Tech in Use : Reibungsloser Materialfluss dank Automatisierung

Funken sprühen, Sägespäne fallen zu Boden. Ein Stück Rundstahl kommt aus der Säge gefahren. Automatisch nimmt ein Greifarm den Zuschnitt und legt es in eine Box neben fünf identische Stücke. Dann wendet sich der Roboter wieder der Bandsäge zu. „Es erstaunt mich immer wieder, wie schnell und effizient wir arbeiten, seitdem wir ein Automatiklager mit angeschlossener Sägezelle betreiben“, erzählt Ralf Krumm, Prokurist bei der Schmolz + Bickenbach Distributions GmbH am Standort Bielefeld. „Dank der mechanischen Absortierung der angearbeiteten Teile können wir sogar Aufträge über Nacht ganz ohne personellen Einsatz bearbeiten.“ Mit der Realisierung des neuen Lager- und Materialflusskonzeptes von Remmert hat der Stahldistributor seine Produktionsleistung in kürzester Zeit erheblich gesteigert.

Knackpunkt Lagermethode

Rohre und Stäbe aus Stahl schimmern in den Kassetten des neuen Lagers. Sie werden platzsparend in Türmen bevorratet. Bei der Schmolz + Bickenbach Distributions GmbH in Bielefeld, einem Tochterunternehmen der Schmolz + Bickenbach Gruppe, hat sich in den letzten Monaten einiges getan. Neben der Distribution von Stahlprodukten verantwortet die Gesellschaft umfassende Anarbeitungsleistungen für ihre Kunden. Um diese schnell und preisgerecht realisieren zu können, ist das Unternehmen an seinem Standort auf eine effiziente Bevorratung und Produktion angewiesen. „Das war bisher nur in Maßen gegeben“, so Krumm. Früher lagerten die unterschiedlichen Stahlmaterialien in Hürden, die sich auf die gesamte Halle verteilten. Die Folge: Das Handling war sehr arbeitsintensiv. Langwierige Materialumlagerungen waren ebenso an der Tagesordnung wie hohe Stillstandszeiten der Maschinen. „Die Leistungsanforderungen haben sich in den letzten Jahren sehr verändert“, erläutert der Prokurist. Während er in Richtung des Lagers geht, zeigt er auf den eigenen Maschinenpark. „Bis vor ein paar Jahren lag unser Schwerpunkt auf der reinen Distribution, weniger auf der Anarbeitung. Heute beliefern wir einige Kunden sogar mehrmals am Tag mit bereits angearbeitetem Material – teils in sehr kleinen Losgrößen. Dementsprechend hoch ist der Umschlag der Werkstoffe.“ Für mehr Effizienz modernisierte Schmolz + Bickenbach seinen Standort und investierte in ein automatisches Lager zur Versorgung der Produktion. Als Partner für dieses Projekt stand bereits nach kurzer Zeit fest: es wird die Friedrich Remmert GmbH. Der Lagerexperte überzeugte sowohl mit der sehr guten Qualität seiner Produkte als auch mit seinen kundenspezifischen Lösungen. Darüber hinaus hat Schmolz + Bickenbach bereits an anderen Standorten der Gesellschaft Lagerprojekte erfolgreich mit Remmert realisiert.

Lagerlösung nach Konzept

Ein neuer Auftrag steht an. Das Regalbediengerät (RBG) senkt sich in einer Gasse des Lagers ab und zieht eine Kassette von einem der Lagerplätze. „Wir wollten Schmolz + Bickenbach ein System bieten, das genau auf die Ansprüche des Unternehmens abgestimmt ist, sich jedoch auch flexibel an die sich wandelnden Bedürfnisse anpassen lässt“, erklärt Matthias Remmert, Geschäftsführer der Friedrich Remmert GmbH. „Daher haben wir bei der Erarbeitung der Lagerlösung zum einen konkrete Standortfaktoren, wie aktuelle Lagermengen und Auftragszahlen, einbezogen. Zum anderen haben wir auch mittelfristig absehbare, steigende Anforderungen berücksichtigt.“ Auf Basis der Analyseergebnisse entwickelte der Logistikexperte ein zukunftssicheres Lager- und Materialflusskonzept. Mittelpunkt ist das neue Brückenlager. Auf 590 m² Grundfläche stehen hier 667 Lagerplätze zur Verfügung. Das Lager erstreckt sich über 23 Gassen, die auf zwei Regalblöcke verteilt sind. Zwischen den Blöcken befindet sich ein Hallentor, durch das der An- und Abtransport des Materials erfolgt. Die Platzersparnis durch das raumoptimierte Langgutlager beträgt etwa 20 Prozent. Dieser Platz wird heute für weitere Anarbeitungsschritte genutzt. „Wir haben das Lager so konzipiert, dass eine zweiteilige Nutzung des Systems möglich ist“, erläutert Remmert weiter. So bevorratet Schmolz + Bickenbach hier auch weiterhin Werkstoffe für die Distribution. Diese werden an einer separaten Lagerstation ausgelagert und über zwei Kettenförderer direkt an der Verladestelle bereitgestellt. Darüber hinaus unterstützt das Brückenlager die reibungslose und effiziente Beschickung der Anarbeitung.

Automatisch zugeschnitten und verpackt

Thomas Borgmann, technischer Leiter am Standort Bielefeld, beobachtet am automatisierten Sägebereich, wie das RBG eine Kassette mit Stabmaterial für die Bearbeitung bereitstellt. Er erklärt: „Neben der funktionalen Umstrukturierung unseres Lagerbereichs waren wesentliche Ziele des Projekts die Optimierung und die Automatisierung unserer Anarbeitung sowie der angeschlossenen Abläufe.“ Schmolz + Bickenbach integrierte aus diesem Grund eine hochmoderne Remmert-Sägezelle. Sie besteht aus einem Einzelstabhandlingsystem (kurz Pick-System) und einer Amada-Bandsäge. Der Anarbeitungsprozess erfolgt sowohl schnell als auch effektiv: Das Remmert-Pick-System entnimmt den Stahl aus den Kassetten und führt ihn der Säge zu. Nach der mannlosen Bearbeitung sorgt es für die Rücklagerung des Restmaterials. Gesteuert wird die Säge – ebenso wie alle Lagerprozesse – über die Logistiksoftware PRO FMS Enterprise Sägen von Remmert mit Schnittstelle zu SAP. Ein entscheidendes Kriterium war auch die automatische Absortierung der Zuschnitte. Gemeinsam mit dem Sägenhersteller Amada entwickelte Remmert deshalb im Zuge des Projektes den Sortierroboter Amasort. Die modular aufgebaute Automationslösung besteht aus einem hydraulischen Portalgreifer, Fördertechnik und einem 6-Achsen-Roboter. Sie ermöglicht die vollautomatische Absortierung von bis zu 100 kg schweren Sägezuschnitten. Schmolz + Bickenbach kann so in kürzester Zeit und sogar über Nacht große Stahlmengen mannlos bearbeiten und verpacken. Der Durchsatz am Standort Bielefeld stieg dadurch erheblich.

Ein metallisches Brummen ist von der gegenüberliegenden Hallenseite zu hören. Dort befinden sich vier weitere Sägen. Sie werden ebenfalls mit Werkstoffen aus der neuen „Brücke“ versorgt. Das Materialhandling erfolgt im Gegensatz zur automatisierten Sägezelle per Kran, die Absortierung übernehmen Mitarbeiter. „Durch das neue Langgutlager haben sich auch in diesem Bereich die Prozessabläufe entschieden verbessert“, so Borgmann. „Wir planen jedoch, künftig die ‚manuelle‘ Bearbeitung zurückzufahren. Denn dank Remmert verfügen wir nun über ausreichend Kapazitäten, um die vollautomatische Anarbeitung Schritt für Schritt auszubauen.“

Erfolgreicher Projektabschluss

Ralf Krumm und Thomas Borgmann verlassen die Halle. Sie sind zufrieden. Seit der Integration des neuen Lagers läuft bei ihnen am Standort alles einwandfrei, sagen sie. Nicht nur mehr Platz für die wertschöpfende Produktion wurde geschaffen. Durch das Remmert-Brückensystem erfolgt das Handling im gesamten Lager- und Anarbeitungsbereich vier mal schneller als früher. Dadurch stieg die Maschinenauslastung um ein Drittel. „Vorteile sind auch die erhöhte Transparenz und verbesserte Planbarkeit der Aufträge“, so Krumm. „Dadurch konnten wir unseren Lagerbestand reduzieren und unsere Kapitalbindung senken.“