Nach Stellenabbau und Sparmaßnahmen : Lenzing AG: Österreichischer Faserspezialist kämpft sich mit Einsparungen und Innovationen zurück

Lenzing-Standort in der Luftaufnahme

Seit 2023 setzt Lenzing das sogenannte Performance-Programm um, das neben Kosteneinsparungen vor allem auf die Optimierung von Prozessen und ein profitables Umsatzwachstum abzielt.

- © Bavaria Luftbild Verlags GmbH

Der österreichische Faserhersteller Lenzing AG, Spezialist für regenerierte Cellulosefasern, hat 2024 eine deutliche operative Trendwende geschafft. Nach massiven Verlusten im Vorjahr konnte das Unternehmen seinen Umsatz um 5,7 Prozent auf 2,66 Milliarden Euro steigern. Das Betriebsergebnis (EBIT) drehte von minus 476,4 Millionen Euro im Jahr 2023 auf plus 88,5 Millionen Euro.

>>> Faser-Riese Lenzing dreht Betriebsergebnis ins Plus

„Nach der langen Krise sind die Ergebnisse und auch die Rendite der Lenzing noch nicht zufriedenstellend. Doch die Entwicklung zeigt, dass die Richtung stimmt und unsere Maßnahmen wirken“, betont CEO Rohit Aggarwal im aktuellen Geschäftsbericht. Aggarwal trat im September 2024 die Nachfolge von Stephan Sielaff an und führt rund 7.800 Mitarbeiter weltweit.

Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Performance-Programm zeigt Wirkung

Einen entscheidenden Anteil an der positiven Entwicklung hat das 2023 gestartete Performance-Programm. Es zielt auf nachhaltige Kosteneffizienz, Prozessverbesserungen und profitables Umsatzwachstum ab. Bereits 2024 konnten laut Finanzchef Nico Reiner „130 Millionen Euro an nachhaltigen Einsparungen“ erzielt werden; 2025 sollen es 180 Millionen Euro werden.

>>> Stellenabbau und Senkung der Personalkosten: Wie Lenzing sparen muss

Die Maßnahmen reichten von einer Senkung des Dampfverbrauchs und Lagerkosten bis hin zu Reduktionen bei den Personalkosten. Weltweit wurden Personalkosten im Gegenwert von rund 500 Vollzeitstellen abgebaut, etwa die Hälfte davon in Österreich durch Stundenreduktionen beim Beschäftigungsausmaß, Nicht-Nachbesetzungen und Trennungen. „Alles, was für das Programm notwendig ist, ist kommuniziert, da gibt es keine Überraschungen mehr“, versichert Reiner, sagt aber auch: „Wir leben in einer sehr volatilen Zeit. Wenn sich die Dinge verschlechtern würden, müssten wir handeln.“

Lenzing Produktion in Heiligenkreuz
500 Vollzeitstellen wurden bei Lenzing abgebaut - hauptsächlich in Österreich - © FRANZ NEUMAYR/ LENZING

Trotz dieser Fortschritte bleibt der Markt angespannt. Die Energiepreise sowie die Kosten für Rohstoffe und Logistik bleiben hoch. Das aktuelle Sparpaket soll die Ausgaben im laufenden Jahr um weitere 50 Millionen Euro reduzieren. „Die Kostenseite bleibt eine Herausforderung, vor allem für die europäischen Standorte“, so Reiner. Im Fokus stehen weiterhin eine größere Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen sowie eine höhere Flexibilität. „Und wir sind da einen sehr wesentlichen Schritt nach vorne gekommen“, betont Finanzchef Reiner. 

Trotz Einsparungen von 130 Millionen Euro im vergangenen Jahr ist das angestrebte Ziel noch nicht erreicht. „Wir müssen uns weiter darauf konzentrieren, die Produktivität und die Kosteneffizienz zu verbessern – das gilt für alle unsere Standorte“, unterstreicht CEO Aggarwal.

  • Nico Reiner Lenzing
    „Wir leben in einer sehr volatilen Zeit. Wenn sich die Dinge verschlechtern würden, müssten wir handeln.“

    Finanzvorstand Nico Reiner

Spezialfasern als Wachstumstreiber

Besonders erfreulich entwickelt sich das Geschäft mit Spezialfasern: Ihr Anteil am Faserumsatz stieg 2024 um 14 Prozentpunkte auf 93 Prozent. Rohit Aggarwal zeigt sich zuversichtlich: „Früher oder später“ könne der Anteil auf 100 Prozent steigen.

>>> Die Schöpfer: Wie radikale Innovation die Industrie verändert

Neue Innovationen wie hydrophobe Cellulosefasern für den Hygienebereich und biologisch abbaubare Geotextilien zum Schutz von Gletschern unterstreichen die Innovationskraft des Unternehmens. Mit der Firma Recyc Leather wurden zudem neue Schuhmaterialien aus Tencel-Lyocellfasern und recyceltem Leder entwickelt.

Herausforderungen bleiben – Fokus auf weitere Effizienz

Das EBITDA stieg 2024 um 30,4 Prozent auf 395,4 Millionen Euro, die EBITDA-Marge kletterte von 12,0 auf 14,8 Prozent. Der Free Cashflow verbesserte sich von minus 122,8 Millionen Euro auf plus 167 Millionen Euro.

Das Ergebnis nach Steuern blieb trotz Verbesserungen mit minus 138,3 Millionen Euro noch negativ, belastet durch einmalige Sondereffekte. Dennoch zeigt sich die Lenzing-Gruppe optimistisch: Für 2025 wird ein nochmals höheres EBITDA erwartet. Der Bedarf an nachhaltigen Fasern in der Textil-, Hygiene- und Medizinbranche steige weiterhin.

„Wir müssen uns weiter darauf konzentrieren, die Produktivität und Kosteneffizienz zu verbessern – das gilt für alle unsere Standorte“, betont Aggarwal.

Lenzing Gruppe
Rohit Aggarwal - © Lenzing Gruppe

Veränderungen im Vorstand und Aufsichtsrat

Mit Ende März 2025 trat Walter Bickel, der im April 2024 als Transformationschef geholt wurde, vorzeitig aus dem Vorstand aus. Unter seiner Führung konnten die gesetzten Ziele des Performance-Programms sogar übertroffen werden. Sein vorzeitiger Abgang sei in Einvernehmen erfolgt, wie Lenzing mitteilte. Der Vertrag wäre noch bis Ende Dezember 2025 gelaufen.

In der Hauptversammlung wurden zudem Patrick Lackenbucher und Leonardo Grimaldi neu in den Aufsichtsrat gewählt. Sie folgen auf Cord Prinzhorn und Marcelo Feriozzi Bacci.

Walter Bickel
Verlässt Lenzing einvernehmlich: Walter Bickel - © Lenzing