Felsners Faktencheck : Erich Foglar im Münchhausen-Test

Felsners Faktencheck
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Lieber Herr Foglar,

Dank Ihres Engagements hat das Lamentieren um die Reform der Einkommensbesteuerung endlich ein Ende. Ihre politischen Genossen haben offenbar von Ihrem Vorstoß inspiriert in den letzten Wochen einen eindrucksvollen Paradigmenwechsel von budgetär unabdingbaren Einsparungen im Bildungsbereich zu nun plötzlich - und eigentlich sogar rückwirkend - finanzierbaren Entlastungen der Einkommen hingelegt. Die Spitze des Koalitionspartners spielt derzeit beim Steuerthema noch auf Zeit, der Druck der Parteibasis wird aber auch dort immer größer.

Damit die Steuerreform nicht auf die lange Bank geschoben wird, werden Sie bereits im September 2014 ein Finanzierungskonzept vorlegen. Wobei Sie sich eigentlich nur über 80 Prozent der Gegenfinanzierung der Steuerentlastung Gedanken machen, die restlichen 20 Prozent würden durch höheren Konsum - und damit abzuführende Umsatzsteuern - ja ohnehin postwendend wieder retour in die Staatskassen gespült.

Bei dieser Rechnung muss ich Ihnen leider massiv widersprechen bzw. Ihnen dringend nahelegen, sich mit der österreichischen Umsatzsteuerregelung vertraut zu machen. Die von Ihnen oft zitierten und stark steigenden Kernausgaben der Österreicher - wie beispielsweise Wohnungsmiete und Nahrungsmittel - unterliegen nur einer 10-prozentigen Umsatzsteuer. Abgesehen davon wird nicht jeder entlastete Österreicher seine Einsparung zur Gänze verkonsumieren sondern auch Sparreserven anhäufen oder Versicherungsverträge abschließen. Familien mit knappen Budgets urlauben tendenziell auch an der österreichischen Umsatzsteuer vorbei im Ausland.

Realistisch betrachtet dürfte der Rückfluss der Entlastung aus der Umsatzsteuer wohl eher bei knappen 10 als bei 20 Prozent liegen. Bei der kolportierten Lohnsteuerreduktion von 4 Milliarden Euro geht Ihre Rechnung damit um satte 400 Millionen Euro am Ziel vorbei. Nicht berücksichtigt bei dieser Kalkulation sind die Auswirkungen der von Ihnen angedachten Vermögenssteuern. Insbesonders bei ihrer populistisch inszenierten Millionärssteuer sollten Sie die Rechnung nicht ohne den Wirt machen.

Für vermögende Personen ist es relativ einfach, den steuerlich relevanten Lebensmittelpunkt ins Ausland zu verlegen oder unserem Land sogar tatsächlich den Rücken zu kehren. Unabhängig davon, wie geschickt sich manch reicher Mensch vor hohen Fiskalbelastungen drückt - über ein tendenziell exzessives Konsumverhalten spült er zumindest über die Umsatzsteuer namhafte Beiträge in die Staatskassen.

Nachdem bei den Millionären realistisch betrachtet nicht einmal ansatzweise eine Milliarde Euro nachhaltig geholt werden wird können, dürften sich Ihre Eintreibungsforderungen wie gehabt auch gegen heimische Unternehmen richten. Hier sollten Sie nicht außer Acht lassen, dass tief in Österreich verwurzelte Betriebe wie etwa die Voestalpine aus Wettbewerbsüberlegungen immer stärker auf ausländische Standorte setzen. Das Management derartiger Betriebe betont dabei stets, dass es dabei nicht rein um steuerliche Optimierungen von Gewinnen geht, sondern dass am Standort Österreich das Gesamtpaket mit Arbeitsrecht, Umweltauflagen und seit Jahrzehnten aufgeschobenen Strukturreformen den negativen Ausschlag gibt.

Lieber Herr Foglar, Ihr Gewerkschaftsbund und ähnliche Interessensvertretungen tragen einen Großteil der Schuld, dass eine längst überfällige Lohnsteuerreform nur durch neue Belastungen finanziert werden kann. Seit Jahrzehnten verhindern Sie dringend notwendige Reformen bei Pensionsversicherungsleistungen und im Arbeitsrecht. Die Belastungen durch Frühpensionisten mit überzogenen Rentenleistungen und die ausufernde Arbeitslosigkeit im hohen Alter lasten extrem schwer auf der erwerbstätigen Generation. Und auch auf Unternehmen, die in Lohnnebenkosten ersticken.

Mit der von Ihnen populistisch inszenierten und refinanzierten Lohnsteuersenkung stärken Sie die politische Position ihres Gewerkschaftsbunds. Ohne Strukturreformen werden als langfristige Verlierer daraus aber letztendlich ihre Mitglieder hervorgehen.

Ronald Felsner ist Geschäftsführer der 4 sales development KG, Lehrbeauftragter an der Donauuniversität Krems und Trainer für die Finanzbranche mit Schwerpunkt gesetzliche Sozialversicherung.

www.sales-development.at