Alternative Energien : Polen: Ökostrom-Produzenten schwer unter Druck

"Bald werden zahlreiche Firmen aus diesem Sektor pleite gehen und zum Verkauf stehen", sagte Iwona Ustach, Vize-Vorstandsvorsitzende der Investmentgesellschaft Noble Securities, der Zeitung "Puls Biznesu". Zertifikate-Preis fiel um 64 ProzentDas seit 2005 funktionierende System sieht vor, dass die Betreiber von konventionellen Kraftwerken der Energiebehörde URE sogenannte "grüne Zertifikate" vorlegen müssen - je nach produzierter Strommenge eine bestimmte Anzahl. Die Zertifikate können die Firmen bei den Stromproduzenten aus alternativen Energiequellen kaufen - oder durch die eigene Herstellung von grünem Strom erhalten. Der Preis für die Zertifikate, die frei gehandelt werden, fiel jedoch innerhalb eines Jahres von 280 Zloty um über 64 Prozent auf 99 Zloty (23,6 Euro), wie "Puls Biznesu" berichtet. Der Preisverfall ergab sich aus einem Überangebot."Unsere Händler sind Therapeuten""Unsere Händler sind inzwischen zu Therapeuten geworden, die verzweifelte Kunden zu beruhigen versuchen", so Ustach weiter. Besonders hart getroffen seien die Betreiber von Windrädern, kleinen Biogasanlagen und Wasserkraftwerken. Einerseits schrieben sie inzwischen Verluste mit ihrem Geschäft, so Ustach, andererseits verlangten Banken von ihnen die Nachverhandlung ihrer Kredite - wegen des höheren Risikos, das sich durch die fallenden Preise für die Zertifikate ergeben habe.Das Überangebot an Zertifikaten entstand durch Anlagen für die Mitverbrennung von Holz in Kohlekraftwerken, in die Kraftwerksbetreiber in den vergangenen Jahren investierten. Dabei wird Holz der Kohle beigemischt. Bei Umweltschützern ist das Verfahren umstritten. Aber die Kraftwerksbetreiber können so auf einen Anteil von Strom verweisen, der aus Biomasse und damit aus einem nachwachsenden Rohstoff gewonnen wird - und erhalten dafür grüne Zertifikate. "Diese Zertifikate haben ihre Aufgabe, Investitionen in alternative Energien zu fördern, sehr gut erfüllt, aber das hat sich jetzt umgekehrt", so Andrzej Zakrzewski, Energieexperte beim Maklerbüro der Bank BOS.Neues Energiegesetz als Ausweg?Ein Ausweg aus der Situation soll ein vom Wirtschaftsministerium vorgestelltes neues Energiegesetz sein, das die Mitverbrennung von Holz gegenüber anderen alternativen Energiequellen benachteiligt. Es wird allerdings vom Kabinett immer noch beraten und soll vom Parlament erst Mitte des Jahres verabschiedet werden. Beobachter schließen nicht aus, dass sich dieser Termin auf Ende des Jahres verschiebt.Nach Angaben des größten staatlich kontrollierten Stromkonzerns PGE entfielen im vergangenen Jahr 53 Prozent der polnischen Stromerzeugung auf die Steinkohle und 35 Prozent auf Braunkohle. Erneuerbare Energiequellen machten 4 Prozent aus, der Rest stammte aus anderen Formen der Stromproduktion. (APA)