Diskussionen um Kraftwerke : Verbund sucht Miteigentümer für Kraftwerk Mellach

Eine Studie des Umweltbundesamts im Auftrag des Verbunds wirbelt einigen Staub in der Grazer Energiewirtschaft auf: Den Autoren zufolge könnte die Emissionsbelastung mit dem Ausbau des Kraftwerks in Graz selbst um ein Vielfaches ansteigen, wenn dieses als sogenannte Grundlastanlage betrieben wird und auf die Versorgung aus dem Verbund-Kraftwerk in Mellach in Graz-Umgebung verzichtet wird. Die Studie warnt also vor schlechterer Luft in Graz, sollte statt in Mellach dort ausgebaut werden.

Studie sei zu hinterfragen

Die Energie Steiermark, mit der der Verbund seit Monaten in juristischem Clinch liegt, kritisiert die Studie: Demnach haben über 30 Umwelt- und Energieexperten unter Vorsitz des Grazer Umweltamtsleiters Werner Prutsch ein im Jänner vorgestelltes Konzept ohne Versorgung aus Mellach erarbeitet und herausgefunden, dass mit Verzicht auf die Fernwärme aus dem Kohlekraftwerk Mellach bis zu 90 Prozent der Schadstoff-Emissionen eingespart werden können, denn das Verbund-Kraftwerk produziere etwa acht Mal soviel Ausstoß als für die Wärmeversorgung in Graz eigentlich nötig ist.

"Das Verbrennen von Kohle in einem Luftsanierungsgebiet ist kein Zukunftskonzept und wird mit Recht von Umweltschutzorganisationen kritisiert. Zurzeit werden vom Verbund jährlich 600 Tonnen Stickoxide in Mellach in die Luft geblasen. Nur elf Kilometer von der Stadtgrenze entfernt. Ökotipps von einem Betreiber, der täglich Kohle verheizt, sind sicher zu hinterfragen", hieß es seitens der Energie Steiermark als Reaktion auf die vom Verbund eingeholte Studie.

Verbund will Partner für Mellach

Für das Kraftwerk in Mellach will der Verbund nun die Landeshauptstadt und das Land als Miteigentümer mit ins Boot holen. Denn bis zum Jahr 2020 müsse der Verbund ohnedies vertraglich fixiert aus dem Steinkohlekraftwerk Mellach bis zu 230 MW Wärme jährlich für die Stadt Graz liefern, "für danach sollten die Karten aber neu gemischt werden", meinte eine Sprecherin des Unternehmens bezüglich des Gaskombi-Kraftwerks. Dieses seit 2011 fertige hochmoderne Kraftwerk wurde um 550 Millionen Euro errichtet, stellte sich dann aber durch den Stromgroßhandelspreis-Verfall - im Gefolge des Ökostrom-Überschusses in Europa nach dem AKW-Fukushima-Unglück in Japan - bei gleichzeitig hohen Gaseinstandspreisen als unrentabel heraus und wurde abgeschrieben. Die Anlage wollte der Verbund 2014 stilllegen, wogegen jedoch die Energie Steiermark eine einstweilige Verfügung erwirkte. Denn sie wünschte sich vom Verbund ein Fernwärme-Back-up aus dem Gaskraftwerk Mellach mit dem Argument, das Kohlekraftwerk dort sei zu oft stillgestanden und daher zu unsicher.

"Wir begrüßen die positiven Signale, insbesondere aus der Stadt Graz, und freuen uns auf die konstruktive Zusammenarbeit für eine langfristige emissionsarme Lösung der Fernwärmeversorgung", so der Verbund nun in einem Statement. Der hocheffiziente Standort Mellach solle "in einer gemeinsamen steirischen Lösung eine Rolle spielen", "wenn auch in Zukunft möglicherweise mit neuer Eigentümerstruktur". "Mit dieser Deutlichkeit" habe man das bisher nicht gesagt, räumt man beim Verbund ein. Auch Bürgerbeteiligungsmodelle seien dabei denkbar.

Schiedsgericht-Entscheid muss abgewartet werden

Zunächst wartet der Verbund die für die nächsten Wochen erwartete Schiedsgericht-Entscheidung zur strittigen Frage ab, ob der Verbund in Mellach neben dem Kohle- auch das Gaskraftwerk für die Grazer Fernwärme weiterlaufen lassen muss. Denn im alten Fernwärme-Liefervertrag, der 2013 lediglich adaptiert wurde, stehe vom Gaskombikraftwerk nichts drinnen. Erst in einem weiteren Schritt wird es dann um die Kostenfrage gehen, also wer für ein Vorhalten des 832-MW-Gaskombikraftwerks Mellach aufkommen müsse. Die Frage sei letztlich, wer die Bereithaltung der Kapazität zahle, hatte Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber wiederholt argumentiert. Allein voriges Jahr kostete den Verbund das eigentlich unrentable Gaskombikraftwerk 30 Millionen Euro, hatte Anzengruber im Frühjahr in einem Interview erklärt. Angeblich soll der Verbund 20 Mio. Euro für die Bereithaltung einer Reservekapazität verlangt haben, hieß es voriges Jahr, bestätigt wurde diese Summe nicht.

Die Energie Steiermark reichte währenddessen in ihrer Stellungnahme dem Verbund die Hand: "Die Tür für eine Wärmelieferung durch den Verbund ab 2020 ist weiterhin offen, wenn der Preis marktkonform ist." Bisher seien aber keine Angebote eingelangt, im Gegenteil, es sei nur die Schließung des Gaskraftwerks über Medien verkündet worden, meinte Energie Steiermark-Sprecher Urs Harnik-Lauris zur APA.

Hintergrund

Im Jänner hatte der steirische Landesenergieversorger seine Fernwärmeversorgungspläne ab 2020 vorgestellt. Das Konzept sieht einen Verzicht auf die vom Verbund bereitgestellte Energie aus dem Kohlekraftwerk Mellach vor. Mehr als 60 Millionen Euro sollen stattdessen in die Aufrüstung von Kraftwerken der Energie Steiermark sowie verstärkte Nutzung von Industrieabwärme, Solarflächen, Biomasse und Deponiegas fließen.

Hintergrund des autarken Grazer Konzepts ist u.a. eine juristische Auseinandersetzung der Energie Steiermark AG mit der Verbundgesellschaft. Es gibt einen Vertrag zur Lieferung von Fernwärme bis 2020. Der Verbund wollte 2014 das wegen der hohen Gaspreise derzeit unrentable Gaskraftwerk Mellach stilllegen, die Energie Steiermark erwirkte eine einstweilige Verfügung: Sie verpflichtet die Verbund Thermal Power dazu, in der Heizsaison 2014/15 zusätzlich zum Steinkohle-Kraftwerk Mellach ein weiteres Kraftwerk als Ausfalls-Reserve betriebsbereit zu halten, um die Fernwärme-Versorgung des Großraumes Graz nicht zu gefährden. Der Verbund beeinspruchte die einstweilige Verfügung. Eine Entscheidung wird für die kommenden Wochen erwartet. (apa)