Engel-Chef Engleder prüft neue Standorte : Engel-Chef Engleder: "Wir prüfen Investitionsstandorte wie die Balkanstaaten oder Nordafrika"

"Der fehlende faire Welthandel belastet die Ergebnissituation europäischer Maschinenbauer."
Stefan Engleder, CEO Engel
Engels Produktionskapazitäten im DACH-Raum: Auf der Bremse
INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Engleder, wie hat sich Ihre Globalisierungsstrategie gewandelt?
Stefan Engleder: ENGEL verfolgt eine Triadenstruktur mit Kernregionen in Europa, Amerika und Asien. So sind wir in allen wichtigen Märkten vertreten und können flexibel auf regionale Anforderungen reagieren. Wir investieren gezielt in regionale Technologiezentren, besonders in Europa. Das ermöglicht uns, unsere Kunden direkt vor Ort zu beraten und die maßgeschneiderten Lösungen zu testen – das stärkt die Kundennähe und unsere Anpassung an die Märkte. In wachstumsstarken Regionen wie Asien und Amerika richten wir die Produktentwicklung stärker auf lokale Bedürfnisse aus, um besser auf Veränderungen reagieren zu können.
Wie managen Sie das stattfindende Decoupling?
Engleder: Wir sehen das Decoupling insbesondere in China. ENGEL reagiert darauf, indem wir stärker auf lokale Lösungen setzen und unsere Präsenz in anderen asiatischen Märkten wie Südostasien und Indien ausbauen. So schaffen wir neue Wachstumschancen und verringern Risiken, indem wir unsere Produktionsstandorte diversifizieren. Trotz dieser Maßnahmen bleibt jedoch die Abhängigkeit der gesamten Industrie von China hoch und wird auch weiter bestehen. Unsere Anpassungen können diese Abhängigkeit nur dämpfen, aber nicht vollständig beseitigen.
In welchem Rahmen finden derzeit Investitionen in Europa statt?
Engleder: Aufgrund steigender Lohnstückkosten erweitern wir die Produktionskapazitäten im DACH-Raum nicht. Jedoch investieren wir gezielt in Produktionstechnologien und vor allem KI-Projekte zur Produktivitätssteigerung. Ferner stärken wir unseren Standort in Kaplice, Tschechien, und erweitern unsere Supply Chain in Richtung Standorte außerhalb der EU. So prüfen wir angesichts der Deindustrialisierungstendenzen und strenger EU-Regeln auch alternative Investitionsstandorte wie die Balkanstaaten oder Nordafrika.
China: Überkapazitäten und starker Preisdruck
Bleiben Mexiko und Kanada nach dem USMCA-Review 2026 ein sicherer Hafen?
Engleder: ENGEL hat kürzlich einen neuen Produktionsstandort in Mexiko eröffnet, wo bereits Maschinen und Automatisierungstechnik produziert werden. Dieser Standort ist ein wichtiger Teil unseres ‚Solution Centers‘ in der Region und ermöglicht es uns, den lokalen Markt in Mexiko besser zu bedienen und Kunden Lösungen direkt vor Ort anzubieten.
Die Märkte in Lateinamerika, insbesondere Mexiko, sind stark, und eine lokale Präsenz ist für uns absolut gerechtfertigt. Wir werden die Entwicklungen bei Freihandelsabkommen und möglichen Strafzöllen genau beobachten. Wir gehen davon aus, dass Mexiko im Vergleich zu anderen Wirtschaftsräumen wie zum Beispiel China weiterhin bevorzugt bleibt.
Wie geht es mit China weiter?
Engleder: Der chinesische Markt bleibt für ENGEL, auch wenn dieser zunehmend herausfordernder wird, wichtig. Überkapazitäten und starker Preisdruck, vor allem im Automobilsektor, belasten den Markt, und die Erholung verläuft langsamer. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzt ENGEL verstärkt auf lokale Lösungen in China und baut parallel seine Präsenz in anderen asiatischen Märkten wie Südostasien aus. Unsere Produktionswerke in China sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Produktionsnetzwerks und werden das auch in Zukunft bleiben.
Polster weg: Ergebnissituation europäischer Maschinenbauer belastet
Wie leben Ihre internationalen Organisationseinheiten Selbständigkeit im Entscheidungs-prozess?
Engleder: Unsere Organisation ist stark matrixorientiert: Einerseits arbeiten wir in den Triaden-Regionen Amerika, Europa und Asien, andererseits gibt es zentrale Bereiche und Business Units, die alle eng zusammenarbeiten. So können wir gewährleisten, dass Entscheidungen immer an die regionalen Gegebenheiten angepasst sind. Gleichzeitig stellen wir sicher, dass wir eine Firma ENGEL bleiben, mit gemeinsamen globalen Standards und einheitlich hoher Qualität weltweit.
Wird Europa bei Innovationen durch den Föderalismus abgehängt?
Engleder: Europa ist aktuell noch Innovationsführer im Maschinenbau. Doch die Rahmenbedingungen verändern sich: Märkte verschieben sich, der Wettbewerb aus Asien wird stärker, und der fehlende faire Welthandel belastet die Ergebnissituation europäischer Maschinenbauer. Dadurch wird der Innovationsvorsprung kleiner. Entsprechend gilt es in Europa aufzuwachen und Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hersteller wieder herzustellen.