Welser Profile : Thomas Welser: "Reizen sämtliche Spielräume aus"

Thomas Welser, CEO von Welser Profile, im Interview.

"Abgesehen von Automotive liegen wir in allen Bereichen über Budget."
Thomas Welser, CEO Welser Profile

- © Welser Profile

Welser Profile ist ein Hersteller von Profilen aus Stahl und anderen Metallen. Den Hauptsitz in Ybbsitz in Niederösterreich, zählt der metallverarbeitende Betrieb weltweit über 2000 Mitarbeiter.

1664 wurde das Unternehmen bereits gegründet, das erste Profil wurde aber erst knapp 300 Jahre später produziert. Das INDUSTRIEMAGAZIN traf CEO Thomas Welser zum Interview.

"Kündigen nicht einfach Lieferverträge"

INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Welser, die labile Weltlage setzt produzierenden Unternehmen zu. Wird das langsam aber sicher zum Normalzustand?

Thomas Welser
:
Ich komme gerade aus einer virtuellen Konferenz mit Kunden aus der DACH-Region, unserer mittlerweile fünften in kurzer Zeit. Resümee: Es bleibt herausfordernd. Risikomanagement war noch nie wichtiger. Wir müssen im guten Einvernehmen mit Kunden bestmögliche Entscheidungen treffen.

Etwa beim Stahlpreis. Der legt eine Achterbahnfahrt hin.


Welser:
Für Verarbeiter eine gute Chance, über überzogene Preise richtig Kohle zu machen. Das gibt es mit Welser Profile aber nicht. Wir kündigen auch nicht einfach so bestehende Lieferverträge, wie es vereinzelt ein Sittenbild geworden ist. Entscheidend ist, wie man miteinander umgeht, wir streben langfristige Partnerschaften an, die über Krisenzeiten hinaus Bestand haben.

Wie flexibel haben die vergangenen zwei Jahre Ihr Unternehmen gemacht?


Welser:
So flexibel, dass man über Strategieberater, die Unternehmen jetzt zur quartalsweisen Anpassung von strategischen Zielen raten, die Stirn runzeln kann. Wir haben auf Covid-19 und den Ukrainekrieg binnen Tagen reagiert. Im Alltag reizen wir sämtliche Spielräume aus. Die richtige Lagerhaltung ist der Schlüssel zur Flexibilisierung der Produktion. Und mit der ständigen Auf- und Abwertung von Stahl gehen wir im Einkauf sehr umsichtig um.

Tipp der Redaktion: Wer allerdings die besten Strategieberater sind, lesen Sie im großen Consulter-Ranking!

Spezialprofillösungen von Welser Profile finden in der Mobilität, in der Energiegewinnung, der Agrartechnik oder am Bau Einsatz. Im Geschäftsjahr 2021/22 erwirtschaftete das Unternehmen ein Plus. Wie läuft es heuer?

Welser:
Über die volle Breite gesehen verzeichnen wir hohe Nachfragebedarfe. Abgesehen von Automotive liegen wir in allen Bereichen über Budget. Die Materialversorgung war zuletzt auch gesichert. Das gibt Zuversicht.

Ohio Welser Profile
Thomas Welser (Mitte) mit Team bei der Eröffnung des neuen Produkionswerks in Valley City, Ohio - © SPOTTED BANANA CREATIVE STUDIO

Versorgungsketten in Amerika extrem volatil

Wer investiert?

Welser:
Unternehmen, die unmittelbar in das aktuelle Marktgeschehen investieren, sind die Ausnahme. Man plant und investiert mittelfristig, für die Zeit des konjunkturellen Aufschwungs. Und trachtet gemeinsam danach, die Lieferzeiten knapp zu halten.

In Valley City, Ohio, zogen Sie gerade Ihr zweites Produkionswerk hoch. Weil es dort besser läuft als in Europa?


Welser:
Betrachtet man die Märkte nach Bedarfen, läuft es in den USA bei weitem besser als in Europa. Doch ein Blick in die Versorgungsketten in Übersee zeigt extreme Volatilitäten. Das muss man erst einmal gemanagt bekommen. Im neuen Werk in Ohio sind wir in der Hochlaufkurve und beim Stabilisieren der Prozesse.

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2018 erwarb Welser Profile in Ohio mit Superior Roll Forming einen typischen Automobilzulieferer. Der Fokus des neuen Werks liegt woanders, unter anderem auf der Solarindustrie und der Lagertechnik. Treten Sie beim Automobilgeschäft bewusst auf die Bremse?

Welser:
Unser Lieferanteil hochfester Profile im Automobilgeschäft, in dem sich die Logiken des Markts nicht zuletzt aufgrund der neuen Mobilitätskonzepte und neuer Zyklen verändern, ist vergleichsweise gering. Wir forcieren den Ausbau nicht unbedingt.

Wie geht man in der Organisation mit den neuen Geschwindigkeiten um?


Welser:
Wir leiteten 2018 einen schrittweisen Kulturveränderungsprozess im Unternehmen ein. Mit dem Ziel, auch in einer aus dem Lot geratenen Welt mehr Leistung abzurufen. Wir wollen optimistisch nach vorne blicken, geben Mitarbeitern starke Orientierung nach innen, ohne ihnen eine heile Welt vorzugaukeln. Ich bemühe folgende Metapher: Wenn der Wind draußen heftig weht, muss die sichere Stube halt geben. Das tun wir für unsere 2.400 Mitarbeiter.