Wenn Rob van Gils über die aktuelle Wirtschaftslage spricht, ist er weit weg von Zweckoptimismus. „Wir sind jetzt im vollen dritten Jahr der Rezession in Europa und du merkst das jetzt an allen Ecken“, sagt der CEO von Hammerer Aluminium Industries (HAI). Und er fügt hinzu: „Es ist nicht so, dass nicht davor gewarnt wurde.“ Gemeint sind Lohnsteigerungen auf Basis hoher Inflation, die Europas Wettbewerbsfähigkeit massiv belasten. Die Stimmung in vielen Branchen sei schlecht, die Auftragslage rückläufig – und die Spirale drehe sich weiter.
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Mit spürbarer Schärfe beschreibt van Gils auch das globale Kräfteverhältnis. „Wir stehen dazwischen und sagen: Was machen wir denn jetzt? Wir haben dem einen wenig entgegenzuhalten und dem anderen auch nicht.“ Die USA agierten inzwischen „beinhart“ nach dem Motto America first, während China seit Jahren „sehr konsequent, sehr strategisch“ handle, ausgestattet mit „unendlichen Ressourcen“ und enormer Arbeitsbereitschaft.
Europa hingegen leide an struktureller Langsamkeit. Für jede Entscheidung brauche man „37 Runden und zwei Jahre“. Und das in einer Welt, in der andere „tagesaktuell agieren“ – egoistisch, kurzfristig, aber wirkungsvoll. Van Gils spricht offen von einer regelbasierten Weltordnung, die zerbröckelt: „Spielregeln funktionieren nur so lange, wenn sich alle daran halten.“
Ein Thema berührt HAI besonders: der massive Export von Aluminiumschrott nach Übersee, begünstigt durch US-Zölle. „Ich kann das meiner siebenjährigen Tochter erklären“, sagt van Gils. „Auf das eine gibt es 50 Prozent, auf das andere nur 15.“ Die Folge: Schrotthändler verdienen, Europa verliert. „Wir exportieren Rohstoff und Energie“, warnt er. Denn Aluminiumrecycling benötigt nur fünf Prozent der Energie von Primärproduktion. Zurück bleibt eine Branche, die unter hohen Energie- und Personalkosten leidet, während Schrottpreise durch den US-Markt verzerrt werden. „Damit kippen die Margen komplett.“ Und das sei „at cost of the society“, sagt van Gils – denn Europa müsse teure Rohstoffe wieder importieren.
Und dennoch: EU-Vizekommissionspräsident Maroš Šefčovič kündigte - wohl als Reaktion der lauten Kritik von Verbänden wie Aluminium Deutschland, dessen Präsident van Gils ist, Maßnahmen gegen die Schrottabwanderung an. Van Gils wertet das als ersten, längst überfälligen Schritt: „Das ist zumindest mal ein klares Signal.“