Pharmaindustrie : Fresenius: Großübernahme
Kurz nach dem zunächst gescheiterten Kauf von Rhön Klinikum schiebt der Gesundheitskonzern Fresenius eine Großübernahme in den USA an. Mit der Akquisition der US-Firma Fenwal, die Geräte zur Gewinnung und Verarbeitung von Blut für Blutbanken und Krankenhäuser produziert, steigt die Fresenius-Tochter Kabi zum weltweit größten Anbieter von Blut-Transfusionstechnik auf. Der Kaufpreis liegt zwei Insidern zufolge einschließlich Schulden bei rund 1,1 Milliarden Dollar (902 Millionen Euro) . Verkäufer sind die Finanzinvestoren TPG und Maverick Capital, wie Fresenius am Freitagabend mitteilte."Einmalige Chance" "Mit der Akquisition von Fenwal nutzen wir eine einmalige Chance, unser Geschäft im Bereich der Medizintechnik und Transfusionstechnologie erheblich auszubauen", erklärte Fresenius-Chef Ulf Schneider. Mit dem Kauf verbreitere Fresenius Kabi seinen Zugang zum nordamerikanischen Markt. Dort habe die Fresenius-Tochter, die auf intravenös zu verabreichende Generika spezialisiert ist, medizintechnische Produkte bisher nicht angeboten. Mit Fenwal kommt Kabi künftig im Geschäft mit Blut-Transfusionstechnik auf einen Weltmarktanteil von 32 Prozent.Fenwal erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 614 Millionen Dollar. Dabei erzielte das Unternehmen einen bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 90 Millionen Dollar. Fresenius geht davon aus, die Übernahme bis zum Jahresende unter Dach und Fach zu bringen. Das US-Unternehmen hat etwa 4.900 Beschäftigte, es besitzt weltweit fünf Produktionsstätten und ein Forschungszentrum. Kabi kam 2011 auf einen Umsatz von 3,96 Milliarden Euro.Hier gehts weiter
Fenwal ist Fresenius zufolge in der Transfusionsmedizin stark im Geschäft mit Geräten zur Blutgewinnung, Fresenius Kabi ist in dem Feld bisher mehr auf Blutbeutel und Blutfilter ausgerichtet. In Zukunft könne Kabi daher alle Bereiche der Transfusionsmedizin abdecken. Der Konzern verspricht sich durch den Zukauf "erhebliche Umsatz- und Kostensynergien".Solides Finanzpolster Fresenius will die Übernahme aus vorhandenen Finanzmitteln stemmen. Dank einer Kapitalerhöhung im Mai, bei der der Konzern 1,01 Milliarden Euro einnahm, besitzt Fresenius derzeit ein solides finanzielles Polster. Zum Kaufpreis teilte Fresenius lediglich mit, er liege unter den Einnahmen aus der Kapitalerhöhung. Darüber hinaus sei zum Preis Stillschweigen vereinbart worden. Fenwal wurde bei der Transaktion von Barclays und Evercore Partners beraten.Kein Einfluss auf Rhön-Kauf Ein Fresenius-Sprecher betonte zudem, der Kauf von Fenwal habe keinen Einfluss auf die Entscheidung, wie Fresenius bei Rhön Klinikum weiter vorgehen werde. Diese Entscheidung stehe noch aus. "Auch wenn die Übernahme von Rhön Klinikum wie geplant erfolgt wäre, hätten wir Fenwal gekauft. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun", fügte er hinzu. Der Kauf von Rhön war im ersten Anlauf gescheitert, weil Fresenius nicht wie angestrebt mehr als 90 Prozent der Rhön-Aktien einsammelte. Diese Hürde hatte sich Fresenius-Chef Schneider gesetzt, weil diese Zustimmungsquote in der Rhön-Satzung für alle wichtigen Entscheidungen vorgesehen ist. Zuletzt hatte Fresenius Kreisen zufolge neue Wege sondiert, wie eine Übernahme der fränkischen Klinikkette doch noch gelingen könne.Wachstumsmarkt Mit Fenwal baut Fresenius Kabi seine Geschäfte in einem Wachstumsmarkt aus. Denn Fresenius zufolge steigt der Bedarf an Produkten und Geräten für die Gewinnung von Blutkomponenten wie Thrombozyten und Plasma. Aktuell werden laut Fresenius jährlich weltweit etwa 92 Millionen Blutspenden gesammelt. Einer der Wachstumstreiber für das Geschäft sei die zunehmend bessere Gesundheitsversorgung in vielen Schwellenländern. Zu den großen Wettbewerbern in der Transfusionsmedizin zählen der japanische Konzern Terumu sowie das US-Unternehmen Haemonetics. Unter den Firmen, die in diesem Feld der Medizintechnik tätig sind, gab es zuletzt mehrere Übernahmen. So kaufte Terumu 2011 das US-Unternehmen CaridianBCT. Vor drei Monaten hatte Haemonetics angekündigt, für rund 550 Millionen Dollar einige Geschäfte des Rivalen Pall zu erwerben. (APA/Reuters)