US-Zölle unter Trump : Zollstreit mit den USA - Warum FACC trotz Einfuhrzöllen keine Nachteile befürchtet

FACC Oberösterreich Werk Reichersberg

Der oberösterreichische Luftfahrtzulieferer FACC ist im Zollstreit vorerst auf der sicheren Seite.

- © FACC

Der oberösterreichische Luftfahrtzulieferer FACC AG sieht sich im anhaltenden Zollstreit zwischen den USA und anderen Wirtschaftsräumen gut abgesichert. CEO Robert Machtlinger äußerte sich in einem Interview mit dem „Kurier“ zur aktuellen Lage des Unternehmens und zur Rolle internationaler Handelsbarrieren. Laut Machtlinger greife eine vertragliche Regelung, die FACC vor zusätzlichen finanziellen Belastungen schützt: „Unsere Verträge sehen vor, dass die Einfuhrzölle von den Kunden getragen werden müssen“, erklärt der Vorstandschef.

>>> FACC investiert Millionen in Standort Oberösterreich – trotz Produktionsverlagerung nach Kroatien

Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Handelskonflikte treffen US-Luftfahrtindustrie härter

Die von den USA initiierten Zollmaßnahmen treffen laut Machtlinger vor allem die eigene Industrie in Nordamerika: „Die US-Luftfahrtindustrie exportiere 80 Prozent der Güter, die nun teurer würden.“
Der FACC-Chef sieht darin einen klaren Exportnachteil für die Vereinigten Staaten, insbesondere im Bereich der Luftfahrtkomponenten. Die Verteuerung von Produkten durch Zölle könnte die internationale Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Anbieter schwächen.

Gleichzeitig verweist Machtlinger auf die hohe technische Abhängigkeit innerhalb der Luftfahrtbranche. Ein schneller Wechsel von Zulieferern sei kaum möglich, da jede einzelne Komponente eines Flugzeugs spezifische Zertifizierungen durchlaufen müsse. „Die Branche hat eine hohe Abhängigkeit. Jedes System hat eine Zulassung. Daran hängt auch die Zulassung des Flugzeugs. Zu sagen, wir switchen, ist sehr schwierig“, stellt er klar.

Die Bedeutung des nordamerikanischen Marktes für FACC bleibt trotz der Handelsbarrieren beträchtlich. Rund 30 Prozent des Exportvolumens gehen in die USA und nach Kanada. Der Spezialist für Leichtbaukomponenten aus Faserverbundwerkstoffen beliefert nahezu alle großen Flugzeughersteller der Welt, darunter Boeing, Airbus und COMAC. Trotz geopolitischer Spannungen zeigt sich das Unternehmen robust gegenüber Marktschwankungen, unter anderem dank langfristiger Lieferverträge.

Machtlinger FACC Robert
Robert Machtlinger - © Werner Bartsch

Robert Machtlinger am Industriekongress 2025

Der 15. Industriekongress 2025 steht unter dem Motto "Navigating the future in an era of collapsing certainty" und findet vom 2. bis 3. Juli 2025 im IMLAUER Hotel Schloss Pichlarn statt. In Zeiten geopolitischer Umwälzungen, fragiler Lieferketten und wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit werden zentrale Themen wie die Transformation von Just-In-Time zu Just-In-Case, die Balance zwischen Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit sowie strategische Optionen für Führungskräfte diskutiert. 

Hochkarätige Referenten wie Andreas Klauser (CEO der PALFINGER AG), Georg Knill (Präsident der Industriellenvereinigung) und der Politikwissenschaftler Herfried Münkler werden ihre Perspektiven teilen. 

Die Agenda umfasst Vorträge, Podiumsdiskussionen und Deep-Dive-Sessions zu den Herausforderungen und Chancen der europäischen Industrie. Zudem bieten Networking-Aktivitäten wie ein gemeinsames Abendessen mit musikalischer Begleitung und Freizeitangebote wie Golf und Testfahrten mit dem Mobilitätspartner BYD Gelegenheit zum Austausch. ​

Alle Infos zum Industriekongress finden Sie hier!

Rüstungsmarkt bleibt außen vor – ziviler Fokus bleibt

Obwohl der weltweite Rüstungsmarkt derzeit ein starkes Wachstum verzeichnet, zeigt sich FACC vorsichtig in Bezug auf mögliche Engagements in diesem Bereich. „Es ist interessant, aber nicht unkompliziert. Es braucht Zulassungen, die Sicherheitsvorgaben sind andere. Wir müssten Werke trennen, weil wir zivile Produkte nicht dort bauen dürfen, wo wir militärische bauen“, erklärt Machtlinger.
Konkrete Pläne, den Militärsektor zu bedienen, gebe es derzeit nicht. Vielmehr konzentriere sich das Unternehmen weiterhin auf den zivilen Luftfahrtmarkt, in dem FACC eine etablierte Position mit hoher technologischer Kompetenz innehat.

Personalkosten als wachsendes Problem

Während geopolitische Risiken kalkulierbar erscheinen, bereiten dem CEO die Lohnkosten in Österreich größere Sorgen. In den letzten fünf Jahren seien die Personalkosten von 200 Millionen Euro auf 250 Millionen Euro gestiegen, was einem Anstieg von rund 25 Prozent entspricht.
„Das war fast doppelt so viel wie in anderen europäischen Ländern. Das ist ein Wettbewerbsnachteil“, kritisiert Machtlinger.

Die hohe Lohnentwicklung stellt laut Unternehmensführung eine zunehmende Herausforderung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit dar. Insbesondere im Vergleich zu Ländern wie Polen, Ungarn oder Tschechien, wo viele Zulieferbetriebe ebenfalls produzieren, sieht sich FACC mit einem Kostenproblem konfrontiert, das strukturelle Auswirkungen auf Investitionsentscheidungen haben könnte.

FACC in der globalen Luftfahrtindustrie – ein Überblick

Die FACC AG mit Sitz in Ried im Innkreis ist ein führender Anbieter von innovativen Leichtbaukomponenten aus Kohlenstofffaserverbundstoffen für die zivile Luftfahrt. Das Unternehmen produziert Interieurteile, Strukturbauteile und Triebwerkskomponenten für nahezu alle namhaften Flugzeughersteller der Welt. Mit mehreren Produktionsstandorten in Österreich sowie globaler Präsenz in Europa, Asien und Nordamerika zählt FACC zu den Schlüsselunternehmen der europäischen Luftfahrtzulieferindustrie.

Digitalisierung und Innovation als Wachstumsfaktor

Neben der Internationalisierung setzt FACC auf Digitalisierung und Prozessoptimierung. Durch den verstärkten Einsatz von Industrie-4.0-Technologien sollen Produktionsprozesse effizienter, ressourcenschonender und kostengünstiger gestaltet werden. Die Einführung von intelligenter Sensorik, automatisierten Produktionslinien und KI-gestützter Qualitätskontrolle gehört zur Strategie, langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben – trotz steigender Personal- und Energiekosten in Europa.

Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung

Ein weiteres zentrales Thema ist die Nachhaltigkeit. Die Luftfahrtbranche steht unter wachsendem Druck, ihren CO₂-Fußabdruck zu reduzieren. FACC arbeitet daher kontinuierlich an der Entwicklung leichterer Komponenten, die zu einem geringeren Treibstoffverbrauch beitragen. Darüber hinaus engagiert sich das Unternehmen in Forschungsprojekten zur Kreislaufwirtschaft und zur Wiederverwertung von Verbundwerkstoffen – ein Bereich, der für die Zukunft der Luftfahrtindustrie immer wichtiger wird.