ESG-Kriterien und Vergütung : Wie ESG-Kriterien die Vergütung beeinflussen

Heute ist ESG kein „Kann“ mehr, sondern ein „Muss“. Das schließt auch die Integration von ESG-Faktoren in der Vergütung mit ein.
- © Adobe StockESG steht für Environmental, Social, Governance und betrifft den eigentlichen Geschäftszweck und die Wertschöpfung genauso wie Beziehungen zu sämtlichen Stakeholdern, darunter Mitarbeitende, Investor:innen oder Geschäftspartner:innen. Noch vor wenigen Jahren war ESG zwar ein erstrebenswertes Ziel für Unternehmen – wurde aber nur selten priorisiert. Heute ist ESG kein „Kann“ mehr, sondern ein „Muss“. Das schließt auch die Integration von ESG-Faktoren in der Vergütung mit ein. Genau hier setzte die EY-Studie an. Dafür wurden 100 Unternehmensvertreter: innen von österreichischen Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeitenden befragt. Gesamt erachten vier von zehn Unternehmensvertreter: innen ESG-Kriterien im eigenen Betrieb als sehr wichtig, und weitere 53 Prozent schreiben ihnen einen eher hohen Stellenwert zu. Ein genauerer Blick auf die ESG-Kriterien zeigt, dass Umweltaspekte deutlich im Vordergrund stehen.
Unter den Unternehmen mit einem Umsatz von über 200 Millionen Euro fokussieren sich 94 Prozent auf Umweltaspekte. Erstaunlich ist, dass in 17 Prozent der Unternehmen im Bereich Umwelt weder feste Ziele existieren noch deren Einführung geplant ist. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch bei den Social- und Governance-Dimensionen. Auch hier liegt der Anteil der Unternehmen, die weder Ziele festgesetzt noch geplant haben, bei fast einem Viertel. Das überrascht, da gerade im Bereich sozialer Nachhaltigkeit durch die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz Auswirkungen für die Unternehmen zu erwarten sind, die gewisse Vorlaufzeiten erfordern, um Compliance in diesem Bereich ab 2026 jedenfalls sicherzustellen. Im Bereich Social legen zwei Drittel der Unternehmen Wert auf Inklusion und Diversität sowie Anti-Diskriminierung. 53 Prozent geben an, auf die Einhaltung der Menschenrechte über die gesamte Lieferkette hinweg zu achten. Jedes zweite Unternehmen hat Beschäftigungsstandards eingeführt.

Wer ist zuständig?
Die Zuständigkeit für die Evaluierung und Bewertung der ESGZiele ist in den Unternehmen für verschiedene ESG-Kriterien durchwegs unterschiedlich besetzt. Jedes fünfte der befragten Unternehmen hat eine Nachhaltigkeitsabteilung. In drei von zehn Unternehmen sind ESG-Ziele „Chef:innensache“. ESG-KPIs in der variablen Vergütung – Status quo ? Ein modernes Vergütungssystem beinhaltet in der Regel kurz- und langfristige variable Komponenten, wodurch die Höhe der Gesamtvergütung durch die Performance der Mitarbeitenden determiniert wird. Erst 22 Prozent der befragten Unternehmen berücksichtigen ESG-basierte KPIs bei der Vergütung der Mitarbeitenden.
Jede:r Zehnte gab an, dass eine Implementierung von KPIs in der Vergütung fix geplant ist. Es gibt also entsprechenden Aufholbedarf. Unternehmen kämpfen damit, moderne Vergütungskonzepte zu entwickeln, die eine angemessene Balance der Faktoren Wirtschaftlichkeit, Attraktivität und Gerechtigkeit sicherstellen. Die weiter steigende Bedeutung des Nachhaltigkeitsaspekts lässt sich auch längst nicht mehr auf regulatorische Rahmenbedingungen für zumeist große Unternehmen beschränken, sondern wird auch für KMUs zunehmend relevant. Die Ergebnisse unserer EY-Studie spiegeln auch den Trend der letzten Jahre wider, dass Nachhaltigkeit zwar unternehmensstrategisch weiter an Bedeutung gewonnen hat, hinsichtlich der Verankerung von ESG-Kriterien in der Performancebeurteilung allerdings weiterhin Aufholbedarf besteht.
Vor allem jüngere Arbeitnehmer:innen fordern messbare Maßnahmen, wodurch ein zukunftsfittes Employer Branding einen klaren Fokus auf ESG setzen muss. Konkret sind Arbeitgeber:innen angehalten, die Zeit zu nutzen, das eigene Vergütungssystem hinsichtlich der sinnvollen Integration von ESG-Kriterien zu hinterfragen, unternehmensspezifische und relevante KPIs zu definieren und zu gewichten, um auch die Vergütung mit den strategischen ESG-Zielen im Einklang zu bringen. Mit nachhaltigen Vergütungs- und Anreizpaketen werden auch richtige Anreize gesetzt, um neue Mitarbeitende zu gewinnen und die bestehenden Leistungsträger: innen längerfristig an das Unternehmen zu binden. Viele treffen Maßnahmen zum Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles – aber noch nicht alle.
Die Auseinandersetzung mit fairer Vergütung führt zu einem weiteren ESG-Aspekt: Die EURichtlinie zur Lohntransparenz, die bis 7. Juni 2026 in Österreich in nationales Recht umzusetzen ist, hat einige Unternehmen dazu veranlasst, bereits jetzt Maßnahmen zur Verhinderung geschlechtsspezifischer Gehaltsunterschiede zu ergreifen, um hier vorbereitet zu sein. Allerdings gibt es erst in knapp sechs von zehn Unternehmen Maßnahmen, um dem Gender Pay Gap entgegenzuwirken. Nur in einem Drittel der Großunternehmen wurden Maßnahmen implementiert, die über die derzeitigen gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Zusammengefasst besteht nach wie vor ein hohes Lohngefälle und Handlungsbedarf für viele Unternehmen, um diesbezügliche Compliance ab 2026 zu gewährleisten.
Je früher Arbeitgeber:innen sich mit dieser Problematik auseinandersetzen, desto besser. Herwig Debriacher ist als Partner im Bereich People Advisory Services bei EY Österreich tätig. Zu seinen Beratungsschwerpunkten zählt unter anderem auch die Vergütungsberatung. Als Steuerberater ist ihm dabei aber nicht nur das Vergütungsdesign wichtig. Vergütung soll wenn möglich auch steueroptimal ausgestaltet sein. Rainer Rainer ist als Senior Manager im Bereich People Advisory Services bei EY Österreich tätig. Gemeinsam mit Herwig Debriacher ist er Ansprechpartner für Vergütungsfragen und marktübliche Best-Practice-Empfehlungen vom ersten Brainstorming bis zur Implementierung
