Elektronikindustrie : Japan-Schock für österreichische Chiphersteller

AT&S Gerstenmayer
© Helene Waldner

Zuerst kommen die Angestellten. Andreas Gerstenmayer, CEO von AT&S, ist erleichtert, dass ihnen vorerst nichts zugestoßen ist: „Wir sind froh, dass die Mitarbeiter unseres Vertriebsbüros in Tokio unverletzt sind. Unsere oberste Priorität ist ihre Sicherheit und Gesundheit. Wir sind tief erschüttert, dass es nicht nur zu Produktionsausfällen in Japan gekommen ist, sondern vor allem über das Leid und die Not der Menschen, die auch Auswirkungen auf die ganze Industrie haben werden.“ Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Leiterplatten-Branche sind für ihn jedoch noch nicht abschätzbar. „Zu einem haben wir widersprüchliche Informationen, zum anderen traue ich mich auch nicht, die Weiterentwicklung vorherzusagen. Es hängt nun vom weiteren Verlauf der Dinge ab, die nicht in unserem Einflussbereich stehen.“ In Japan beliefert AT&S global tätige Konzerne und unterhält Forschungskooperationen, beispielsweise mit dem Elektrohersteller Panasonic.Die asiatischen AT&S-Fertigungsstandorte in Schanghai und Ansan bei Seoul sind derzeit voll lieferfähig, betont Gerstenmayer: „ Es gibt sehr wenige Materialien, die wir von japanischen Lieferanten beziehen. Von diesen Lieferanten sind nur wenige wiederum von der derzeitigen Situation betroffen und mit all diesen stehen wir im engen Kontakt. Darüber hinaus haben die meisten unserer japanischen Zulieferer auch Werke in anderen asiatischen Regionen. Aber wir beobachten die Situation ganz genau, vor allem auch die logistischen Konsequenzen, die sich daraus ergeben.“ Derzeit geht Gerstenmayer noch nicht davon aus, dass die Lieferketten modifiziert werden müssen, aber: „Natürlich kann es zu terminlichen Verzögerungen kommen.“Ausgefallene japanische Produktionen können nicht so ohne weiteres ersetzt werden. Die AT&S-Werke fuhren schon vor dem Unglück in Japan mit fast hundertprozentiger Auslastung: „Deshalb ist eine kurzfristige Produktionsaufstockung nicht so einfach möglich. Aber natürlich werden wir unseren langfristigen japanischen Partnern im Rahmen unsere Möglichkeiten in jeder Form Unterstützung anbieten“, sagt Gerstenmayer. Infineon: Situation noch unklar.Ob und wie stark die Produktion im Villacher Werk des deutschen Halbleiterhersteller Infineon betroffen sein könnte, dazu will Sprecherin Ingrid Lawicka derzeit keinen Kommentar abgeben. „An den Marktspekulationen beteiligen wir uns nicht, dazu ist die Situation noch zu unklar. Wir sind aber dabei, die Lage unserer Kunden und Lieferanten zu analysieren, um – wenn nötig – entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.“ Infineon erwirtschaftet rund 6 Prozent seines Umsatzes (im Geschäftsjahr 2010 3,295 Milliarden Euro) in Japan und beschäftigt in Tokio knapp hundert Mitarbeiter. Nachdem das Atomkraftwerk Fukushima außer Kontrolle geraten war, hatte der deutsche Konzern ihnen angeboten, mit ihren Angehörigen in den Süden des Landes zu gehen. Eine Fertigung unterhält Infineon in Japan nicht. Maike Seidenberger