Stellenabbau Lenzing : Lenzing-Standort unter Druck: Spardruck gefährdet 500 Jobs

Bei Lenzing steht der Abbau von 500 Stellen in Oberösterreich im Raum
- © TEAM FOTOKERSCHI/WERNER KERSCHBABeim börsennotierten oberösterreichischen Faserhersteller Lenzing AG droht ein weiterer umfassender Personalabbau. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge könnten bis zu 500 Arbeitsplätze wegfallen – vor allem am Hauptsitz im oberösterreichischen Lenzing (Bezirk Vöcklabruck), wo rund 3.000 der insgesamt 7.700 Mitarbeitenden beschäftigt sind.
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Der Stellenabbau soll in zwei Etappen erfolgen. Noch im laufenden Jahr könnten etwa 200 Stellen wegfallen, etwa 70 Prozent davon im Angestelltenbereich, der Rest entfällt auf Arbeiter. In einem zweiten Schritt plant das Unternehmen, Verwaltungsfunktionen ins Ausland zu verlagern – unter anderem nach Tschechien und Indien. Laut Lenzing-Betriebsrat könnten davon weitere 300 Beschäftigte betroffen sein.
„Das ist eine Katastrophe – das vierte Abbauprogramm in vier Jahren“, sagte Betriebsratschef Stephan Gruber gegenüber den Oberösterreichischen Nachrichten. In einem Interview mit dem ORF Oberösterreich ergänzte er: „Wir reden von Einsparungen von insgesamt 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Für uns, die Region und unseren Standort ist das eine Katastrophe. Uns ist bewusst, dass wir nicht alle Arbeitsplätze retten können. Wir hoffen aber doch auf einen beträchtlichen Teil.“
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„Kurzsichtig und unfair“: Belegschaft reagiert empört auf Abbaupläne
Am heutigen Montagmorgen herrschte angespannte Stimmung auf dem Werksgelände von Lenzing: Die Belegschaftsvertretung hatte zu einer nicht öffentlichen Betriebsversammlung geladen, während parallel auch der Aufsichtsrat des Unternehmens tagte. Die Beschäftigten erwarteten mit großer Anspannung Informationen über den angekündigten Stellenabbau.
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Laut dem stellvertretenden Angestellten-Betriebsratsvorsitzenden Michael Bichler seien der Belegschaftsvertretung bereits 500 abzubauende Stellen im Verwaltungsbereich avisiert worden. Etwa 200 dieser Jobs sollen bereits im Herbst 2025 wegfallen, die restlichen in den kommenden zwei Jahren. Besonders betroffen seien Verwaltungsfunktionen, die nach Indien oder Tschechien ausgelagert werden könnten, um Kosten zu reduzieren. „Die Beschäftigten haben das Unternehmen durch die Krise getragen“, unterstrich Bichler. Den geplanten Personalabbau bezeichnete er als „kurzsichtig“, denn „langfristig werden die externen Kosten für Fremdleistungen explodieren“. Statt neuer Sparprogramme forderte er gezielte Zukunftsinvestitionen: „Wir brauchen Investitionen am Standort und nicht jedes halbe Jahr ein neues Kostensenkungsprogramm.“
Lenzing betont Kostendruck und Asien-Konkurrenz
Eine offizielle Bestätigung oder ein Dementi des Unternehmens steht noch aus. In einer schriftlichen Stellungnahme erklärte die Lenzing AG: „Seit dem Start unseres Performance-Programms 2023 hat der Vorstand die Lenzing-Gruppe schlanker aufgestellt, den Verschuldungsgrad reduziert und erfolgreiche Refinanzierungen umgesetzt. Dennoch sehen wir, dass es wesentlicher weiterer Maßnahmen bedarf, um auf die ausbleibende Markterholung und den intensiven Wettbewerb in Asien zu reagieren. Hier führen wir aktuell intensive Gespräche im Konzern mit dem Ziel, primär die Kostenstruktur der Lenzing-Gruppe weiter zu optimieren.“
Bereits bei der Präsentation der Halbjahreszahlen Anfang August hatte CEO Rohit Aggarwal einen möglichen Stellenabbau auf Nachfrage nicht ausgeschlossen.
Betriebsversammlung soll Klarheit bringen: Resolution gegen Sparpläne geplant
Konkretere Informationen könnten am späteren Montag folgen, wenn sowohl eine Betriebsversammlung als auch eine Sitzung des Aufsichtsrats stattfinden. Arbeitnehmervertreter wollen dann gemeinsam mit der Arbeiterkammer und mehreren Bürgermeistern der Region eine Resolution gegen die Sparpläne einbringen.
Im Raum steht ein Widerspruch zu früheren Aussagen: Noch im April hieß es bei einer Betriebsversammlung, dass Einsparungen in Höhe von 180 Millionen Euro bei gleichbleibender Belegschaft erfolgen sollten. Bereits im Vorjahr hatte das Unternehmen 130 Millionen Euro eingespart und dabei rund 500 Stellen abgebaut.
Gottfried Lichtenberger, stellvertretender Geschäftsführer der GPA Oberösterreich, betonte, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien „motiviert zu zeigen, wie wichtig es ist, dass die Arbeitsplätze gehalten werden“. Zugleich verwies er auf die hohe Kompetenz der Beschäftigten: „Wir reden von Menschen“, sagte Lichtenberger, und hob deren „jahrelange Erfahrung und die Bereitschaft hervor, Verbesserungsvorschläge für den Standort zu machen“.
Für die von Kündigung betroffenen Mitarbeiter sei inzwischen ein „sehr guter Sozialplan“ ausverhandelt worden, wie Bichler weiter ausführte. Dieser könne die Folgen des Arbeitsplatzverlustes abfedern, dennoch sei für viele die „Lebensgrundlage gefährdet“.
Wechsel im Finanzressort: Neuer CFO übernimmt ab 2026
Zum Jahreswechsel steht ein Wechsel in der Unternehmensführung bevor: Mathias Breuer übernimmt mit Anfang 2026 den Posten des Chief Financial Officer (CFO). Er folgt auf Nico Reiner, der sein Mandat mit Jahresende auslaufen lässt. Breuer ist derzeit als Senior Vice President für das Performance-Programm verantwortlich, das auf Effizienzsteigerung und Kostensenkung abzielt.
Lenzing meldet Gewinn: Sparprogramm zeigt erste Wirkung
Trotz der angespannten Lage meldete die Lenzing-Gruppe für das erste Halbjahr 2025 ein Umsatzplus von 2,3 Prozent auf 1,34 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis (EBITDA) stieg um 63,3 Prozent auf 268,6 Millionen Euro. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 15,2 Millionen Euro, nachdem im Vorjahreszeitraum noch ein Verlust von 65,4 Millionen Euro verbucht worden war. Diese Erholung wird vom Vorstand auf das laufende Spar- und Effizienzprogramm zurückgeführt.
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Lenzing stellt aus Holz Zellstoff her, der wiederum zu Spezialfasern verarbeitet wird – überwiegend für die Textilindustrie, aber auch für Anwendungen in Kosmetik, Hygiene, Handel und Industrie. Rund zwei Drittel des Umsatzes entfallen auf die Modebranche. Der stagnierende globale Textilmarkt sowie internationale Zollkonflikte setzen das exportorientierte Unternehmen zusätzlich unter Druck.
In den vergangenen Jahren sah sich Lenzing mit mehreren Krisen konfrontiert. 2023 verzeichnete das Unternehmen einen Nettoverlust von knapp 600 Millionen Euro, bereits das zweite Verlustjahr in Folge. Zusätzlich erschütterte der FFP2-Maskenskandal rund um die Tochterfirma Hygiene Austria – ein Joint Venture mit Palmers – das Unternehmen. Hygiene Austria meldete Anfang 2024 Insolvenz an.