Klimawandel : Anzengruber: Müssen hochmoderne Industrie in Österreich behalten
Einhelliges Bekenntnis zum Erhalt der hochmodernen Industrie in Österreich: Es wäre unsinnig, diese durch eine Produktion woanders zu ersetzen, denn unterm Strich würde mehr CO2 ausgestoßen, sagte Verbund-GD Wolfgang Anzengruber am Dienstag, ähnlich wie IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Selbst oö Grünen-Landesrat Rudi Anschober plädierte mit Blick auf die Voest gegen ein Verdrängen vom Markt.
Auch die Industriellenvereinigung (IV) sei überzeugt, dass das vorvorige Woche beim EU-Gipfel geschnürte CO2-Senkungsziel von 40 Prozent bis zum Jahr 2030 (gegenüber 1990) nötig sei, doch bräuchten die Firmen "Planbarkeit" und ein "Grundvertrauen". "Die Unternehmen kämpfen kostenmäßig", sagte Neumayer beim Energie-Frühstück des Verbund: "Entscheidend ist, wie gelingt es uns Unternehmen, die fit und hochgradig energieeffizient sind, hier am Standort zu halten, sodass sie auch weiter investieren."
Betriebe, die emissionsarm produzieren sollen nicht "vertrieben" werden
Man solle nicht jene Betriebe, die emissionsarm produzieren, "in andere Erdteile vertreiben". IV-intern stehe derzeit das Thema "carbon leakage" im Zentrum, räumte Neumayer ein, also die Frage eines Abwanderns CO2-intensiver Firmen ins Ausland. Wichtig wäre auch die Anerkennung erbrachter Vorleistungen, doch sei das eventuell nicht gewährleistet, wie das EU-Gipfelabkommen, über das man nicht allzu glücklich sei, und die Debatte um den Non-ETS-Sektor zeigten. Im Lichte dessen zeigte sich der IV-Generalsekretär "sehr sehr skeptisch", ob es bei der Pariser Klimakonferenz Ende 2015 gelingen werde, hier ein "level playing field", also gleiche Wettbewerbsbedingungen, zu schaffen.
Der für Umwelt und Energie zuständige oberösterreichische Grünen-Landesrat Anschober betonte, er halte einen ambitionierten Klimaschutz und einen starken Wirtschaftsstandort für miteinander vereinbar, wenn die Betroffenen einbezogen würden und man eine standortabsichernde und sozialverträgliche Linie anstrebe, wie dies auf Landesebene in Oberösterreich gemacht worden sei. Wichtig sei ein planbarer, berechenbarer Kurs - leider gebe es derzeit aber keine EU-Energiepolitik, auch bei der heimischen Regierung hapere es hier an Plan- und Berechenbarkeit.
"Die fitte Stahlindustrie wollen wir nicht vom Markt verdrängen", betonte Anschober als Keynote-Speaker mit Blick auf die in Linz sitzende Voestalpine. Welchen CO2-Senkungs-Spielraum der börsenotierte Stahlkonzern haben werde, hänge davon ab, für welche Technologie sich die Voest künftig entscheide: "Geht es Richtung Elektrostahl, gibt es viel Spielraum. Wenn man aber beim Hochofen bleibt, gibt es wenig Senkungspotenzial."
Grüne: CO2-Steuer vernünftiger als CO2-Handelssystem
"Auf den ersten Blick" würden die EU-Klimaschutz-Ziele für 2030 "sehr schön" wirken, bei näherem hinsehen seien aber "sehr sehr lau", meinte der Grünen-Politiker. Der heimischen Regierung würde es nach Ansicht Anschobers in der Klimapolitik "sehr wohltun zu sagen: Ja, wir wollen Vorreiter in Europa sein und Technologien entwickeln." Eine CO2-Steuer halte er im übrigen für viel vernünftiger als das jetzige CO2-Handelssystem, das "versagt" habe. Dem stimmte auch IV-Generalsekretär Neumayer zu: "Ja, viele Firmen könnten mit einer CO2-Steuer besser leben."
Verbund-Vorstandschef Anzengruber forderte "sicherzustellen, dass Österreich und Europa ein starker Wirtschaftsstandort bleiben und einen Beitrag zum Wohlstand leisten können". Gerade die moderne energieintensive Industrie sei ein Garant dafür, dass es zu weiteren Senkungen der CO2-Emissionen kommen werde, deshalb "hat es keinen Sinn, diese durch eine Produktion woanders zu ersetzen". Müsse Europa vermehrt außereuropäisch erzeugte Güter einführen, würde das die CO2-Gesamtbilanz sogar noch verschlechtern. Der Verbund selbst liege bei seiner Erzeugung schon bei unter 10 Prozent bei seinem "carbon footprint". "Wir wollen ja in Richtung CO2-freie Erzeugung gehen", erinnerte der Verbund-Chef.
Der Fleisch- und Wurstverarbeiter Schirnhofer, einer der Größten der Branche, hat sich als Ziel eine CO2-neutrale Produktion gesteckt, so Geschäftsführer Karl Schirnhofer: "Das ist ganz ganz schwierig. Wenn wir das schaffen, ist es die 'Champions League'. Nach Deutschland fahren wir schon heute CO2-neutral mit unseren Produkten." Um das Ziel zu erreichen, errichte man unter anderem eine Biomasse-Dampfheizanlage. Wer wie sein Betrieb solche Umwelt-Zukunftsthemen "abbilden" könne, habe bessere Chancen am Markt - bei den Abnehmern im Handel und den Endverbrauchern am Regal. (APA)