Preisgestaltung : Perfektes Pricing: Acht Tipps für den schnellen Erfolg
Die „Bibel“ haben Georg Frühbauers Verkäufer immer auf ihrem Tisch liegen. Doch die „heiligen Schriften“ der Vertriebler des steirischen Herstellers von elektrotechnischen Installationssystemen haben keinen religiösen sondern ziemlich profanen Inhalt: Das Kompendium enthält die dereinst gemeinsam erarbeiteten Preis- und Rabattkriterien für die Kabelkanäle, Elektrorohre und Verteiler des Unternehmens. Rabatte für Kleinstkunden, Unsicherheiten über die Rabattkompetenz der Verkäufer und hohe Rabattstufen, wie sie zuvor Gang und Gäbe waren, gehören jetzt der Vergangenheit an. „Pricing-Guidelines, wie diese sind ein guter Schritt in Richtung optimierte Preisgestaltung“ sagt Harald L. Schedl, Partner beim Beratungsunternehmen Simon Kucher. „Aber gerade im Pricing gibt es schon im Vorfeld viele kleine Maßnahmen, die einen Quick Win versprechen“ sagt Schedl. Die Tricks des Preisprofis. 1 Säubern Sie ihre Preisliste! In vielen Unternehmen bestimmen historisch gewachsene Preislisten ohne Struktur und Systematik den Verkaufsalltag. Preise für Schlüsselprodukte sind häufig zu niedrig, für hochwertige, differenzierte Produkte und Dienstleistungen wird der Wert nicht im Preis abgeschöpft. Auch Rand- und Ergänzungssortimente werden vielfach hoffnungslos unterbepreist. Schuld daran ist oftmals die reine Kosten-Plus-Kalkulation. Wie holen Sie also mehr durch eine systematische Preisliste raus? Folgende Fragen müssen bei der Optimierung von Preislisten gestellt und beantwortet werden: Wie groß ist der Abstand zwischen Listen- und Marktpreis und wie groß ist der Abstand zwischen Bruttolisten- und Nettorechnungspreis? Welche Preislogik besteht zwischen Schlüssel-, Rand- und Verbundprodukten? Oder: Wie viel mehr Marge bringt ein Spezialprodukt im Vergleich zu einem Standardprodukt? „Unsere Projekterfahrungen zeigen, dass die Optimierung einer Preisliste zu einem zusätzlichen Gewinn von 2 bis 4 Prozentpunkten führt“ sagt Harald Schedl. 2 Schluss mit Rabatten für Kleinstkunden! Das Grundprinzip jedes Rabattsystems muss lauten: Keine Leistung ohne Gegenleistung. In der Praxis fällt auf, dass überdurchschnittlich oft Kleinstkunden Rabatte gewährt bekommen, die nicht ihrer Leistung entsprechen. Wie können Sie im Kleinkundenbereich vorgehen? Vorerst gilt: Fakten auf den Tisch: welche Kunden erhalten relativ zu ihrer Bedeutung die höchsten Rabatte? Erstellen Sie Argumentationshilfen, die eine sachliche Diskussion des Vertriebs mit Problemkunden ermöglicht. Wichtig: Einen Weg nach vorne für den Kunden beschreiben - etwa durch welche Leistung er diesen Rabatt erhalten oder ausbauen kann. „Beruhigend ist, dass gerade in diesem Kundensegment oft hohe Trägheit, herrscht. Eine Justierung der Konditionen hat von daher eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit“ sagt Dr. Thomas Haller, Partner bei Simon - Kucher & Partners. 3 Durchforsten Sie Ihre Zahlungsbedingungen! Fast alle Unternehmen verfügen über einen regelrechten Wildwuchs an Zahlungsbedingungen. Im Kern bedeutet das, dass Kunden versteckte Rabatte gewährt werden. Hinterfragen Sie daher, welche und wieviele Zahlungsbedingungen Ihr Vertrieb zur Steuerung und Entwicklung der Kunden tatsächlich braucht. Reduzieren Sie den Spielraum für die Vergabe von „Sonderzahlungskonditionen“. Achten Sie bei Zahlungszielen wie bei Rabatten auf die Einhaltung des Prinzips Leistung/Gegenleistung. Tipp: Viele Kunden sind knapp bei Kasse. jeder Aufschub einer Zahlung reduziert ihre Liquiditätsprobleme und schafft damit einen Wettbewerbsvorteil für den Lieferanten, der sich an dieser Front großzügig zeigt. „Einer unserer Kunden, Haushaltswarenhersteller konnte deutliche Preiserhöhungen durchsetzen, nachdem er erweiterte Finanzierung und Zahlungsziele anbot“ sagt Harald Schedl. 4 Verrechnen Sie alles, was Sie tatsächlich Leisten! Kostenlose Mehrwertleistungen finden wir in unseren Beratungsprojekten sehr häufig im Bereich der Logistikleistungen. Hierzu zählen generell Leistungen rund um die Fracht, nicht berechnete Expresslieferungen, Verpackung oder Sonderverpackung. Die Fakturierungspraxis zeigt, dass die Fracht in vielen Fällen nicht berechnet wird. Kunden unterscheiden sich oft sehr stark nach Fracht-, Verpackungs- und Servicekosten. Sie sind daher von unterschiedlicher Wertigkeit für das Unternehmen. Abhängig vom jeweiligen Kundenwert können Sie Preise für Fracht, Verpackung und Service differenzieren – und damit Ihren Ertrag steigern. 5 Optimieren Sie die Rabattkompetenzen im Vertrieb! Ob „Sonder- oder strategische Preise“, das Erzwingen von Unterschriften von Vorgesetzten nach Finalisierung der Transaktion oder viel zu viele Ansprechpartner in Vertrieb und Versand: Rabattkompetenzen werden in der Praxis nur all zu gerne überschritten. Die Rabattgewährung muss also ein festes Regelwerk bekommen. Erstellen Sie daher einen Kriterienkatalog und Richtlinien. Dabei reichen wenige Punkte, die Rabatthöhen definieren: Die Auftragsgrösse, Produktlinie und die Gewährung von Finanzierungsinstrumenten (Zahlungsziele, Skonti etc.). Neben einem klaren Regelwerk für die Bestimmung von Rabatthöhen müssen auch die Preisverhandlungen in einer Stelle zusammengeführt werden. 6 Verkleinern Sie die Rabattstufen! Die Frage ist, was kostet Aufrunden? Rabattstufen wirken auf den Vertrieb wie Magnete. Auswertungen zeigen regelmäßig, dass Rabattstufen ausgeschöpft werden und an den jeweiligen Rabattstufen eine Häufung von Vertragsabschlüssen beobachtbar ist. Das Aufrunden in 5er-Schritten führt schnell zu schwindelerregenden Rabatthöhen. Ein Umstellen von 5-er Schritten auf kleinere, ungerade Rabattgrößen also von 10 auf 7 Prozent in Verbindung mit einem Anreizsystem für den Außendienst, das die Preisdurchsetzung honoriert (und damit die Verteidigung jedes Prozentpunktes Marge) bringt in der Praxis deutliche Ergebniszuwächse. 7 Streichen Sie Gratis-Dienstleistungen! Viele Unternehmen beschäftigen so genannte Anwendungstechniker, die den reibungslosen Einsatz der gelieferten Materialien im Produktionsprozess des Kunden sicherstellen. Ob Wartung oder Einbau: Ein falsches „Service-Verständnis“ führt in der Praxis zu einer „wir kümmern uns drum“-Mentalität. Eine konsequente Bepreisung dieser Leistungen in Abhängigkeit von Kundenwert, Dringlichkeit des Servicebedarfs unterstützt die Steuerung und erschließt entsprechende Einnahmequellen. Erfassen Sie in einem ersten Schritt alle Leistungen, die Ihre Techniker erbringen. Schnüren Sie attraktive Leistungsbündel. Bepreisen Sie die Pakete individuell nach Kundenwert und Dringlichkeit. Und: Entwickeln Sie überzeugende Argumente für den Vertrieb dieser Leistungen. Die Umstellung von einer Gratiskultur im Servicebereich erfordert volle Management-Attention. Der Charme liegt darin, dass die Ergebniswirkung unmittelbar folgt und die Steuerungsfunktion des Preises sich positiv auf das Kapazitätsmanagement auswirkt. 8 Weg mit Boni ohne Anreiz und Steuerwirkung! Starre Volumens-Boni sind gefährlich: Jeder Auftrag, der dem Aussendienstler in diesem System verloren geht, ist Umsatz der ihm fehlt – auch wenn das Unternehmen bei Tiefpreisen schon längst Verluste schreibt. Eine starre Umsatzzielvorgabe, bei deren Erfüllung der Aussendienstler einen vorher festgelegten Bonusbetrag erhält, ist ähnlich problematisch. Etwa, wenn der Aussendienstler knapp unter seinem Ziel liegt. Um Motivation dafür zu schaffen, dem Preisdruck durch den Kunden und dem Wettbewerb standzuhalten, ist dem Anreizsystem eine zusätzliche variable Komponente zu integrieren, die ertrags- oder besser preisdurchsetzungsabhängig ist. Diesen Weg ist man auch beim steirischen Installationssystemehersteller gegangen. Dort wird jetzt neben dem Volumenbonus von 0,5 Prozent des Umsatzes einen Ertragsbonus von 10 Prozent bezogen auf die Differenz des tatsächlich realisierten Preises zum Zielpreis bezahlt. Das Bonussystem ist radikal: Eine Unterschreitung des definierten Zielpreises führt sogar zu einem Malus – also zur Schmälerung der Gesamtboni. Da nützt auch kein Blick auf die Bibel, die auf jedem Schreibtisch liegt. Rudolf Loidl