TÜV Austria Testing Center : Extrembedingungen im Labor: Wie Maschinen auf Hitze, Kälte und Eis reagieren

TÜV Austria

Im TÜV Austria Testing Center in Wien Liesing werden Maschinen und Anlagen wie zum Beispiel Wärmepumen, elektronische Geräte aber auch Produkte aus der Verkehrs- und Mobilitätsindustrie auf Herz und Nieren auf ihre Funktionsfähigkeit geprüft. 

- © Christian Kraus

Extreme Temperaturen, hohe Feuchtigkeit, Schnee, Vereisung oder dichter Eisnebel – Anlagen, die im Freien eingesetzt werden, müssen unter den härtesten Witterungsverhältnissen zuverlässig funktionieren. Ob Wärmepumpen, elektronische Geräte oder Verkehrstechnik: Im TÜV Austria Testing Center in Wien-Liesing wird ihre Widerstandsfähigkeit unter realitätsnahen Extrembedingungen geprüft.

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Herzstück des Testzentrums sind die zehn programmierbaren Umweltsimulationskammern, in denen Maschinen auf ihre Tauglichkeit und Lebensdauer getestet werden. In der sogenannten Umweltsimulationskammer 3 steht aktuell eine E-Ladestation für Elektroautos auf dem Prüfstand. Die dort erzeugten Bedingungen reichen von –40 bis +120 Grad Celsius. Zusätzlich können unterschiedliche Schneearten, Eis und sogar Eisnebel simuliert werden – inklusive variabler Flockengröße.

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Umweltsimulation im Zeitraffer: Vereisungstests und Alterungssimulation für maximale Produktsicherheit

Dabei werden sämtliche Belastungen, die ein Produkt im Laufe seines Lebens durchlaufen könnte, in kurzer Zeit durchgespielt. Sogar künstliche Alterungsprozesse lassen sich erzeugen. Ein Beispiel: Um die Auswirkungen von Vereisung zu untersuchen, wird gezielt die Ausdehnung von Wasser bei Kälte genutzt. Das getestete Gerät – der sogenannte Prüfling – kann sowohl unter Normalatmosphäre als auch unter niedrigerem Druck vereist werden. So lassen sich etwa auch Szenarien aus der Luftfahrt, wie das Durchfliegen einer Wolke, exakt nachbilden.

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Die Prüfungen leisten auch einen wertvollen Beitrag zur Produktentwicklung. Sie helfen beim Benchmarking und decken Schwachstellen auf. Fällt etwa ein Gerät unter Extrembelastung aus, kann durch die Tests geklärt werden, ob ein gesamtes Modul betroffen ist oder nur eine einzelne Komponente. Das spart Kosten – und erhöht die Produktqualität in einem stark umkämpften Markt.

Ein weiterer Vorteil: Die Klimakammern sind groß genug, um Maschinen in Originalgröße zu testen. Denn die isolierte Prüfung einzelner Bauteile kann die ganzheitliche Betrachtung unter realen Bedingungen nicht ersetzen.

Im TÜV Austria Testing Center wird also ganzjährig geschneit, vereist, geschmolzen – damit innovative Technik auch unter extremsten Bedingungen zuverlässig funktioniert.

Kälte, Hitze, Eis: So testet der TÜV Maschinen auf Extrembelastung

„Manchmal heiß, manchmal unterkühlt“ – Einblicke ins TÜV Austria Testing Center

Im Studio zum Thema: Produkttests unter Extrembedingungen. Zu Gast ist Günter Göttlich, einer der Geschäftsführer der TÜV Austria und Leiter des Testing Centers in Wien-Liesing. Herr Göttlich, herzlich willkommen!

Guten Tag, danke für die Einladung.

Sie testen jährlich mehrere Tausend Maschinen, Einzelteile und Komponenten. Was war denn bisher die extremste Prüfung, die bei Ihnen durchgeführt wurde – und wie hat sich das getestete Gerät dabei geschlagen?

Wenn man von „extrem“ spricht, dann trifft das auf viele unserer Tests zu – mal wird es sehr heiß, mal buchstäblich unterkühlt. Ein spannendes Beispiel sind Fassadenteile von Hochhäusern. In mehreren hundert Metern Höhe sind diese der Witterung massiv ausgesetzt und können vereisen. Die Frage ist dann: Wie verhält sich ein solches Bauteil beim Wiederauftauen? Tropft das Schmelzwasser langsam ab – oder kann sich ein gefährlicher Eisbrocken lösen, der unten erheblichen Schaden anrichten könnte? Genau solche Szenarien können wir in unseren Simulationskammern realitätsnah und schnell testen.

Neben Architektur – was ist aktuell ein besonders wichtiges Testfeld?

Ein zentrales Thema ist derzeit die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Auch hier sind die Geräte oft extremen Wetterbedingungen ausgesetzt. Dabei denken viele zuerst an Frost oder Hitze – aber nicht unbedingt an Kondensatbildung. Besonders im Wechsel von kalten Nächten zu warmen Tagen kann sich im Inneren von Geräten Feuchtigkeit bilden. Diese führt nicht selten zu Schäden – und genau das simulieren wir.

Wie profitieren Unternehmen konkret davon, ihre Produkte bei Ihnen prüfen zu lassen?

Bei uns erhalten Unternehmen ein echtes „One-Stop-Shop“-Erlebnis. Wenn ein Produkt auf den Markt soll, braucht es zahlreiche Prüfungen und Zertifizierungen. All das bieten wir an einem Ort – in unserem TIC & Testing Center in der Deutschstraße in Wien. Das reicht von Umweltsimulationen über elektromagnetische Verträglichkeit bis hin zu Anforderungen aus der RFID-Richtlinie oder – zunehmend wichtig – Cyber Security.

Sie simulieren also im Zeitraffer den gesamten Lebenszyklus eines Produkts. Was ist der Vorteil daran?

Dieser Ansatz beginnt bereits in der Planungs- und Konstruktionsphase. Prototypen werden bei uns Härtetests unterzogen, um etwa produktionsbedingte Schwächen aufzudecken. Wir verfügen auch über einen industriellen Computertomographen, mit dem wir innere Schäden an Bauteilen erkennen können. So lassen sich Probleme beheben, bevor es teuer wird. Ein Beispiel: Ein Hersteller von Wärmepumpen testete sein System bei uns. Alles lief stabil – bis bei 60 Grad plötzlich ein Totalausfall eintrat. Hätten wir das nicht im Vorfeld entdeckt, wären die Geräte bereits ausgeliefert worden. Die Folgen wären Rückrufe und massive Kosten gewesen. Genau das wollen wir vermeiden.

TÜV Austria klingt stark nach Österreich – aber Sie sind international tätig, richtig?

Ja, das ist ein weitverbreitetes Missverständnis. Wir sind international aufgestellt – mit fast 4.000 Mitarbeitenden in über 35 Ländern. Auch in Deutschland sind wir stark vertreten, etwa mit Zertifizierungen, Maschinenprüfungen, Sicherheitsgutachten für Druckgeräte und Aufzugstechnik. Besonders stark wächst auch unsere Cyber Security-Sparte mit über 100 Mitarbeitenden allein in Deutschland.

Herr Göttlich, vielen Dank für das Gespräch.