Außenhandel : IV & WKÖ: Mehr Zusammenarbeit mit Südamerika

Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung: rasches Vorantreiben des EU-Handelsabkommens mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur
- © IVDie heimische Wirtschaft fordert ein rasches Vorantreiben des EU-Handelsabkommens mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur, der im Kern die vier Mitglieder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay umfasst. Nach der Wahl in Brasilien herrschten nun neue Rahmenbedingungen, so die Industriellenvereinigung (IV) am Montag in einer Aussendung. Dieses Zeitfenster gelte es zu nutzen.
Zum Wochenende hat der linke Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva die Präsidentenwahl in Brasilien knapp gewonnen. Der frühere Staatschef erhielt in der Stichwahl 50,90 Prozent der Stimmen. Der rechte Amtsinhaber Jair Bolsonaro kam auf 49,10 Prozent.
"Die geänderten geopolitischen Rahmenbedingungen machen eine strategische Neuausrichtung internationaler Partnerschaften der Europäischen Union notwendig", betonte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, am Montag und verwies dabei auch auf "die aktuelle Gelegenheit, mit dem Mercosur-Abkommen die Beziehungen zu Südamerika zu vertiefen". Durch die politischen Veränderungen in Brasilien öffne sich "ein neues Zeitfenster, dessen Möglichkeiten wir unbedingt nutzen müssen, daher sollten wir rasch das bereits ausverhandelte Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten in Umsetzung bringen".
"Davon würden beide Seiten profitieren"
"Nach der Wahl in Brasilien wäre jetzt ein exzellenter Zeitpunkt, das bereits ausverhandelte Abkommen zwischen den Mercosur-Ländern und der EU in Richtung Umsetzung zu bringen", bekräftigte der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Karlheinz Kopf, Montagnachmittag in einer Aussendung. "Davon würden beide Seiten profitieren." Das Abkommen berge eine große Chance für die EU - "auch dahingehend, dass gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten die Diversifizierung der Absatz- und Beschaffungsmärkte ein Gebot der Stunde ist".
Die EU wäre den Angaben zufolge der erste Handelspartner, der mit den Mercosur-Staaten ein Wirtschaftsabkommen abschließen würde. "Das bringt europäischen und österreichischen Exporteuren einen wichtigen Wettbewerbsvorteil - die Folge wäre ein deutlicher Anstieg der Exporte in den Mercosur-Raum", ist Neumayer überzeugt. "Das Ziel für uns als exportorientierte Industrie ist klar: Eine aktive europäische Handelspolitik, die weltweit Marktzugänge verschafft und faire Wettbewerbs- und Handelsregeln durchsetzt", hielt der IV-Generalsekretär fest. Daher sei jetzt die Zeit das Momentum zu nutzen, um als Europäische Union die weltweite Handelsarchitektur mitzugestalten.
Zur Schaffung stabiler und berechenbarer Regeln für den Handel mit Waren und Dienstleistungen und Investitionen verhandelte die EU seit 1999 mit den Mercosur-Staaten über ein Assoziierungsabkommen, erklärt die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) auf ihrer Website. Am 28. Juni 2019 sei ein "agreement in principle" erzielt worden. Den Angaben der Industriellenvereinigung zufolge sichert der bisherige EU-Handel mit der Mercosur-Region hierzulande bereits 32.000 Arbeitsplätze. 1.400 heimische und 60.500 EU-Unternehmen seien dort aktiv. "Durch eine Intensivierung der Handelsbeziehungen werden die Potenziale für heimische und europäische Unternehmen größer - das ist eine Chance, die wir uns nicht entgehen lassen dürfen", so Neumayer.
Das Handelsabkommen zwischen der EU und Mercosur sieht den Angaben zufolge unter anderem den Abbau von 91 Prozent der Zölle für europäische Exporte nach Mercosur vor. Die Europäische Kommission gehe dabei nach vollständiger Umsetzung von einer Zollersparnis für europäische Exporteure in der Höhe von 4 Mrd. Euro jährlich aus. Darüber hinaus sollen Produktzertifizierungen vereinfacht werden und der öffentliche Beschaffungsmarkt der Mercosur-Staaten für europäische Anbieter geöffnet werden. Zentrales Element des Abkommens sei die Unantastbarkeit europäischer und österreichischer Standards im Sozial-, Umwelt- und Lebensmittelbereich. Damit hätte ein solches Abkommen laut IV das Potenzial, die Umweltstandards in Brasilien zu heben.