Hohe Schulden : Varta in der Krise: Grünes Licht für Sanierung nach Gerichtsverhandlung

Im laufenden Jahr musste Varta seine Umsatz-Prognose bereits mehrfach nach unten korrigieren.
- © Instagram/VartaDer deutsche Batteriekonzern Varta, unter der Führung des österreichischen Investors Michael Tojner, steht vor großen Herausforderungen. Die negativen Schlagzeilen häufen sich, während das Traditionsunternehmen versucht, eine Lösung für seine finanziellen Probleme zu finden. Im Fokus steht ein Sanierungsplan, über den heute vor Gericht in Stuttgart diskutiert wurde.
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Heute wurde der Sanierungsplan nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) vorgestellt und zur Abstimmung gebracht. Die Restrukturierung des schwer angeschlagenen Batteriekonzerns Varta hat dabei eine entscheidende Hürde genommen. Laut einer Unternehmensmitteilung stimmte die Mehrheit der betroffenen Gruppen dem Sanierungskonzept zu. Noch in diesem Jahr wird ein entsprechender Planbestätigungsbeschluss des Amtsgerichts Stuttgart erwartet. Nach dessen Rechtskraft soll die weitere Umsetzung des Sanierungsplans erfolgen.
Hoffnung auf Konsolidierung
Am Montag kamen Aktionäre und Gläubiger in Stuttgart zusammen, um über das Konzept zu beraten und abzustimmen. Die Kleinaktionäre stimmten wie erwartet gegen den Plan, da dieser ihre Enteignung vorsieht. Grundlage dafür ist das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG), das eine Aushebelung der Anlegerinteressen in solchen Fällen ermöglicht. Während die Unternehmensführung den Schritt als alternativlos bezeichnet, kritisieren Aktionärsschützer die Entscheidung und haben rechtliche Schritte eingeleitet.
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Das StaRUG-Verfahren ermöglicht es, die Interessen der Aktionäre zugunsten der Sanierung auszusetzen. Während die Unternehmensführung diesen Schritt als alternativlos bezeichnete, sehen Aktionärsschützer dies kritisch. Die Schutzgemeinschaft der Kleinanleger (SdK) hatte daher bereits am vergangenen Freitag Verfassungsbeschwerde eingereicht. Sie argumentierte, dass der entschädigungslose Ausschluss des Bezugsrechts im Rahmen der Sanierung gegen die im Grundgesetz garantierte Eigentumsgarantie verstoße.
Varta plant, an allen deutschen Standorten festzuhalten und die Mitarbeiterzahl stabil zu halten. Allerdings sind Stellenstreichungen in der Verwaltung vorgesehen, während in der Produktion neue Mitarbeiter gesucht werden.
Trotz gesenkter Umsatzprognosen (aktuell: 750 bis 800 Millionen Euro) gab sich CEO Michael Ostermann vor der Verhandlung optimistisch: „Varta hatte ja kein operatives Problem, sondern ein Schuldenproblem.“ Besonders im Markt für Konsumgüter und Hörgeräte sieht er Chancen. Auch das Geschäft mit Energiespeichern für Photovoltaikanlagen könnte wieder wachsen.

Erste Anzeichen der Krise: Abhängigkeit von Apple
Varta galt lange als Erfolgsgeschichte. Nach dem Börsengang 2017 unter Tojner profitierte der Konzern von der wachsenden Nachfrage nach wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien, insbesondere für kabellose Kopfhörer und Smartwatches. Der Rückkauf des Geschäftsbereichs Haushaltsbatterien 2019 stärkte das Wachstum. Innerhalb weniger Jahre vervierfachte sich der Umsatz nahezu. Große Investitionen in die Produktionskapazitäten sorgten jedoch auch für steigende Schulden.
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Im Jahr 2022 begannen die Probleme: Die starke Abhängigkeit von Hauptkunde Apple erwies sich als Achillesferse. Das US-Unternehmen hatte die Batterien damals in seinen kabellosen Ohrhörern verbaut. Als Apple einen weiteren Zulieferer ins Boot holte, geriet Varta unter Druck. Der damalige CEO Herbert Schein korrigierte die Umsatzziele nach unten und trat wenig später zurück. Hinzu kamen globale wirtschaftliche Probleme, Inflation und ein Nachfragerückgang bei Unterhaltungselektronik. Auch Konkurrenz aus Asien und Herausforderungen in den Lieferketten belasteten das Geschäft. Ein Vorstoß ins Segment der E-Auto-Batterien scheiterte ebenfalls.
In der Folge verschärfte sich die Krise. Kurzarbeit und Stellenabbau trafen die Belegschaft hart, und ein Hackerangriff im Frühjahr legte die Produktion zeitweise lahm. Kritiker werfen dem Management schwerwiegende Fehler vor. Selbst Tojner räumte ein: „Wir haben die Latte zu hoch gelegt.“ Um die Insolvenz abzuwenden, meldete Varta im Juli ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren an.
Der Sanierungsplan: Zwei zentrale Maßnahmen
Im Sommer einigte sich Varta mit seinen Gläubigern auf ein Sanierungskonzept. Die Kernelemente:
- Schuldenschnitt und Kreditverlängerung: Die Verbindlichkeiten sollen von 500 Millionen auf 230 Millionen Euro reduziert werden.
- Herabsetzung des Grundkapitals: Das Kapital wird auf null gesetzt, was die Aktionäre enteignet und die Börsennotierung beendet.
Anschließend ist eine Neuemission von Aktien geplant. Diese sollen jedoch ausschließlich an den bisherigen Mehrheitseigentümer Michael Tojner und den Sportwagenhersteller Porsche ausgegeben werden. Beide investieren jeweils 30 Millionen Euro in das Unternehmen. Zusätzlich stellen die Gläubiger weitere 60 Millionen Euro in Form von Darlehen bereit.