Meyer Burger Insolvenz : Insolvenz-Schock in den USA: Was bleibt von Meyer Burgers Solarmission?

Meyer Burger Produktion

Das Schweizer Solarunternehmen Meyer Burger hat am Mittwoch in den USA einen Insolvenzantrag gestellt. 

- © Meyer Burger

Der Schweizer Solarpionier Meyer Burger steht vor einer gravierenden Unternehmenskrise. Am 25. Juni 2025 reichte das Unternehmen in den USA freiwillig einen Antrag auf Insolvenzschutz nach Chapter 11 ein. Ziel ist es laut einer Unternehmenssprecherin, das Unternehmen zu sanieren. Gleichzeitig sind bereits Ende Mai die deutschen Tochterfirmen Meyer Burger (Industries) GmbH und Meyer Burger (Germany) GmbH in ein offizielles Insolvenzverfahren eingetreten

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Im US-Chapter‑11-Antrag werden Vermögenswerte von 100–500 Millionen US‑Dollar gegenüber Verbindlichkeiten von 500 Millionen bis 1 Milliarde US‑Dollar ausgewiesen. Diese klaffende Lücke verdeutlicht das finanzielle Fiasko, in dem Meyer Burger steckt – ausgelöst durch intensiven Preisdruck und zunehmend günstige Solarimporte aus Asien.

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Meyer Burger: Hintergründe zur Insolvenz in den USA und Deutschland

Im Mai 2025 folgte ein herber Rückschlag für Meyer Burger: Das hochmoderne Solarmodul-Werk in Goodyear, Arizona, mit einer geplanten Jahreskapazität von 1,4 Gigawatt, wurde am 29. Mai komplett stillgelegt. Sämtliche 282 Mitarbeitenden erhielten ihre Kündigungen – nur wenige Tage nach dem Produktionsstopp. Das offizielle Statement des Unternehmens nannte Liquiditätsprobleme als Hauptursache. Bereits am 22. Mai wurde eine Meldung an die Arizona State Agency gemäß WARN‑Act gemacht, welche die anstehende Massenentlassung ankündigte. Man prüft laut DPA, ob die gesetzliche 60‑Tage‑Frist eingehalten wurde.

Nur zwei Tage später, am 31. Mai 2025, reichte Meyer Burger die Insolvenzanträge für seine beiden deutschen Tochtergesellschaften – Meyer Burger (Industries) GmbH in Thalheim (Bitterfeld‑Wolfen) mit 331 Beschäftigten und Meyer Burger (Germany) GmbH in Hohenstein‑Ernstthal mit 289 Mitarbeitenden – ein. Das betroffene Personal – insgesamt über 620 Mitarbeitende – sieht sich einem klassischen Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung gegenüber, begleitet durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter, der prüfen wird, ob sich Produktionsstätten erhalten lassen.

Meyer Burger im sächsischen Hohenstein-Ernstthal, Deutschland 

- © Meyer Burger

Zukunft von Meyer Burger: Welche Rolle der Schweizer Hauptsitz nach der Insolvenz spielt

Die Muttergesellschaft von Meyer Burger mit Sitz in Thun, Schweiz, beschäftigt derzeit rund 60 Mitarbeitende und ist bislang nicht von den laufenden Insolvenzverfahren in Deutschland oder den USA betroffen. Das Unternehmen agiert weiterhin als juristisch eigenständige Einheit und hält wesentliche strategische und technologische Ressourcen, darunter das Know-how für die Weiterentwicklung der Heterojunction-Technologie – ein zentrales Alleinstellungsmerkmal des Konzerns. Trotz der dramatischen Lage in den Tochtergesellschaften hat die Zentrale keine Insolvenz beantragt. Gleichwohl bleibt unklar, in welchem Umfang der Hauptsitz finanziell von den internationalen Insolvenzen beeinflusst ist, insbesondere hinsichtlich konzerninterner Verflechtungen und Garantien.

Zudem hat Meyer Burger bei der Schweizer Börse SIX eine offizielle Fristverlängerung zur Veröffentlichung des Jahresberichts 2024 beantragt – und bewilligt bekommen. Die neue Frist läuft bis Ende Juli 2025, was dem Unternehmen Zeit verschafft, die komplexe finanzielle Lage zu konsolidieren und Klarheit über die Fortführung der verbleibenden Geschäftsbereiche zu schaffen. Branchenbeobachter werten die Fristverlängerung als Zeichen dafür, dass zumindest auf Holding-Ebene an einer Restrukturierung gearbeitet wird.

Meyer Burger-Zentrale in Thun, Schweiz: Nicht von der Insolvenz betroffen  

- © Meyer Burger

Raus aus der Insolvenz: Sanierungs- & Restrukturierungsstrategie

Meyer Burger versucht, seine milliardenschweren Schulden und finanziellen Verpflichtungen im Rahmen der laufenden Insolvenzverfahren strategisch zu restrukturieren. Zentraler Punkt ist derzeit der Dialog mit der Ad‑Hoc‑Anleihegläubigergruppe. Bereits im Januar und Februar 2025 stimmten diese der Verzögerung fälliger Zinszahlungen zu – ein erster Schritt zur finanziellen Entspannung. Zudem wurde im Dezember 2024 eine Brückenfinanzierung in Höhe von rund 59,5 Millionen US‑Dollar vereinbart, um Liquidität für einen strategischen M&A‑Prozess zu schaffen. Parallel prüft Meyer Burger offenbar eine Kapitalerhöhung sowie potenzielle Verkäufe einzelner Geschäftsbereiche, um zusätzliche Mittel zu generieren und Altlasten abzubauen.

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Im Rahmen des US‑Chapter‑11‑Verfahrens zielt das Unternehmen darauf ab, durch kontrollierte Abwicklung einzelner Tochtergesellschaften Verbindlichkeiten in Höhe von bis zu 1 Milliarde US‑Dollar zu reduzieren, bei Vermögenswerten im Wert von bis zu 500 Millionen US‑Dollar.

In Deutschland wurden Insolvenzverwalter bestellt, um die betroffenen Tochterfirmen in Thalheim und Hohenstein‑Ernstthal weiterzuführen. Es gilt, den laufenden Betrieb aufzurechtzuerhalten, Arbeitsplätze zu sichern (über Insolvenzgeld für drei Monate) und das Potenzial der Heterojunction‑Technologie zu bewahren.M

Ein möglicher Ausweg besteht in einem Asset‑Sale ohne Altlasten – Investoren könnten aktive Teile übernehmen, ohne bestehende Schulden zu belasten. Branchenexperten sehen darin eine realistische Chance: Unter Insolvenzschutz lassen sich Transaktionen beschleunigt abwickeln, da Bieter operativ starten können, ohne Altverbindlichkeiten zu übernehmen. Die Verfahren bieten zudem vorgesehenen Rahmen für Kostenoptimierung, Pensionsverpflichtungen sowie Schließung unrentabler Anlagen.

Allerdings bleibt die Ausgangslage angespannt. Asien‑Importe sorgen weiterhin für preislichen Druck, vorhandene Förderprogramme haben Meyer Burger trotz finanzieller Hilfen nicht ausreichend stabilisiert. Ob die nun gestarteten Restrukturierungen genügen, um operative Einheiten wie die Zellproduktion in Deutschland oder das US‑Werk in Arizona langfristig aufrechtzuerhalten, ist offen.

Video: Meyer Burger Insolvenz - scheitert Europas Solarindustrie an China-Konkurrenz

Die Insolvenz des Schweizer Solarunternehmens Meyer Burger schlägt hohe Wellen in der europäischen Industriepolitik. Als Hoffnungsträger einer eigenständigen Photovoltaik-Produktion galt das Unternehmen vielen als letzter großer Player im Kampf um eine unabhängige Energiewende „Made in Europe“. Doch Preis- und Produktionsdruck aus China, fehlende Skalierung und politische Versäumnisse führten zum wirtschaftlichen Aus.

Der Fall wirft grundsätzliche Fragen auf: Kann Europa ohne eigene Solarproduktion seine Klimaziele erreichen? Und wie kann der Kontinent strategisch wichtige Industrien vor globalem Wettbewerb schützen? Experten fordern nun gezielte Fördermaßnahmen, stärkere europäische Kooperationen und einen industriepolitischen Kurswechsel, um die Energiewende nicht zu gefährden. Die Zeit drängt.

🧾 Infobox: Meyer Burger Technology AG

Unternehmen: Meyer Burger Technology AG

Hauptsitz: Thun, Schweiz

Gründungsjahr: 1953

Branche: Photovoltaik / Solartechnologie

Technologie-Schwerpunkt: Heterojunction-Solarzellen, SmartWire-Technik

Mitarbeiter weltweit: rund 1.000 (Stand: Anfang 2025)

Produktionsstandorte: Thalheim (DE), Hohenstein-Ernstthal (DE), Goodyear (USA – geschlossen)

Letzte größere Investitionen: Solarmodulwerk in Arizona (USA), Ausbau Zellproduktion in Deutschland

Aktuelle Situation: Insolvenzverfahren in Deutschland (Mai 2025) und Chapter 11 in den USA (Juni 2025)

Börsennotierung: SIX Swiss Exchange

Besondere Merkmale: Fokus auf europäische Solarproduktion & technologische Eigenentwicklung