EU Handelsabkommen : Mercosur als strategische Alternative: Wie das EU-Handelsabkommen zur Antwort auf US-Zölle werden könnte

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Mercosur-Abkommen: Noch ist die heimische Regierung in Brüssel verpflichtet, gegen den Pakt aufzutreten.

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Die Debatte um das geplante Mercosur-Handelsabkommen sorgt in Österreich erneut für große Aufregung. Angesichts der Unsicherheiten im Zuge der neuen US-Zölle will die EU den Abschluss eines Handelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten vorantreiben, das in Österreich bisher stets sehr umstritten war. Zwischen Befürwortern und Gegnern verläuft eine klare Linie – mit der Industrie und Exportwirtschaft auf der einen Seite, Agrarvertretern und Umweltschützern auf der anderen. Auch unter den politischen Parteien herrscht Uneinigkeit: Lediglich die NEOS befürworten das Abkommen ausdrücklich. Die FPÖ und die Grünen lehnen es entschieden ab, die SPÖ zeigt sich kritisch, während die ÖVP in dieser Frage gespalten ist.

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"Wir werden viel Zeit und Energie zusammen mit den Mitgliedstaaten investieren, um das Abkommen abzuschließen", sagte nun am Freitag ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel. Das wäre eine große Gelegenheit. Unter den einflussreichen EU-Mitgliedsstaaten zählt Frankreich weiterhin zu den kritischsten Stimmen gegenüber dem von der EU-Kommission im Dezember erzielten Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Die Regierung in Paris äußert seit Monaten Vorbehalte, insbesondere mit Blick auf potenzielle Wettbewerbsnachteile für die französische Landwirtschaft.

Doch es zeichnet sich eine leichte Kurskorrektur ab: Im Zuge der jüngsten handelspolitischen Spannungen mit den USA – unter anderem nach einer neuen Zollrunde durch Ex-US-Präsident Donald Trump – hat sich Frankreich gemeinsam mit zehn weiteren EU-Staaten an Beratungen über mögliche Lösungsansätze beteiligt. Diese Gespräche deuten auf einen zunehmenden Willen hin, europäische Handelspartnerschaften strategisch neu zu denken und breiter aufzustellen.

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Was ist Mercosur?

Mercosur – kurz für „Gemeinsamer Markt Südamerikas“ (spanisch), portugiesisch Mercosul – umfasst derzeit vier Mitgliedsstaaten: Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Venezuela ist suspendiert, Bolivien strebt den Beitritt an. Assoziierte Staaten sind Chile, Peru, Kolumbien und Ecuador. Beobachterstatus genießen Mexiko und Neuseeland. Die Institutionen des Mercosur haben ihren Sitz in Montevideo, Uruguay.

Österreichs Wirtschaftsinteresse: 32.000 Arbeitsplätze durch Handelsbeziehungen

Befürworter wie die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer betonen die Bedeutung des Mercosur für den österreichischen Arbeitsmarkt. Aktuell sichern die wirtschaftlichen Beziehungen mit den Mercosur-Staaten mehr als 32.000 Arbeitsplätze in Österreich. Über 1.400 heimische Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen in die Region, mehr als 260 davon verfügen über Niederlassungen vor Ort – die meisten in Brasilien.

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Allerdings stagniert die Zahl der Niederlassungen seit Jahren. Das bestätigen selbst Befürworter, die sich auf Daten von 2020 berufen. Mit einem erfolgreichen Abschluss des Abkommens erhofft sich die Industrie neue wirtschaftliche Impulse und zusätzlichen Absatz. Ein Scheitern des Deals könnte hingegen die Versorgung mit wichtigen Rohstoffen – etwa für Solarpanels und Windkraftanlagen – gefährden.

Auf der Gegenseite stehen Umweltorganisationen und landwirtschaftliche Interessensvertretungen. Kritiker warnen vor einer weiteren Abholzung des Amazonas-Regenwalds sowie der Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Der befürchtete Import großer Mengen billigen Rindfleischs aus Südamerika ist ein weiterer Streitpunkt.

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„Rindfleisch-Mythos“: Importmengen klar begrenzt

Die Wirtschaftskammer Österreich versucht hier zu beruhigen. Sie bezeichnet die Sorge um massenhafte Billigfleischimporte als „Mythos“: „Dass billiges Rindfleisch in überbordenden Mengen nach Österreich kommen würde“, sei unbegründet. Laut der bisher bekannten Vereinbarungen – der Vertragstext ist öffentlich nicht einsehbar – soll für alle vier Mercosur-Länder gemeinsam eine jährliche Importquote von 99.000 Tonnen Rindfleisch gelten, bei einem Zollsatz von 7,5 Prozent.

Diese Quote teilt sich auf in 55 Prozent frisches und 45 Prozent gefrorenes Fleisch. Alles, was über diese Mengen hinausgeht, würde mit regulärem EU-Drittlandszoll belegt. Umgerechnet auf Österreichs Bevölkerungsgröße ergibt sich laut Schätzungen ein zusätzliches Rindfleischvolumen von etwa 221 Gramm pro Kopf – also rund ein Steak pro Jahr.

Neben Rindfleisch ist auch Geflügel Bestandteil der Handelsverhandlungen. Geplant ist ein zollfreies Importkontingent von 180.000 Tonnen, das schrittweise über fünf Jahre eingeführt werden soll. Dieses Volumen entspreche laut früheren Angaben etwa 1,2 Prozent des derzeitigen Verbrauchs. Bereits jetzt stammen über die Hälfte der jährlich 800.000 Tonnen Geflügelimporte der EU aus den Mercosur-Staaten. Gleichzeitig exportiert die EU rund 1,6 Millionen Tonnen Geflügel, wodurch ein stabiler Handelsüberschuss von 800.000 Tonnen entsteht.

Brasilien als bedeutender Zuckerexporteur erhält im Rahmen des Abkommens kein zusätzliches Importkontingent. Derzeit sind bereits 180.000 Tonnen Zucker zollfrei in die EU einführbar. Paraguay soll künftig 10.000 Tonnen zusätzlich liefern dürfen, sofern das Abkommen ratifiziert wird. Spezialzucker bleibt davon ausgenommen.

Wieviel Fleisch darf künftig aus den Mercosur-Staaten nach Europa importiert werden?

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Politische Lage in Österreich: Brüssel-Stimme gegen Mercosur

Die österreichische Bundesregierung ist aktuell auf EU-Ebene verpflichtet, dem Mercosur-Abkommen nicht zuzustimmen. Grundlage dafür ist ein Parlamentsbeschluss aus dem Jahr 2021. Sollte sich jedoch eine neue politische Mehrheit finden, könnte sich die Haltung Österreichs ändern.

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Neben wirtschaftlichen Erwägungen führen Befürworter auch geopolitische Gründe ins Feld. Ein Abschluss des Mercosur-Handelsabkommens liege im strategischen Interesse der EU – insbesondere angesichts protektionistischer Maßnahmen der USA unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump, wie etwa Strafzöllen.

Zudem will die europäische Automobilbranche ihre Präsenz in Südamerika ausbauen – ein Ziel, das auch für österreichische Autozulieferbetriebe von Bedeutung ist.