Nach KTM und Schaeffler : Siemens schließt Wiener Werk: 178 Beschäftigte betroffen

Siemens schließt Wiener Werk
- © SiemensDie wirtschaftliche Lage in Österreich verschlechtert sich weiter: Nach der Insolvenz der KTM AG und der angekündigten Schließung des Schaeffler-Werkes in Berndorf bis Ende 2025 folgt nun eine weitere Hiobsbotschaft. Siemens hat bekannt gegeben, sein Werk für industrielle Stromversorgungen in Wien bis Ende 2026 zu schließen. Für die 178 betroffenen Mitarbeitenden sollen konzernnahe Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden. Die Ankündigung hat eine hitzige Debatte zwischen der Industriellenvereinigung (IV) und der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) ausgelöst.
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Laut Siemens gibt es derzeit rund 100 offene Stellen im österreichischen Konzernumfeld, die nun für betroffene Mitarbeitende zur Verfügung stehen sollen. Zur Begründung hieß es, man passe weltweit Kapazitäten an, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. "Ein Teil dieser Maßnahmen sind Veränderungen im Industriebereich bei Siemens Österreich", so der Konzern. Zudem sollen die Fertigungskapazitäten im Werk in Sibiu, Rumänien, ausgebaut werden. Damit wolle man Synergien in der von Österreich verantworteten Region optimieren. Trotz der Schließung in Wien bleibt das Forschungs- und Entwicklungszentrum für industrielle Stromversorgungen sowie das Qualitäts- und Produktmanagement am Standort erhalten.
Insgesamt beschäftigt Siemens in Österreich etwa 9.300 Menschen und erzielte im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von 3,2 Milliarden Euro. Von Wien aus koordiniert der Konzern Aktivitäten in 25 weiteren Ländern.
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Industriellenvereinigung kritisiert politische Untätigkeit
Die angekündigte Schließung von Siemens folgt unmittelbar auf die Bekanntgabe von Schaeffler, sein Werk in Berndorf mit 450 Mitarbeitenden Ende 2025 zu schließen. Zusätzlich sorgt die Insolvenz von KTM für Schlagzeilen. Der oberösterreichische Motorradhersteller, eine Tochter der Pierer Mobility AG, plant die Einreichung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung.
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Die Industriellenvereinigung zeigte sich alarmiert. Präsident Georg Knill sprach von einer besorgniserregenden Häufung von Werksschließungen, Stellenabbau und Insolvenzen. "Wir warnen seit Monaten vor ähnlichen Szenarien - was muss nun noch passieren, damit endlich gegengesteuert wird?", appellierte er an die Politik. Knill führte die Probleme auf hausgemachte Faktoren wie hohe Lohnabschlüsse und steigende Lohnstückkosten zurück. Während diese in Österreich seit 2021 um 30,2 % gestiegen seien, betrug der Anstieg in Deutschland nur 14,3 % und in Italien 7,1 %.

Wo waren die mahnenden Worte an Eigentümer, die statt Zukunftsinvestitionen eine unverantwortliche Dividendenpolitik betrieben haben?PRO-GE-Chef Reinhold Binder
Produktionsgewerkschaft kontert Kritik der IV
Die Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) konterte die Kritik der IV scharf. "Die IV disqualifiziert sich mit vermeintlichen Argumenten als Partner für eine aktive Standort- und Industriepolitik", erklärte PRO-GE-Chef Reinhold Binder. Er verwies auf die Unterschiede zwischen österreichischen und deutschen Tarifsystemen, wie die 35-Stunden-Woche in Teilen der deutschen Metall- und Elektroindustrie.
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Binder warf der IV vor, die wirtschaftliche Realität zu verzerren: "Wenn die Analyse der IV stimmen würde, wäre Deutschland jetzt eine Konjunkturlokomotive und nicht im Krisenmodus." Auch die Energiekosten, die in Österreich seit 2020 deutlich stärker gestiegen seien als die Löhne, müssten in die Betrachtung einfließen.
Binder kritisierte die IV weiter: "Wo waren die mahnenden Worte an Eigentümer, die statt Zukunftsinvestitionen eine unverantwortliche Dividendenpolitik betrieben haben?" Die Gräben zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern scheinen sich mit der Krise zu vertiefen. Beide Seiten werfen einander Versäumnisse vor, was die Polarisierung weiter verstärkt.
