Rechtstipp : Alternative zum syndizierten Kredit?

In den letzten Jahren erfreuten sich Schuldscheindarlehen großer Beliebtheit. Das begebene Volumen bei Schuldscheindarlehen stieg von weniger als fünf Milliarden Euro (2004) auf rund 11,5 Milliarden Euro (2014). Schuldscheindarlehen haben typischerweise ein Volumen zwischen zehn Euro und 300 Millionen Euro mit Laufzeiten zwischen zwei und zehn Jahren, wobei die Nachfrage für Tranchen zwischen drei und sieben Jahren am größten ist. Im Unterschied zu vergleichbaren Kreditverträgen sind Schuldscheine kürzere Dokumente. Insbesondere sind die Covenants und Zusicherungen weniger umfangreich. Daher wird ein Schuldscheindarlehen meistens für „Investment-Grade“- Emittenten verwendet. Sie setzen eine gewisse Transparenz voraus, da in der Regel die Einhaltung von Finanzkennzahlen vereinbart wird. Neben einem entsprechenden Rechnungswesen beim Emittenten ist es erforderlich, diese unternehmensrelevanten Kennzahlen nicht nur der Hausbank, sondern auch anderen Investoren zur Verfügung zu stellen.

Oft wird die Frage der Steuernettozahlung (tax gross up) verhandelt. Dabei geht es vereinfacht gesagt um die Frage, wer eine allfällige Quellensteuer (wie beispielsweise die KESt) für Zahlungen zu tragen hat. Bei Kreditverträgen trägt dieses Risiko für gewöhnlich der Kreditnehmer, weil nach derzeitiger Rechtslage in Österreich Zinszahlungen nicht der KESt unterliegen. Bei Anleihen wird die Steuer in der Regel vom Investor getragen, wobei bei den meisten Anleihen keine österreichische KESt anfällt, da Zahlungen durch eine couponauszahlende Stelle im Ausland erfolgen. Da der Schuldschein vielfach als Kapitalmarktprodukt angesehen wird, erscheint die für Anleihen gewählte Lösung sachgerecht.

Bei Zusicherungen und Verpflichtungen gilt dasselbe wie bei Kreditverträgen. Es sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass die operativ notwendigen Ausnahmen korrekt abgebildet sind und die notwendige Dispositionsfreiheit erhalten bleibt sowie dass nur jene Tochtergesellschaften einbezogen werden, welche für Investoren relevant sind und vom Kreditnehmer kontrolliert werden (können).

Dasselbe gilt für die Kündigungsgründe, wobei hier außerdem darauf geachtet werden sollte, nur eine „cross acceleration“ und nicht ein „cross default“ als Kündigungsgrund zu vereinbaren. Das bedeutet, dass Investoren das Schuldscheindarlehen nur dann fällig stellen dürfen, wenn andere Finanzverbindlichkeiten tatsächlich fällig gestellt werden (und nicht nur fällig gestellt werden könnten). Im Zusammenhang mit Kündigungsgründen ist es empfehlenswert, unbestimmte Verweise auf „mögliche nachteilige Auswirkungen“ zu streichen und darauf zu bestehen, konkrete Kündigungsgründe anzuführen. Für diesen Fall sollte nicht vergessen werden, vergleichbare gesetzliche Kündigungsgründe auszuschließen.

Da der Schuldschein übertragbar ist, sind Übertragungsmechanismus und Übertragungsbeschränkungen wesentlich: Bei den Übertragungsbeschränkungen haben arrangierende Banken und Investoren vor allem eine leichte Übertragbarkeit vor Augen. Allerdings kann eine uneingeschränkt zulässige Übertragung dazu führen, dass der Kredit an „unerwünschte“ Investoren (beispielsweise Hedgefonds) übertragen wird. Um einer solchen Situation vorzubeugen, kann beispielsweise eine Positivliste vereinbart werden, die Investoren enthält, an die ohne weitere Einbindung des Kreditnehmers übertragen werden kann. Üblicherweise sollte auch die Übertragung an Refinanzierungsgeber (wie Bundesbank, OeNB oder EZB) nicht eingeschränkt werden, um eine erfolgreiche Platzierung zu gewährleisten. Schließlich sollte auch das Risiko der österreichischen Gebühr bei Abtretungen geregelt werden. Da Abtretungen für den Kreditnehmer weder vorhersehbar noch beherrsch- bar sind, sollte der Kreditnehmer nicht für diese Gebühr haften.

Mag. Emanuel Welten ist Partner bei Binder Grösswang und spezialisiert auf Bankrecht & Finanzierungen.