten: Der künftige Präsident und seine Administration mögen entscheiden, ob sie auf den Wirtschaftsmotor EU verzichten wollen, oder mit diesem weiterhin eng verbunden bleiben wollen. „It’s up to you, Mr. President“. Aktuelle Schwächen in der Europäischen Performance sind von vorübergehender Natur. Spitzenleistungen in Forschung, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft, gepaart mit einem gesunden Selbstbewusstsein, politischer Stabilität und einem hohen Maß an individuellen Freiheiten, das ist das, was wir bieten können. Wer soll da etwas dagegen haben?

Trump
Donald Trump im Juni bei einer Wahlkampfveranstaltung in Racine, Wisconsin. - © Jeffrey Phelps / AP / picturedesk.com

Trittbrettfahrer ohne Fahrkarte?

Die Frage ist nicht zufällig gewählt. Furcht ist immer ein schlechter Ratgeber, gewiss. Aber sie macht hellhörig und spannt die Sinne. Innerhalb unserer EU27 und ich wähle die Formulierung bewusst markant, gibt es auf allen Ebenen politische Akteure, die die nationale Eigenstaatlichkeit im Glauben vermeintlicher Entscheidungsfreiheiten hochhalten. Diese Akteure sind gefährlich! Und offen gesagt: Vor diesen Leuten fürchte ich mich mehr als vor einem künftigen Präsidenten Trump. An diesen fehlgeleiteten Stellen müssen sowohl die nationalen Politiker als auch die EU-Politik ansetzen, damit wir das zuvor zitierte Selbstbewusstsein glaubhaft über den Atlantik bringen. Wer ausschert, der gehört zurückgepfiffen und nicht beklatscht.

Trump wird mit hoher Wahrscheinlichkeit viele Ballone aufsteigen lassen, die am Horizont verschwinden. Nicht alle, denn ganz ohne Erfolge wird er seine 4 Jahre an der Macht nicht hergeben. Ich aber appelliere an uns selbst und unsere gewählten Politiker in der EU, diese 4 Jahre zu nützen, um das Schiff Europäische Union unabhängiger, stärker, unverwundbarer und global fit zu machen. Auf die Aufzählung konkreter Handlungsfelder verzichte ich, wir kennen diese bestens. „Just do it“.