Ford Stellenabbau : Siesta statt Fiesta: Ford streicht zweite Schicht und baut 1000 Mitarbeiter ab
Im Electric Vehicle Center in Köln arbeitet Ford an dem, was einst die Zukunft des Automobilstandorts sein sollte: Batterien für die neuen Stromer Explorer, Capri und Explorer Gen-E. Roboterarme schweißen, Sensoren prüfen – doch der Markt läuft nicht mit.
Von Januar bis August 2024 kamen in Deutschland nur 74.000 Ford-Pkw neu auf die Straße, darunter etwa 20.000 Elektroautos. Viele davon stammen allerdings gar nicht aus Köln. Für Investitionen von mehr als zwei Milliarden Euro seit 2022 ist das viel zu wenig.
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Seit 1930 produziert Ford in Köln
Dabei hat das Werk am Rhein eine große Tradition: Seit 1930 produziert Ford in Köln, in Spitzenzeiten mit über 50.000 Beschäftigten. Heute sind es nur noch 11.500 – bis 2027 sollen weitere 4.000 Stellen wegfallen. Ab Januar schrumpft die Fertigung von zwei auf eine Schicht.
Die Schwäche ist nicht nur konjunkturell. 2024 war das erste Jahr ohne den Fiesta – ein Klassiker, aber für Ford zuletzt ein Verlustbringer. Der Konzern hat ihn gestrichen, ebenso andere margenschwache Kleinwagen. Stattdessen setzt man alles auf E-Autos. Doch der Start der Explorer- und Capri-Modelle fiel mitten in die Streichung der staatlichen Kaufprämie. Mit Preisen ab 40.000 Euro treffen sie ein Segment, das weder typisch Ford ist noch klare Vorteile bietet.
„Ford hat ein Imageproblem“, sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management. „Als Hersteller von günstigen Verbrennern fällt es der Marke schwer, sich im höherpreisigen E-Segment zu etablieren.“
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Ford und fehlende Produktabgrenzung
Zumal die Modelle technisch austauschbar sind: Capri und Explorer nutzen die MEB-Plattform von Volkswagen – identisch mit ID.4 oder Skoda Enyaq. Eigenständigkeit? Fehlanzeige. Auch die Wertschöpfung bleibt größtenteils bei VW.
Für die Zukunft sehen Branchenexperten drei Wege: Rückzug aus Europa – Szenarien wie beim gescheiterten Werkverkauf in Saarlouis an chinesische Hersteller BYD oder Chery stehen im Raum. Zweitens: neue Allianzen, etwa mit Renault, um Kosten zu teilen. Drittens: eine milliardenschwere Eigenstrategie mit eigener Zellfertigung und Plattform – doch dafür fehlt bisher der Mut.
In den USA hat Ford längst gebremst: Die breite Elektrifizierung ist abgesagt, Investitionen in Köln wurden gekappt. Der Standort steht unter verschärfter Beobachtung.
„Ohne tiefgreifende Reformen und eine klare Zukunftsstrategie wird es für Ford in Europa sehr eng“, warnt Bratzel.
Einst war Köln das Tor der Marke zur Welt. Heute ist das Werk eher Wartesaal: für neue Modelle, neue Partner, neue Investoren. Nur eines kommt nicht mehr zurück – die Fiesta.