Halbleiterindustrie Österreich : AT&S wächst trotz Preisdruck: Gewinnsprung durch Korea-Verkauf, neue Werke in Betrieb

AT&S Fehring Leiterplatten Steiermark Serienfertigung Prototyp Prototyping

"Das Jahr 24/25 war sicherlich ein weiteres herausforderndes Jahr mit Licht und Schatten", sagte Finanzvorständin Petra Preining. 

- © AT&S

Der steirische Leiterplattenhersteller AT&S hat im Geschäftsjahr 2024/25 trotz anhaltendem Preisdruck und schwacher Nachfrage in bestimmten Segmenten einen leichten Umsatzanstieg von drei Prozent auf 1,59 Milliarden Euro erzielt. Ein entscheidender Faktor für das deutlich verbesserte Konzernergebnis war der Verkauf des Werks in Korea.

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Das EBITDA (operatives Ergebnis) stieg beeindruckend um 97 Prozent auf 606 Millionen Euro, während sich das Konzernergebnis von einem Verlust von 37 Millionen Euro im Vorjahr auf einen Gewinn von 90 Millionen Euro verbesserte.

"Das Jahr 24/25 war sicherlich ein weiteres herausforderndes Jahr mit Licht und Schatten", sagte Finanzvorständin Petra Preining bei der Präsentation der Zahlen. Die Leitung des Unternehmens hat sich ebenfalls verändert: Michael Mertin übernahm mit 1. Mai die Rolle des CEO, nachdem sein Vorgänger Andreas Gerstenmayer im Herbst 2024 überraschend aus dem Vorstand ausgeschieden war.

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Geopolitik, Zölle und Preisdruck: AT&S trotzt schwierigen Rahmenbedingungen mit Strategie

Die Schwierigkeiten des Jahres beschreibt Preining als durch externe Rahmenbedingungen geprägt: "Die Schatten kämen vor allem von der 'volatilen makroökonomischen und geopolitischen Seite'. Wir haben nicht nur das sehr neue Zollthema seit der neuen Amtsperiode von Herrn Trump, wir haben auch generell den nach wie vor anhaltenden Preisdruck und die Überkapazitäten in unserer Branche zu verbuchen gehabt." Trotz dieser Herausforderungen konnte das Unternehmen durch gezieltes Management reagieren: "Wir haben diese Situation im Management, glaube ich, sehr gut tackeln können", sagte Preining und verwies auf die Erweiterung des Kundenportfolios im Bereich Substrate, wodurch AT&S in diesem Segment den Markt sogar outperformen konnte.

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Bereinigt um Sonderfaktoren – darunter Anlaufkosten für neue Werke in Kulim (Malaysia) und Leoben sowie Restrukturierungsaufwendungen – lag das EBITDA bei 408 Millionen Euro (+6 %). Die entsprechende EBITDA-Marge stieg auf 25,7 Prozent. Allerdings ging der operative Cashflow stark zurück – von 653 Millionen Euro auf -75 Millionen Euro, unter anderem wegen gestiegener Lagerbestände.

Sparkurs und Kapitalstruktur

Der eingeschlagene Sparkurs wird konsequent fortgeführt. Bereits im Vorjahr wurde die Kostenbasis um 120 Millionen Euro reduziert. Laut Preining handelt es sich um: "nachhaltige Einsparungen". Für das Geschäftsjahr 2025/26 sind weitere Einsparungen in Höhe von 130 Millionen Euro geplant. Die Eigenkapitalquote stieg auf 23,3 Prozent, während die Nettoverschuldung – auch dank des Verkaufs des Korea-Werks – auf das 2,5-Fache des EBITDA reduziert werden konnte. AT&S verfügt aktuell über fast 850 Millionen Euro an liquiden Mitteln und ungenutzten Kreditlinien. Eine Dividende wird – wie bereits berichtet – auch für das Geschäftsjahr 2024/25 nicht ausgeschüttet.P

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Aufgrund der aktuellen geopolitischen Unsicherheiten, insbesondere im Hinblick auf mögliche US-Zölle, verzichtet AT&S derzeit auf einen konkreten Jahresausblick. Für das erste Quartal 2025/26 erwartet das Unternehmen einen Umsatz von rund 400 Millionen Euro und eine EBITDA-Marge von etwa 16 Prozent. Eine Guidance für das Gesamtjahr werde es wieder geben, "wenn sich die Wolken klären", so Preining.
Für das Geschäftsjahr 2026/27 plant das Unternehmen einen Umsatz zwischen 2,1 und 2,4 Milliarden Euro sowie eine EBITDA-Marge zwischen 24 und 28 Prozent.

Petra Preining, CFO Semperit
Petra Preining - © Semperit

Neue Produktionsstandorte in Kulim und Leoben

Die Produktion im neuen Werk in Kulim wurde mit Anfang April hochgefahren: "Mit Anfang April sei man dort ins High Volume Manufacturing eingestiegen", so Preining. Mit einer Investition von rund 1 Milliarde Euro wurde das Werk in nur zwei Jahren errichtet und ist nun ein zentraler Bestandteil des globalen „Substrate-Dreiecks“ von AT&S, das die Standorte Leoben (Österreich), Chongqing (China) und Kulim (Malaysia) umfasst. Im Fokus der Produktion stehen hochentwickelte IC-Substrate für den US-amerikanischen Chiphersteller AMD. Diese Substrate sind essenziell für die leistungsstarken Prozessoren, die in Rechenzentren und KI-Anwendungen eingesetzt werden. Die steigende Nachfrage nach CPUs und GPUs, insbesondere für Anwendungen in den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI), Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR), treibt das Wachstum in diesem Segment voran. 

Die offizielle Eröffnung des Standorts Leoben-Hinterberg ist für Anfang Juni geplant. Das Forschungs- und Entwicklungszentrum (R&D Center) sei laut Preining "das einzige in der Größe in der westlichen Hemisphäre".

ABD0010_20240124 - KULIM - MALAYSIA: ZU APA0073 VOM 24.1.2024 - Eine Au?enansicht des AT&S Werks, aufgenommen am Mittwoch, 24. J?nner 2024 in Kulim. Der steirische Leiterplattenhersteller AT&S hat am Mittwoch im malaysischen Kulim ein neues Werk f?r vorerst rund 1.000, Ende 2024 schon f?r rund 2.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter er?ffnet. - FOTO: APA/INGRID KORNBERGER
AT&S-Werk in Kulim, Malaysia - © APA/INGRID KORNBERGER

Michael Mertin übernimmt CEO-Rolle von Andreas Gerstenmayer

Mit dem Amtsantritt von Michael Mertin als neuem CEO am 1. Mai 2025 beginnt für den steirischen Leiterplattenhersteller AT&S eine neue Führungsära. Mertin folgt auf Andreas Gerstenmayer, der das Unternehmen über ein Jahrzehnt lang geprägt hatte und im Herbst 2024 überraschend aus dem Vorstand ausschied. Der promovierte Physiker Mertin verfügt über langjährige Führungserfahrung in der Hightech-Industrie und war unter anderem Vorstandsvorsitzender beim Optikspezialisten Jenoptik sowie in verschiedenen leitenden Funktionen im Bereich industrieller Technologien tätig.

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Sein Wechsel zu AT&S erfolgt in einer Phase tiefgreifender Transformation. Die Herausforderungen sind vielfältig: globale wirtschaftliche Unsicherheiten, zunehmender geopolitischer Druck – etwa durch mögliche US-Zölle – sowie ein anhaltender Preiskampf in der Elektronik- und Substratbranche. Mertin soll AT&S strategisch neu ausrichten und gleichzeitig die ambitionierten Wachstumsziele vorantreiben. Im Fokus stehen dabei die technologische Weiterentwicklung, die Stärkung der Marktposition im Substratgeschäft sowie die effiziente Inbetriebnahme der neuen Werke in Kulim (Malaysia) und Leoben.

Intern gilt Mertin als analytischer Stratege mit Hands-on-Mentalität. Mit ihm setzt der Aufsichtsrat auf Kontinuität in der Technologieführerschaft bei gleichzeitigem Fokus auf Profitabilität und Internationalisierung.

Michael Mertin, CEO AT&S