Künstliche Intelligenz : Fronius-CTO Langeder: Warum er in AI mehr als nur ein Gimmick sieht

"Die Trefferquote ist hoch." Harald Langeder, CTO Fronius
- © Andreas BalonRasend schnell erwischte Microsofts Chatbot-Technologie ChatGPT Beobachter auf dem falschen Fuß. Die jüngste AI aus dem Repertoire der Transformer-Methodiken schaffte etwas ungeheuerliches: Sie fusionierte die bislang nur getrennt auftretenden AI-Felder Sprache, Bild und Text. In einer Zeit, in der AI Identitäten durcheinanderwirbelt und womöglich die letzten Vertrauensbildungen des Geschäftsalltags erschüttert, sind die Herausforderungen für Unternehmen damit gewaltig: Sie müssen Sandboxes errichten, mit AI experimentieren und neue Engineering-Skills aufbauen.
Die gute Nachricht: Viele stellen sich dem neuen Wettlauf. Entweder, um die Gewinnmaschine AI anzuwerfen, oder um Prozesse abzusichern oder künstlich zu optimieren. Bereits mittendrein im Paradigmenwechsel, schrauben sie an performanten KI-Systemen. INDUSTRIEMAGAZIN stellt die Industrial-AI-Vordenker der Industrie vor.
Qualitätskontrolle auf Basis Künstlicher Intelligenz in Fertigung von Wechselrichtern
Big-tech-Unternehmen wie Amazon oder Microsoft, die sich entlang der betrieblichen Wertschöpfungsketten einnisten: Dieser Umstand erfüllt Harald Langeder nicht mit Sorge. Oder, wie er sagt, nicht mit neuer Sorge. Denn schon bisher hätten die Clouddienstleister ein Händchen dafür gehabt, immer wieder aufs neue ihre Monetarisierungsmodelle umzustellen. Verrechneten diese zunächst Datenmengen und später die Zahl der App-Zugriffe, wird man neuerdings für cloudbasierte Geschäftsprozesse zur Kasse gebeten, beobachtet Langeder.
Auch deshalb ist der Drang, den "für die breite Masse sehr klug aufgebauten" AI-Dienst ChatGPT überstürzt in der Organisation zu nutzen, gebremst. Prozesse und Produkte sind bei den Pettenbachern jedoch schon AI-gestützt. So ist in der Wechselrichterfertigung just an jener Stelle, wo das Leistungsteil mit dem Gehäuse verheiratet wird, eine optische - KI-gestützte - Qualitätskontrolle am Werk. Ein System, das nicht auszutricksen ist? "Ihre Trefferquote ist hoch", sagt der Fronius-Manager.
Ausregelung von Energieflüssen.
Intelligenz bringe man auch durch AI-basierte Ausregelung von Energieflüssen in den Wechselrichtern zu den Kunden. Auch bei Roboterschweißanlagen gewinnt AI zunehmend an Bedeutung und ist mehr als bloß ein Gimmick. Andere Ausprägungen von AI sieht Langeder skeptischer. So sind Sprachmodulen - Fronius erprobte mit Pro2Future den Einsatz von Sprachassistenten - in der Produktion aufgrund der Fehleranfälligkeit beim Einsatz von Fachtermini Grenzen gesetzt. Und die Regelung eines Lichtbogens beim Schweißen?
Ein komplexer Prozess, "den wir mit konventionellen Methoden gut zu kontrollieren gelernt haben", so Langeder. In Zukunft wolle man dieses komplexe System mit AI-Unterstützung "noch besser beherrschbar machen“, sagt Langeder.
ZUM UNTERNEHMEN
Fronius wurde 1945 als Ein-Mann-Betrieb gegründet und hat mittlerweile mehr als 6.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit, einen aktuellen Exportanteil von 89 Prozent mit 37 internationalen Tochtergesellschaften, Vertriebspartner in mehr als 60 Ländern und 1.366 aktive Patente. Das oberösterreichische Technologieunternehmen mit Sitz in Pettenbach (Bezirk Kirchdorf) hat 2022 über 1 (2021: 995 Mio.) Mrd. Euro umgesetzt. Das eigentümergeführte Familienunternehmen will heuer 233 Mio. Euro in den Ausbau der Produktionskapazität investieren. Stark gewachsen sei der Bereich Solarenergie, aber auch Schweiß- und Batterieladetechnik hätten stark angezogen. 2023 sucht man 1.300 neue Mitarbeiter.
"Fronius investiert massiv in zusätzliche Produktionslinien und neue Arbeitsplätze. Damit setzen wir unseren erfolgreichen und nachhaltigen Wachstumskurs weiter fort", sagte Geschäftsführerin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß. Im vergangenen Jahr wurden 187 Millionen Euro in den Aus- und Umbau der Produktionsstandorte Sattledt (Bezirk Wels-Land) und Krumau (Tschechien) investiert, allein in Sattledt wurde die Nutzfläche in der Fertigung von 41.000 m2 auf 69.000 m2 vergrößert.