Zulieferer-Industrie in der Krise : Mahle in Kärnten: Arbeitszeitverkürzung endet 2025

Mahle in St. Michael
- © MahleVerkleinerung der Geschäftsführung, Schließung von Werken, Verkauf von Geschäftsbereichen: Der deutsche Automobilzulieferer Mahle durchläuft aktuell eine umfassende Restrukturierung. Die Transformation der Automobilbranche, die Deutschland in eine tiefe Krise gestürzt hat, stellt auch den global agierenden Konzern Mahle vor große Herausforderungen. Der Schwerpunkt des Unternehmens, bisher stark auf Verbrennungsmotoren ausgerichtet, wird durch gezielte Maßnahmen neu ausgerichtet. Die Umstrukturierung und Fokussierung auf Zukunftstechnologien bieten gleichzeitig Chancen für spezialisierte Produktionsstandorte.
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Einer dieser Standorte ist das Kärntner Werk in St. Michael/Smihel, dessen Zukunft in der vergangenen Zeit oft Gegenstand von Spekulationen war.
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Arbeitszeitverkürzung in St. Michael
Bereits im Oktober 2024 wurde bekannt, dass Mahle die Arbeitszeit der 1360 Mitarbeiter im Kärntner Werk einvernehmlich mit den Arbeitnehmervertretern auf 90 Prozent reduziert hat – verbunden mit einem entsprechenden Lohnverzicht. Trotz dieser Maßnahme erklärte der Konzern damals, dass es keinen Stellenabbau geben werde. Wie es ab 2025 weitergehen würde, ließ Mahle jedoch offen. Die Kleine Zeitung berichtete ausführlich über die Situation.
Nun gibt es für die Belegschaft in St. Michael gute Nachrichten: Die Anpassungsmaßnahmen werden mit Jahresbeginn 2025 offiziell beendet. Eine Sprecherin von Mahle Deutschland bestätigte dies auf Anfrage der Kleinen Zeitung. Ab Jänner 2025 sollen die Arbeitszeiten wieder auf 100 Prozent angehoben werden. Die aktuelle Auftragslage sei stabil, wenngleich das wirtschaftliche Umfeld für Mahle weiterhin volatil bleibe.
Vor Ort wurde außerdem bekannt, dass der Bedarf für bis zu 50 neue Mitarbeiter bestehen könnte. Eine Aufstockung des Personals sei laut Mahle jedoch nicht geplant. Stattdessen soll die zusätzliche Arbeit durch Überstunden abgedeckt werden.
Die Automobilindustrie ist international stärker umkämpft als je zuvor. Vor allem asiatische Hersteller – allen voran aus China – drängen massiv auf die globalen Märkte und setzen neue Standards in puncto Kosten, Effizienz und Technologie. Gleichzeitig zwingt der Preis- und Innovationsdruck viele etablierte Hersteller und Zulieferer dazu, ihre Produktionsprozesse zu verschlanken und ihre Geschäftsmodelle anzupassen. Mahle begegnet diesem Druck mit einer Optimierung der Produktionsstandorte und der Fokussierung auf zukunftsfähige Geschäftsfelder.
In Österreich ist Mahle an drei Standorten vertreten: in Mattighofen und Vöcklabruck in Oberösterreich sowie in St. Michael ob Bleiburg in Kärnten.
Verlagerung der Produktion nach Ungarn und Bosnien-Herzegowina
Im Oktober wurde bekannt, dass Mahle bei seiner slowenischen Tochtergesellschaft Mahle Electric Drives Slovenija am Standort Šempeter pri Gorici mehr als ein Drittel der 1.700 Arbeitsplätze abbauen wird. Durch Optimierungsmaßnahmen und die Verlagerung von Teilen der Produktion nach Bosnien-Herzegowina und Ungarn sollen im kommenden Jahr insgesamt 610 Stellen wegfallen.
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Das Unternehmen begründet diesen Schritt mit der schwachen Nachfrage auf dem europäischen Automobilmarkt. In nahezu allen Märkten von Mahle sei ein Nachfragerückgang zu verzeichnen, erklärte Guntram Haas, CEO von Mahle Electric Drives Slovenija im Oktober. Durch die Optimierung der Organisationsstruktur zur Effizienzsteigerung werden 340 Arbeitsplätze abgebaut; weitere 270 Stellen fallen durch Produktionsverlagerungen weg. Konkret wird die Produktion von Generatoren nach Bosnien verlagert, während die Herstellung von E-Kompressoren nach Ungarn geht.

Laut der slowenischen Tageszeitung Delo ist dies bereits die zweite Kündigungsrunde in diesem Jahr. Bereits im Frühjahr wurden 170 Stellen gestrichen, als die Starterproduktion nach Bosnien verlagert wurde.
Trotz dieser Einschnitte plant Mahle, sich in Slowenien stärker auf die Elektromobilität zu konzentrieren. „Wir planen Investitionen in eine neue Systemfertigung für Elektrofahrzeuge, insbesondere in Šempeter“, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Šempeter pri Gorici ist der größte der fünf slowenischen Standorte des Mahle-Konzerns. Das Unternehmen, das durch die Übernahme von Letrika im Jahr 2014 entstand, beschäftigt in Slowenien insgesamt mehr als 2.000 Mitarbeiter. Mit derzeit 1.700 Beschäftigten ist Šempeter ein zentrales Entwicklungs- und Produktionszentrum für elektrische Antriebssysteme und Mechatronik, die in Hybrid- und Elektrofahrzeugen sowie Elektrofahrrädern zum Einsatz kommen. In den letzten Jahren wurde dort auch die Produktion von Elektromotoren für neue Fahrzeugmodelle aufgebaut.
Wie Mahle sich für die Zukunft fit macht
Zum Vergleich: Ende 2019 waren bei Mahle in St. Michael noch mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigt. Der Rückgang der Mitarbeiterzahl spiegelt die Herausforderungen wider, denen sich das Unternehmen in den letzten Jahren stellen musste.
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Mahle ist ein weltweit agierender Automobilzulieferer mit Hauptsitz in Stuttgart. Das Werk in St. Michael ob Bleiburg ist der größte Arbeitgeber in Unterkärnten und spielt eine bedeutende Rolle in der Region. Die aktuellen Maßnahmen zur Arbeitszeitverkürzung sind Teil der Strategie des Unternehmens, flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren und die Beschäftigung langfristig zu sichern.
Die Automobilindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, geprägt durch die Transformation hin zur Elektromobilität und den damit verbundenen Herausforderungen für Zulieferer wie Mahle. Das Unternehmen investiert verstärkt in alternative Technologien, darunter Elektroantriebe, Wasserstoff-Technologien und Lösungen für das Thermomanagement moderner Fahrzeuge, um sich zukunftsfähig aufzustellen.
Jahrzehntelang war der klassische Verbrennungsmotor das Herzstück der Automobilproduktion – und damit auch ein wesentlicher Umsatztreiber für Zulieferer. Doch die schleichende Abkehr von fossilen Brennstoffen führt zu einem strukturellen Rückgang dieser Technologie. Die Nachfrage nach klassischen Kolben, Zylinderköpfen und anderen Motorenkomponenten nimmt kontinuierlich ab. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, arbeitet Mahle an der Entwicklung von Verbrennungsmotoren für alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff und synthetische E-Fuels.
Um sich langfristig auf dem Markt zu behaupten, richtet Mahle seine Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten gezielt auf alternative Technologien aus:
- Elektroantriebe: Mahle entwickelt leistungsfähige E-Motoren und Batteriesysteme, die eine höhere Effizienz und Reichweite ermöglichen. Besonders im Bereich der E-Achsen und Antriebsmodule hat der Konzern wichtige Fortschritte erzielt.
- Wasserstoff-Technologien: Als Ergänzung zur Elektromobilität investiert Mahle auch in Brennstoffzellentechnologie für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge. Diese gilt vor allem für schwere Nutzfahrzeuge als eine zukunftsweisende Lösung.
- Thermomanagement-Systeme: Moderne Elektro- und Wasserstofffahrzeuge benötigen effiziente Kühl- und Heizsysteme. Mahle ist hier ein führender Anbieter von Thermomanagement-Lösungen, die Batterien und Antriebsstränge optimal auf Temperatur halten und so die Leistung maximieren.