Rüstungsindustrie : Rheinmetall boomt dank Kriegswirtschaft – Auftragsrekord trotz schwacher Autonachfrage

Rheinmetall Panzer vor Firmenzentrale

Rheinmetall-Zentrale in Düsseldorf: Mit gepanzerten Fahrzeugen und milliardenschweren Aufträgen zählt der Konzern zu den Gewinnern der sicherheitspolitischen Zeitenwende.

- © Rheinmetall

Die deutsche Rüstungsfirma Rheinmetall profitiert weiter massiv vom globalen Verteidigungsboom: Im ersten Halbjahr 2025 stieg der Umsatz um satte 24 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro, das operative Ergebnis kletterte auf 475 Millionen Euro – ein Plus von 18 Prozent. Der Auftragsbestand erreichte mit 63 Milliarden Euro einen historischen Höchstwert.

„Unsere Bücher sind voll – und sie werden sich weiter füllen“, sagte Konzernchef Armin Papperger. Sein Ziel ist klar: Rheinmetall soll zum globalen Rüstungschampion aufsteigen.

Weniger erfreulich läuft es im zivilen Bereich: Vor allem das Geschäft mit der Autoindustrie sowie Anlaufkosten für neue Werke – etwa in Weeze – drücken auf die Marge. Die operative Ergebnismarge sank leicht auf zehn Prozent.

Trotzdem bleibt der Ausblick stabil: Die Jahresprognose wurde bestätigt.

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine erlebt die europäische Rüstungsindustrie eine Zeitenwende – und Rheinmetall steht dabei an vorderster Front.

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Unsere Bücher sind voll – und sie werden sich weiter füllen
Armin Papperger Vorstandsvorsitzender Rheinmetall

Rheinmetall sichert sich 450-Millionen-Auftrag aus Schweden – Skandinavien rüstet auf

Rheinmetall und der norwegische Partner Nammo haben einen Großauftrag vom schwedischen Verteidigungsministerium erhalten: Für umgerechnet rund 450 Millionen Euro liefert das Rüstungsduo Munition nach Schweden. Laut Verteidigungsminister Pål Jonson soll der Auftrag die nationale Sicherheit stärken – und Schwedens Fähigkeit zur NATO-Integration verbessern.

Auch in Skandinavien, Deutschland und Polen steigen die Verteidigungsbudgets – viele NATO-Staaten steuern auf das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses zu. Doch nicht nur in Europa wächst die Nachfrage nach Rüstungsgütern: Auch in Ostasien treiben Spannungen und geopolitische Unsicherheiten die Aufrüstung voran – etwa in Südkorea, Japan und Taiwan.

Um die wachsende Nachfrage bedienen zu können baut Rheinmetall seine Produktionskapazitäten massiv aus: In Deutschland, Ungarn und der Slowakei entstehen neue Werke für Panzer, Munition und Hightech-Systeme. Der Konzern, bekannt für Kampfpanzer wie den Leopard 2 und den Schützenpanzer Puma, setzt zusätzlich auf Innovation: KI-gesteuerte Verteidigungssysteme, Drohnenlösungen und digitale Gefechtsfeldkommunikation sollen das Portfolio in Richtung „Armee der Zukunft“ erweitern.

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Der Leopard 2 gilt als Rückgrat westlicher Panzerverbände – und spielt eine Schlüsselrolle in der europäischen Sicherheitsstrategie.

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Rheinmetall im Überblick – vier Divisionen für Kriegstechnologie und Hightech-Lösungen

Mit seinen vier Geschäftsbereichen deckt das Unternehmen zentrale Felder moderner Verteidigungs- und Sicherheitstechnik ab:

  • Vehicle Systems entwickelt und produziert gepanzerte Fahrzeuge – vom Schützenpanzer bis zum Versorgungsfahrzeug.
  • Weapon and Ammunition liefert das gesamte Spektrum an Waffensystemen und Munition – von Handfeuerwaffen bis zur Artillerie.
  • Electronic Solutions konzentriert sich auf Sensorik, Feuerleittechnik und digitale Kommunikation für vernetzte Gefechtsfelder.
  • Power Systems stellt effiziente Antriebe für militärische und zivile Anwendungen bereit.

Sorgenkind Auto: Rheinmetall rüstet schwächelnde Standorte auf Rüstung um

Während Rheinmetall im Rüstungsgeschäft boomt, bereitet das Automobilsegment zunehmend Sorgen. In der Division Power Systems produziert der Konzern weltweit Komponenten für VerbrennungsmotorenEmissionsreduktionBatteriemanagement und Brennstoffzellentechnologie – etwa unter der Marke Pierburg in Deutschland, China, Mexiko und weiteren Ländern.

Doch der schwache Automarkt fordert seinen Tribut: 2024 sank der Umsatz im Bereich Power Systems um 2,2 Prozent auf 2,04 Milliarden Euro, die Gewinnmarge fiel auf nur noch 4,2 Prozent.

Die Folge: Rheinmetall zieht die Konsequenz – und rüstet um. Die Werke in Neuss und Berlin wurden bereits für die Munitionsproduktion angepasst, Beschäftigte teilweise umgeschult. Weitere zivile Standorte könnten folgen, sollte sich die Auftragslage nicht erholen.

Der Trend ist klar: Der Technologiekonzern passt sich dem neuen Nachfrageprofil an – weg vom Pkw-Zulieferer, hin zum Verteidigungsanbieter mit globaler Ausrichtung.

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Eine Epoche der Aufrüstung in Europa hat begonnen, die uns allen viel abverlangen wird. Sie bringt uns bei Rheinmetall für die kommenden Jahre aber auch Wachstumsperspektiven, wie wir sie noch nie erlebt haben.
Armin Papperger Vorstandsvorsitzender Rheinmetall

Rheinmetall liefert Rekordmengen – Munitionsgeschäft boomt wie nie zuvor

Die Division Weapon and Ammunition bleibt das Zugpferd von Rheinmetall: 2024 stieg der Umsatz um satte 58,5 Prozent auf 2,78 Milliarden Euro, bei einer Gewinnmarge von 28,4 Prozent. Der Rüstungskonzern zählt weltweit zu den führenden Anbietern von Groß- und Mittelkaliberwaffen samt zugehöriger Munition.

Haupttreiber des Wachstums ist die explodierende Munitionsnachfrage in Europa – insbesondere durch Direktlieferungen an die Ukraine, die sich 2024 auf 609 Millionen Euro beliefen. Eine Schlüsselrolle spielt die spanische Tochter Rheinmetall Expal Munitions, deren Umsatz sich binnen eines Jahres fast vervierfachte – von 171 auf 658 Millionen Euro.

Auch NATO-Bestellungen aus Deutschland und anderen EU-Staaten legten kräftig zu – ein gemeinsamer Zuwachs von 294 Millionen Euro.

Standorte in Deutschland, den Niederlanden und Österreich sorgen für die hohe Lieferfähigkeit. In Schwanenstadt produziert die österreichische Tochtergesellschaft unter anderem 40-mm-Munition mit Spezialwirkung.

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Panzer, Haubitzen, Hightech: Rheinmetalls Fahrzeug-Sparte wächst rasant

Rheinmetalls Division Vehicle Systems boomt – getrieben von einem milliardenschweren Bundeswehr-Auftrag und wachsender Nachfrage aus Osteuropa. 2024 stieg der Umsatz um 45,3 Prozent auf 3,79 Milliarden Euro, die EBIT-Marge kletterte auf 11,2 Prozent.

Ein zentraler Wachstumstreiber war die Auslieferung von 1.515 Logistikfahrzeugen an die Bundeswehr – Teil eines Großauftrags im Wert von über 773 Millionen Euro. Parallel liefen neue Programme für taktische Militärfahrzeuge in Osteuropa an.

Die Division bündelt die Entwicklung und Produktion von gepanzerter Ketten- und Radfahrzeugtechnik, darunter der Lynx Schützenpanzer, die Panzerhaubitze 2000 und das leichte Wiesel-Fahrzeugsystem.

Neu an Bord ist der österreichische Spezialmotorenhersteller Steyr Motors, der eine mehrjährige Entwicklungs- und Liefervereinbarung mit Rheinmetall abgeschlossen hat – möglicherweise zur Ausrüstung künftiger Kampfpanzer vom Typ Panther oder Leopard.

Auch das Joint Venture Rheinmetall MAN Military Vehicles in Wien-Liesing, mit einem Jahresumsatz von knapp 95 Millionen Euro, trägt mit hochgeländegängigen Spezialfahrzeugen zur Erfolgsbilanz bei.

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Fabrik für die F-35: In Rheinmetalls neuem Werk im nordrhein-westfälischen Weeze entstehen künftig zentrale Rumpfkomponenten für das modernste Kampfflugzeug der NATO.

- © Rheinmetall

Rheinmetall wächst mit Drohnenabwehr und Lasersystemen – Electronic Solutions boomt

Rheinmetalls Luftverteidigungssparte legt kräftig zu: Die Division Electronic Solutions steigerte 2024 ihren Umsatz um 30,9 Prozent auf 1,73 Milliarden Euro, bei einer Gewinnmarge von 12,6 Prozent. Grund dafür ist die rasant steigende Nachfrage nach Technologien zur Drohnenabwehr und Luftverteidigung.

Besonders gefragt waren das mobile Flugabwehrsystem Skyranger 30 sowie das modulare System Skynex, das mit Hochenergielasern kritische Infrastruktur und Truppen schützt. Die Bundeswehr bestellte 2024 gleich zwei Großprojekte: Skyranger sowie das neue Nah- und Nächstbereichsschutz-System (NNbS), ein Gemeinschaftsvorhaben mit Diehl Defence und Hensoldt.

Auch mehrere europäische NATO-Staaten orderten zusätzliche Skynex-Systeme, was das Wachstum weiter beschleunigte. Die Fertigung erfolgt unter anderem im Kompetenzzentrum Zürich, sowie in Oberndorf, Stockach, Studen und Altdorf.

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Rheinmetall als Profiteur einer neuen sicherheitspolitischen Ära

Rheinmetall hat sich in wenigen Jahren vom klassischen Rüstungslieferanten zum strategischen Schlüsselakteur europäischer Verteidigung entwickelt – mit vollen Auftragsbüchern, starker Profitabilität und wachsender globaler Präsenz.

Während die zivile Sparte schwächelt, treibt der geopolitische Umbruch die Rüstungssparte in neue Dimensionen: Drohnenabwehr, Munition, Panzertechnik und digitale Gefechtsfeldlösungen sorgen für Rekordumsätze – und für politische Debatten über Kriegswirtschaft, Standortstrategien und Europas sicherheitspolitische Eigenständigkeit.

Der Konzern passt sich dynamisch an – technologisch, strukturell und strategisch. Ob sich dieser Kurs langfristig auszahlt, wird nicht nur am Markt entschieden, sondern vor allem auf dem geopolitischen Spielfeld.