Standort Wien : FlyNiki könnte eine Konzernschwester der AUA werden
Bei der Lufthansa geht jetzt alles ganz schnell. Nach einem Sonderaufsichtsrat wurde angekündigt, dass am Freitag Verhandlungen zur Übernahme von weiten Teilen der insolventen Air Berlin beginnen. Sie dürften das ganze Wochenende laufen. Im Idealfall könnte man nächste Woche fertig sein. Spannend wird das für Niki: Die Lufthansa will nämlich den österreichischen Air-Berlin-Ableger ganz übernehmen.
Air Berlin könnte demnach schon im September zerschlagen sein, berichtete Donnerstagmittag die "Süddeutsche Zeitung". Zu Unklarheiten über die aktuelle Eigentümerschaft der Niki Luftfahrt GmbH hat zuvor Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" klargestellt, dass die österreichische Airline noch der Air Berlin gehört. Und deshalb ist es nun Sache der Air Berlin, diese auch selber zu verkaufen.
Insider: Niki braucht millionenschwere Finanzspritze
In den Verhandlungen rund um Air Berlin geht es auch um die Österreich-Tochter Niki. Lufthansa will 21 Flugzeuge von Niki übernehmen, wie Insider sagten. Sie soll nicht in die Insolvenz rutschten, braucht dazu aber rasch eine millionenschwere Finanzspritze der insolventen Air Berlin, an deren Tropf Niki hängt. "Darüber wird gerade gesprochen", sagte ein Verhandlungsteilnehmer.
Der aktuelle Stand der Entwicklungen zusammengefasst
Der größte Teil der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin könnte schon bald beim größeren Konkurrenten Lufthansa landen. Die Lufthansa sieht sich unter großem Zeitdruck, so dass die bereits weit gediehenen und seit Monaten laufenden Verhandlungen schon nächste Woche abgeschlossen werden könnten.
Der deutsche Marktführer Lufthansa - dem in Österreich die AUA (Austrian Airlines) gehört, will sich aus der Insolvenzmasse einen großen Teil der Flugzeuge sichern.
Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt sprach sich ungewöhnlich deutlich für eine nationale Lösung aus: "Wir brauchen einen deutschen Champion im internationalen Luftverkehr", sagte der CSU-Politiker am Donnerstag der "Rheinischen Post". "Deswegen ist es dringend geboten, dass Lufthansa wesentliche Teile von Air Berlin übernehmen kann." Regionale Monopole dürften dabei keine Rolle spielen.
Lufthansa will 90 Maschinen und Niki ganz
Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" hat sich auch die Nachrichtenagentur Reuters bestätigen lassen, dass die Lufthansa bis zu 90 Maschinen übernehmen wolle, sowie die Tochter Niki. "Das sind Vorstellungen, mit denen die Lufthansa in die Gespräche geht", so ein Insider. "Geht alles glatt, so könnte Air Berlin bereits im September und nicht erst im November zerlegt sein."
Auch die deutsche Bundesregierung macht Druck, schnell zu Ergebnissen zu kommen: "Alle Beteiligten sind jetzt dazu aufgerufen, zügig, aber gewissenhaft zu verhandeln", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig. Der 150 Millionen Euro schwere Überbrückungskredit der Regierung gebe Air Berlin die nötige Luft, bis eine Übernahme in trockenen Tüchern sei.
Machnig geht davon aus, dass der Kredit - der als staatliche Beihilfe gilt - und der Verkauf die Zustimmung der Wettbewerbshüter bei der EU-Kommission bekommen. Je größer die Teile sind, in die die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft zerschlagen wird, desto größer ist die Chance, dass sich Brüssel für zuständig erklärt und die Entscheidung nicht dem deutschen Bundeskartellamt überlässt.
Die Zeit drängt - Buchungen brechen ein
Die Zeit drängt, weil die Buchungen angesichts der Insolvenz einzubrechen drohen. Das Online-Buchungsportal fluege.de hat den Verkauf von Air-Berlin-Flügen vorübergehend gestoppt, will ihn aber spätestens am Freitag wieder aufnehmen.
"Wir gehen jedoch davon aus, dass Kunden die Angebote der Konkurrenz aufgrund der Insolvenz aus nachvollziehbaren Gründen bevorzugt in Anspruch nehmen werden", sagte ein Sprecher. Informierten Quellen zufolge hatte der Lufthansa-Vorstand abgelehnt, Garantien für alle Buchungen von Air Berlin zu übernehmen.
Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann verhandelt neben der Lufthansa mit zwei weiteren börsennotierten Rivalen über eine Übernahme von Teilen von Air Berlin selbst und der Österreich-Tochter Niki. Sie seien "in finanzieller Hinsicht seriös, vom Volumen her ausreichend groß, um Air Berlin eine sichere Zukunft zu bieten, und hätten zudem das Interesse, weiterhin vom Standort Deutschland aus zu operieren."
Mitarbeiter könnten massive Nachteile bekommen
Die Gewerkschaft Verdi fürchtet, dass die Interessenten nur die Flugzeuge kaufen wollen und die mehr als 8.000 Beschäftigten von Air Berlin sich neu bewerben müssen. "Dann wären Lohnverluste von bis zu 50 Prozent zu befürchten", sagte Bundesvorstandsmitglied Christine Behle nach einem Gespräch mit Air-Berlin-Personalchefin Martina Niemann. "Diese Perspektive hat uns ziemlich geschockt." Verdi fordert von den Übernehmern, die Beschäftigen zu fairen Konditionen zu übernehmen.
Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo kritisierte: "Die Bieter wollen nur das Blech, und die Leute können sehen, wo sie bleiben." Baublies appellierte an die Politik, die Arbeitsplätze zu aktuellen Bedingungen zu sichern. "Mit dem 150-Millionen-Kredit sollten schließlich die Jobs gerettet werden", sagte Tarifvorstand Nicoley Baublies der Deutschen Presse-Agentur.
Der Kranich-Konzern will neben bereits angemieteten 38 Air-Berlin-Jets die österreichische Touristik-Tochter "Niki" und weitere Flugzeuge übernehmen. Sie sollen unter dem Dach der Lufthansa-Tochter Eurowings an den Start gehen. In der Zahl seien auch die meisten der 17 Langstrecken- Flugzeuge der Air Berlin enthalten, die ebenfalls an die Eurowings gehen sollen.
Ein großes Problem: Air Berlin und Lufthansa waren oft direkte Konkurrenten
Die Pläne der Lufthansa stoßen aber weiter auch auf Gegenwind. "Air Berlin und Lufthansa sind auf vielen Flugstrecken direkte Konkurrenten", sagte der Chef der deutschen Monopolkommission, Achim Wambach, der "Rheinischen Post". Die Lufthansa müsse bei einer Übernahme "mit strengen Bedingungen und Auflagen rechnen". Dazu zähle der Verzicht auf weite Teile der begehrten Landerechte von Air Berlin.
(red/APA/Reuters/dpa)