China Development Forum : Chinas Staatsführung umgarnt Europas Wirtschaftselite: China als verlässlicher Partner?

Angesichts wachsender Handelsspannungen mit den USA hat China bei einem Treffen mit Dutzenden Konzern-Vorständen aus Deutschland und der Welt für sich als sicheren Standort geworben.
- © Arjan - stock.adobe.comInmitten eskalierender Handelskonflikte und geopolitischer Spannungen präsentiert sich China beim diesjährigen China Development Forum als Fels in der Brandung. Das jährliche Treffen in Peking brachte hochrangige Vertreter der internationalen Wirtschaft mit führenden chinesischen Politikern zusammen. Vor dem Hintergrund zunehmender wirtschaftlicher Zersplitterung und der anhaltenden Unsicherheit auf den globalen Märkten warb Chinas Ministerpräsident Li Qiang eindringlich für offene Märkte und multilaterale Kooperation. Die Botschaft war klar: China will Vertrauen schaffen – und vor allem mit Europa enger zusammenarbeiten.
>>> Trump vs China: "Europa muss seinen Platz finden"
„Eine Entkopplung und Unterbrechung der Lieferketten wird die Krise nur verschlimmern“, warnte Li in seiner Eröffnungsrede und stellte sich damit deutlich gegen Tendenzen zur wirtschaftlichen Abschottung.
Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!
Hochkarätige Besetzung – internationale CEOs im Dialog mit der chinesischen Führung
Zu den prominentesten Teilnehmern gehörten unter anderem Apple-CEO Tim Cook, Siemens-Chef Roland Busch, BMW-Vorstand Oliver Zipse und Mercedes-Benz-CEO Ola Källenius. Sie alle nahmen in der ersten Reihe Platz – Seite an Seite mit führenden chinesischen Ministern. Ihre Anwesenheit unterstreicht nicht nur die wirtschaftliche Bedeutung Chinas, sondern auch das Bestreben vieler westlicher Unternehmen, trotz politischer Differenzen weiterhin eng mit dem chinesischen Markt verbunden zu bleiben.
>>> Stahl- und Aluminiumzölle in Kraft: Handelskonflikt zwischen EU und USA spitzt sich zu
Ministerpräsident Li Qiang betonte in seiner Ansprache, dass China den internationalen Wettbewerb nicht scheue – solange er auf fairen und transparenten Regeln basiere. Er warnte jedoch vor einer Rückkehr zu protektionistischen Tendenzen: „Eine Rückkehr zum ‚Gesetz des Dschungels‘ wäre eine Tragödie für die Menschheit“, so Li. Derartige Entwicklungen schadeten nicht nur einzelnen Ländern, sondern gefährdeten die Stabilität der gesamten Weltwirtschaft.

Deutsche Unternehmen: Kooperation statt Konfrontation
Für deutsche Unternehmen ist China einer der wichtigsten Handelspartner weltweit – insbesondere in den Bereichen Automobil, Maschinenbau und Industrieelektronik. Entsprechend deutlich fiel die Positionierung der deutschen Konzernchefs beim Forum aus. Siemens-Vorstand Roland Busch sprach von einem „massiven Umbau“ der Weltwirtschaft, in dem China durch seine Innovationskraft und Effizienz eine Vorreiterrolle einnehme.
>>> Trumps Zollhammer: "Aufträge über Nacht abgezogen"
„China hat mit Hightech und hoher Effizienz eine Antwort gegeben, woher Wachstum kommt“, erklärte Busch. Als Beispiel nannte er Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz, insbesondere beim chinesischen Anbieter Deepseek.
Auch BMW-Chef Oliver Zipse nutzte die Bühne, um auf die Gefahren protektionistischer Maßnahmen hinzuweisen. Mit Blick auf die laufende Klage des Münchner Autobauers gegen von der EU verhängte Zölle auf in China produzierte E-Fahrzeuge betonte er die Bedeutung eines offenen Marktzugangs.
Mercedes-Benz-Vorstand Ola Källenius unterstützte diese Sichtweise. Auch sein Unternehmen habe eine Klage eingereicht, um gegen die EU-Maßnahmen vorzugehen. Für ihn ist klar: „Die Öffnung der Märkte ist das Rezept für Erfolg.“ Zwischen Deutschland und China gebe es enormes Potenzial für gegenseitigen Nutzen. „Barrieren müssen abgebaut und Verhandlungslösungen gefunden werden“, forderte Källenius.
-
China hat mit Hightech und hoher Effizienz eine Antwort gegeben, woher Wachstum kommt.
Siemens-Chef Roland Busch am China Development Forum
China im Wandel – zwischen Modernisierung und internationaler Kritik
Trotz wirtschaftspolitischer Öffnung steht China international unter Beobachtung. Menschenrechtsfragen, staatliche Eingriffe in Unternehmen und die zunehmend nationalistische Rhetorik der Kommunistischen Partei sorgen in vielen Hauptstädten für Skepsis. Gleichzeitig hat China in den letzten Jahren massiv in Technologie, Infrastruktur und Bildung investiert – mit dem Ziel, von der „verlängerten Werkbank der Welt“ zum globalen Innovationszentrum aufzusteigen.
Der Staat fördert gezielt Zukunftsindustrien wie Elektromobilität, Halbleiterproduktion und erneuerbare Energien. Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz gehört zu den strategischen Wachstumsfeldern. Deutsche Unternehmen profitieren von dieser Entwicklung – beispielsweise durch Joint Ventures oder lokale Produktionspartnerschaften.
Der Stellenwert des China Development Forum
Seit seiner Gründung im Jahr 2000 gilt das China Development Forum (CDF) als zentrale Dialogplattform zwischen der chinesischen Führung und der globalen Wirtschaftselite. Veranstaltet wird es vom Entwicklungsforschungszentrum des Staatsrats, einem einflussreichen Thinktank der Regierung. Ziel ist es, die wirtschaftliche Entwicklung Chinas in den globalen Kontext zu stellen und Investoren langfristig zu binden. In diesem Jahr stand das Forum unter dem Motto „Neues Wachstum in einer fragmentierten Welt“ – ein klares Signal, dass sich China als Teil der Lösung, nicht als Ursache globaler Instabilität versteht.
USA auf dem Rückzug – Europa als Brückenbauer?
Während die chinesische Regierung beim Forum versöhnliche Töne gegenüber Europa anschlug, war die Zurückhaltung der USA spürbar. In den vergangenen Jahren war das China Development Forum von amerikanischer Präsenz geprägt. Doch die geopolitischen Spannungen, insbesondere der von Ex-Präsident Donald Trump ausgelöste Handelskonflikt, wirken nach.
>>> So wappnet sich Österreichs Automobilindustrie gegen Trump-Zölle
Martin Sorrell, CEO der britischen Werbefirma S4 Capital, fasste es prägnant zusammen: „Li hat in seiner Rede ziemlich klar gemacht, dass China die Lücke füllt, die Amerika hinterlässt.“ Früher sei das Forum stark von US-Amerikanern dominiert worden, heute säßen zunehmend Europäer in den vorderen Reihen.
Diese Entwicklung eröffnet Europa neue Chancen, aber auch Herausforderungen. Während Washington auf „Decoupling“ und strategische Rivalität setzt, könnte Brüssel eine Vermittlerrolle einnehmen – als Partner beider Seiten mit einem klaren Bekenntnis zu regelbasiertem Handel.
Trotz aller geopolitischen Spannungen bleibt China für viele Konzerne ein Schlüsselmarkt. Die Volksrepublik ist nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, hat jedoch mit strukturellen Problemen zu kämpfen. Die Binnennachfrage bleibt schwach, die Immobilienkrise belastet die Finanzmärkte, und die demografische Entwicklung stellt das Rentensystem vor große Herausforderungen.
Gleichzeitig lockt der Markt mit rund 1,4 Milliarden potenziellen Konsumenten, einem schnell wachsenden Mittelstand und ambitionierten Klimazielen, die Raum für neue Technologien bieten. Für deutsche Unternehmen bedeutet das: Chancen ja – aber nur mit strategischer Weitsicht und kluger Risikosteuerung.
