Automatisiertes Fahren : BMW, Audi und Daimler bieten gemeinsam für Nokias Kartendienst "Here"

Here Kartendienst Nokia
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Für das Geschäftsfeld namens "Here" interessierten sich außerdem der US-Finanzinvestor Hellman & Friedman und das Online-Netzwerk Facebook, wie das "Manager Magazin" am Mittwoch mitteilte. Der US-Fahrdienst Uber war in Medienberichten zuvor ebenfalls als möglicher Bieter gehandelt worden. Die Autobauer wollten dazu nicht Stellung nehmen.

Hochpräzise digitale Straßenkarten sind eine der Voraussetzungen für automatisiertes Fahren - ein Thema, das die Fahrzeugindustrie zum neuen Trend erkoren hat. Nokia hatte die detaillierten digitalen Karten auch speziell mit Blick auf die Autobranche entwickelt und wollte ins Geschäft mit selbstfahrenden Fahrzeugen kommen. Mittlerweile hat sich Nokias Fokus allerdings geändert: Nun will man sich auf das Kerngeschäft als Netzwerk-Ausrüster konzentrieren und dazu Alcatel-Lucent kaufen. Deshalb ist Nokia auch darauf angewiesen, "Here" zu verkaufen, denn die angestrebte Übernahme von Alcatel erfordert einiges an Kapital.

Daimler hatte mit Here bereits 2013 bei Testprojekten mit computergesteuerten Autos zusammengearbeitet. Inzwischen nutzen die Schwaben allerdings ihre eigenen Karten. Auch der Autozulieferer Continental kooperiert mit Here. Zu den Verkaufsgerüchten wollte sich der Konzern nicht äußern.

Top-Manager von Daimler und BMW hatten zuletzt dafür geworben, dass die gesamte Fahrzeugbranche beim automatisierten Fahren enger zusammenarbeiten solle - allerdings nur bei nicht sichtbaren Komponenten oder Techniken. Kooperationen hinter den Kulissen sind in der Autoindustrie an der Tagesordnung, weil sich so die Milliardenkosten für Entwicklung oder Einkauf drücken lassen. BMW und Daimler beschaffen etwa gemeinsam Standard-Teile wie Gurtstraffer oder Scheibenwischer. Auch Motoren und neue Antriebstechnologien entwickeln große Autobauer gern gemeinsam oder kaufen sie sich gegenseitig ab. Rund drei Viertel eines Pkw stammen von Zulieferern. Der Kundschaft gegenüber betonen die Autohersteller indes die Einzigartigkeit ihrer jeweiligen Marke, denn für gutes Image lässt sich gerade im Premiumsegment ein ordentlicher Preisaufschlag kassieren.

Der Netzwerktechnik-Konzern Nokia hatte vor kurzem angekündigt, strategische Optionen für Here zu prüfen. Laut "Manager Magazin" wird das restrukturierungsbedürftige Kartengeschäft in den Büchern mit einem Wert von zwei Milliarden Euro geführt. Die drei deutschen Autobauer seien nicht bereit gewesen, viel mehr als den Buchwert zu bezahlen, weshalb ihr ursprüngliches Angebot an Nokia schon vor dem regulären Verkaufsprozess nicht auf fruchtbaren Boden gefallen sei. Nokia wollte sich zu den möglichen Interessenten nicht äußern. Auch Facebook lehnte eine Stellungnahme ab.

Nokia hofft auf andere Käufer

Nokia versucht laut einem Medienbericht, das Interesse an seiner Kartensparte bei Apple, Amazon und dem chinesischen Internet-Riesen Alibaba zu wecken. Der finnische Konzern wolle beim Verkauf des Bereichs mit dem Markennamen "Here" mehr als 3 Mrd. Euro einnehmen, berichtete der Finanzdienst Bloomberg am Donnerstag.

Nokia habe auch den chinesischen Internet-Konzern Baidu, den US-Radiobetreiber Sirius XM sowie den Elektronik-Konzern Harman als mögliche Käufer der Karten-Sparte angesprochen, schrieb Bloomberg. Die erste Runde der Gebote stehe Ende kommender Woche an, hieß es. (apa/Reuters)